Sie waren katholisch geprägt
75 Jahre Grundgesetz: Da lohnt es sich, einen Blick auf die Anfänge nach dem Krieg zu werfen und die Politiker in den Blick zu nehmen, die den Weg zum vereinten Europa geebnet haben und katholisch geprägt waren: Konrad Adenauer, Robert Schumann und Alcide de Gasperi.
Als im Juli die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel ihren 70. Geburtstag hatte, wurde in den Würdigungen immer wieder darauf hingewiesen, dass sie mit großem Machtinstinkt als evangelische Pfarrerstochter aus dem Osten die westliche, rheinisch-katholische Männerdomäne ausgebremst habe. Interessant, dass den Medien 2024 ein Blick auf das religiöse Milieu, aus dem Politikerinnen und Politiker kommen, erwähnenswert war. In einer Zeit, da die religiöse Bindung oder gar die Kirchenbindung der politischen Führungskräfte immer mehr nachzulassen scheint, ist das bemerkenswert. Dahinter steckt vermutlich die Vermutung, wenn nicht gar die Hoffnung, dass der Glaube an Gott, dass Werte-Bindung, dass das christliche Menschenbild die Haltung und damit die Politik von Menschen, die Verantwortung tragen, prägt und leitet.
Man kann in der Tat davon ausgehen, dass die Prägung in der Familie bedeutsam ist für das Handeln in einer verantwortlichen Position. Hier soll der Blick auf drei katholische Persönlichkeiten fallen, ohne die Europa heute nicht das wäre, was es ist. Sie sind es nicht allein, aber sie gehören maßgeblich zu den Gründungsvätern des vereinten Europa: Konrad Adenauer, Alcide de Gasperi und Robert Schumann. Alle drei verbindet, dass sie aus gläubigen, katholischen Elternhäusern stammen.
Konrad Adenauer (1876 – 1967) ist ein Leben lang als Christ seiner Kirche verbunden. Der ehemalige Politiker in der katholischen Zentrumspartei baut als Mitbegründer der CDU nach dem Desaster der Nazi-Zeit und des Zweiten Weltkrieges eine Partei mit auf, in der bewusst die christlichen Werte jenseits aller konfessionellen Grenzen gemeinsame Bedeutung haben.
Glaube braucht Weggefährten, die Heimat geben. Bei Adenauer seien hier zwei solcher Momente genannt. In der Zeit von Haft und Verfolgung in der Nazi-Diktatur konnte er sich einige Monate in die Abtei Maria Laach als „Bruder Konrad“ in der Eifel zurückziehen. Wer will ausloten, was das mit einem Menschen macht? Eben auch im Hinblick auf religiöse und kirchliche Bindung. Und: Konrad Adenauer wurde die Aussöhnung mit dem Erzfeind Frankreich immer wichtiger. Gelungen ist das Ansinnen auch, weil das Gegenüber auch Katholik war. Nur so war es möglich, dass im Juli 1962 bei der symbolträchtigen Versöhnungsmesse in der Kathedrale von Reims Konrad Adenauer und Charles de Gaulles Seite an Seite vor dem Altar standen.
Aussöhnung ist ein bestimmendes Thema
Natürlich hatten beide sowohl den Frieden im bis dato so zerstrittenen Europa als auch die wirtschaftliche Entwicklung ihrer Länder im Blick. Und da kommt der Katholik Robert Schumann (1886 – 1963) ins Spiel. Noch als Reichsdeutscher in Luxemburg geboren, geht er im Zweiten Weltkrieg in die französische Resistance und nach dem Krieg in die französische Politik. Die Aussöhnung mit Deutschland ist ihm wichtig. Aus dem wirtschaftspolitisch orientieren Schumann-Plan entwickelt sich die Montanunion, ohne die es die Europäische Union nicht gäbe. Es verwundert nicht, dass Schumann 1958 der erste Präsident des Europäischen Parlamentes war. 1904 war er als Jura-Student in die katholische Studentenverbindung Unitas eingetreten. Deren Motto lautete: „in necessariis unitas, in dubiis libertas, in omnibus caritas“ (Im Notwendigen Einheit, im Zweifel Freiheit, in allem Nächstenliebe).
Der Mann, der nach dem Tod seiner Mutter 1911 kurz überlegt, Priester zu werden, bleibt gottlob in der Politik und baut mit an einem Europa, das dem Kontinent jetzt fast 80 Jahre Frieden und Wohlstand gebracht hat. Das hat auch etwas mit Christen zu tun, die sich, wie es in christliche Studentenverbindungen üblich war, dem Gedanken des Dienstes und der christlichen Soziallehre verpflichtet wissen. Übrigens wurde für Robert Schumann, der 1950 die Straßburger Konvention für die Menschenrechte und die Grundfreiheiten veröffentlichte, ein Seligsprechungsverfahren eingeleitet.
Angedachte Seligsprechung und christliche Studentenverbindung sind auch Stichworte für den dritten maßgeblichen Gründervater der Europäischen Union: Alcide de Gasperi (1881-1954). Noch als Österreicher geboren, studiert er in Wien, macht Karriere als Journalist und in der Politik. Mit Schumann und Adenauer verbindet ihn die Verfolgung in der Zeit des Faschismus. Mit den beiden treibt er später die Montanunion voran. Nach dem Gefängnis arbeitet er in der Bibliothek des Vatikans, von wo aus er die Gründung der italienischen Democrazia Christiana antreibt, deren erster Vorsitzender er nach dem Krieg wird. Viele Rom-Pilger sehen sein monumentales Grabdenkmal, von Giacomo Manzu geschaffen, in der Eingangshalle von San Lorenzo fuori le mura.
Gemeinwohl, Frieden und Gerechtigkeit
Übrigens, alle drei Politiker erhielten den Internationalen Karlspreis in Aachen für ihre Verdienste um das Zusammenrücken in Europa. Ehrlicherweise muss man sagen, dass es damals eher um Westeuropa ging, denn alle drei Politiker standen auch für die Westbindung ihrer Länder ein.
Doch hier soll es nicht um ein Urteil über die Politik gehen, sondern um einen Blick auf Motive und Haltung, geprägt von Glauben und Kirchengemeinschaft. Im harten Alltag ist es vermutlich immer schwierig, christliche Politik zu machen. Dankbar darf man aber sein, wenn Christinnen und Christen aus ihrem Glauben heraus Politik machen mit dem Ziel des Friedens, der Gerechtigkeit und des Gemeinwohls. Gottlob gibt es solche auch heute!
P. Alexander Holzbach
Bild: laufer/AdobeStock
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