Du darfst springen und tanzen, Gotteskind
Was für ein Wunder! Was für ein Abbild der Liebe! Ein Mensch, neu geboren, zart und klein und doch schon vollkommen. Von Gott geliebt. Was für eine Würde. Von Anfang an.
Sie hat Wangen wie verblassendes Abendrot. Die bläulichen Augenlider flattern wie Schmetterlinge. Das Näschen ist wie aus rosa Porzellan, die winzigen Ohrmuscheln wie aus Wachs. Ihre Lippen gleichen einer kleinen Rosenknospe am Morgen. Die makellosen Händchen scheinen aus Marmor gemeißelt. Sie ist ein Wunder der Schöpfung: Juliane, meine erste Enkelin!
Als ich sie das erste Mal im Arm hielt, hatte ich kein anderes Wort für sie, als „Wunder“. Ein kleiner Mensch, wenige Tage alt und so vollkommen. Ihr Herzchen pocht in der kleinen Brust wie eine Taube in der Hand. Ein kleines menschliches Wesen, durchdacht bis in die kleinste Zelle, stark und ohnmächtig zugleich. Ihr Leben hängt ab von der Liebe.
Bald macht sie die riesigen Augen auf und blickt umher: erstaunt, grenzenloses Vertrauen. Keine Angst, kein Zweifel, dass die Geborgenheit und Sicherheit des Augenblicks schwinden könnten.
Juliane, neu ist die Welt für dich, neu ist alles, was nicht im Mutterschoß war. Du bist ein Kind der Liebe; der Liebe deiner Eltern und der Liebe Gottes. Du bist kein Zufall, keine Ansammlung von Materie, die sich irgendwie ins Leben geschmuggelt hat. Du bist der Wunsch Gottes. Gott hat dich in dieses Leben gerufen, weil er dich liebt, noch mehr als deine Eltern dich lieben. Gott hat in jede deiner Zellen ein Universum an Leben und Möglichkeiten gehaucht. Du bist das große Wunder, in das alles hineingelegt ist, was es über Gott zu sagen gibt. Du bist sein Abbild. Von Anfang an. Du brauchst nur zu erwachen und das Leben zu umarmen.
Juliane, ich wünsche dir, dass du das Leben lebst mit der Freude eines Welpen und mit der Würde eines Gotteskindes. Du darfst springen und tanzen, lachen und genießen. Diese Welt liegt dir zu Füßen. Ergreife sie!
Doch Vorsicht. Diese Welt birgt auch das Böse. Du wirst verletzt werden; nicht nur deine Knie beim Fallen. Du wirst von Klippen stürzen und Verrat trinken. Du wirst weinen, verzweifeln und zweifeln. Ich wünsche dir Menschen, die deine Tränen trocknen, die mit dir schweigen können, wenn es keinen Rat mehr gibt. Ich wünsche dir, dass dann jemand da ist, der dich an deine Würde erinnert, die Würde des Gotteskindes, das niemals tiefer fällt als in Gottes Hand. Eines Gottes, der selbst ein Menschenkind wurde, um bei uns zu sein.
Jetzt aber, Juliane, du kleine Prinzessin, will ich dir noch etwas wünschen. Ich wünsche dir Eltern, die dich beschützen. Sie sollen auf dich schauen, wenn du die ersten Schritte machst, und ihre Arme sollen immer für dich offen sein. Ich wünsche dir Eltern, die an dich glauben, die nicht das Scheitern, sondern immer erst die tausend Möglichkeiten in dir sehen, die dein Herz, dein Verstand und deine große Seele bereithalten. Ich wünsche dir Eltern, die dir nicht die Kindheit rauben durch Egoismus und Achtlosigkeit. Sie sollen dich vor dem Grauen, das es tatsächlich gibt, schützen. Ja, sie sollen dir verbieten, das Grauen anzuschauen. Du darfst, solange du an Feen, Elfen, Zauberschlösser und endlose Liebe, an die Guten und das Christkind glaubst, niemals das Grauen in dieser Welt sehen. Sie sollen deine Augen und deine Seele bedecken, wenn das Grauen sichtbar wird.
Denn das Grauen ist da: Kriege, Folter, Gewalt und Hunger, Verrat und Schuld. Du musst nicht genau wissen, wie Jesus und die Märtyrer starben, was Sex zum Kaufen ist, und wie es sich anfühlt, wenn Menschen brennen. Du hast ein Recht auf Schutz, bevor du stark genug bist, zu ertragen, dem Grauen ins Gesicht zu sehen. Es wird schon früh genug kommen.
Ich wünsche dir Eltern, die dich loslassen können, wenn du deine Flügel ausbreitest. Ich wünsche dir starke Wurzeln, aber noch stärkere Flügel, damit du dahin fliegen kannst, wohin deine Bestimmung dich weist. Vergiss nicht, dass du Gottes Kind bist, eines Gottes, der auch Mensch und Kind ist, und der dich stark macht wie einen Adler. Es wird der Tag kommen, da bist du kein tollpatschiges Menschenkind mehr, sondern groß und bereit für das Leben, das – trotz allem – wunderschön ist.
Vera Novelli
Bild: Lieblingsbilder Marta Sturm
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