Tierische Therapeuten
Es ist Zeit, sich mit den Tieren zu versöhnen, sagt Pater Jörg Müller. Denn inzwischen wissen wir, welche wohltuende Wirkung ein Haustier auf uns haben kann.
Kinder, die mit einem Hund oder einer Katze aufwachsen, entwickeln eine größere soziale Fähigkeit und eine bessere Frustrationstoleranz, anders ausgedrückt: Sie sind seelisch widerstandsfähiger. Außerdem weisen Menschen, die auf einem Bauernhof mit Kühen, Pferden, Ziegen, Hühnern leben, ein besseres Immunsystem auf. Allergien sind so gut wie unbekannt. Man spricht von einer psychischen und physischen Resilienz.
Seniorenheime und Reha-Zentren erlauben inzwischen die Haltung von Kleintieren, weil sie um die heilsame Beziehung von Mensch und Tier wissen; Heilungsprozesse verlaufen schneller. Oft sind die Tiere Kinderersatz und verpflichten zu mehr Mobilität und sozialer Verantwortung. In Japan baut man Tierroboter mit echtem Fell, die sogar Gefühle erkennen können; sie sind für die alten Menschen ein vollwertiger Ersatz für das echte Tier.
Jede Krankheit verlangt nach einem besonderen Tier
Seit langem schon werden in Deutschland Fische gezüchtet, die eigens zur Therapie der Psoriasis eingesetzt werden. Es sind die türkischen Kangal-Knabberfische, die beim Abkauen der Schuppenflechte ein heilendes Sekret absondern.
Wer sich im Büro oft gestresst fühlt, sollte – sofern die Möglichkeit besteht -ruhig einmal den vierbeinigen “Arbeitskollegen“ streicheln oder sich von den treuen Augen eines Hundes in den Bann ziehen lassen. Aus der Forschung ist bekannt, dass schon die einfache Berührung eines Vierbeiners bei vielen Menschen den Blutdruck senkt und für eine erhöhte Ausschüttung des Glückshormons Endorphin sorgt.
Neueren Erkenntnissen zufolge werden bei Menschen sogar schon aufgrund der räumlichen Nähe eines Hundes Endorphine ausgeschüttet. Manche Menschen berichten darüber, dass der Kontakt mit einem freundlichen Hund sogar Kopfschmerzen, Müdigkeit, Nervosität, Husten und Verdauungsbeschwerden vermindert.
Autistische oder traumatisierte Patienten sprechen auf eine Delfintherapie sehr gut an. So wurden Kindern, die durch ein einschneidendes Ereignis stumm geworden waren, durch diese Therapie wieder erste Worte entlockt. Spastikern konnte zur Entkrampfung ihrer Gliedmaßen verholfen und Autisten ein größeres Wahrnehmungsfeld vermittelt werden.
Reittherapie – auch Hippotherapie genannt – ist besonders hilfreich nach Schlaganfällen, bei Multiple-Sklerose-Patienten sowie für Spastiker und Menschen mit Schädel-Hirn-Verletzungen. Auch bei lernbehinderten oder geistig behinderten Kindern hat sich das so genannte “Heilpädagogische Reiten und Voltigieren“ bewährt. Durch leichte bis schwere akrobatische Übungen auf dem Pferderücken – im Trab oder Galopp – werden Gleichgewicht und Koordination, Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein geschult. So können auch Kinder mit Hyperaktivität oder Legasthenie mithilfe des Freundes Pferd gefördert werden.
Tiere mit therapeutischem Diplom
Auf unseren Straßen kann man sie ab und zu sehen: Blindenhunde, die ihre blinden Besitzer bei der Orientierung unterwegs unterstützen. Sie führen sie sicher durch die Straßen und warnen vor nahenden Gefahren. Es gibt auch speziell ausgebildete Behindertenhunde, die zum Beispiel Rollstuhlfahrern den Alltag erleichtern. Sie lernen Licht an- und auszuschalten, Türen zu öffnen, Packungen aus dem Supermarktregal zu angeln und vieles, vieles mehr.
In Heil- und Pflegeeinrichtungen sollen Hunde, aber auch Kleintiere wie Meerschweinchen, Kaninchen oder Ziervögel, eine häuslichere Atmosphäre schaffen. Vor allem Patienten, die an Demenz leiden, verwirrt oder desorientiert sind, profitieren von der Begegnung mit dem Tier. Motorische und sprachliche Fähigkeiten werden beim Streicheln aktiviert oder reaktiviert, das Gedächtnis wird motiviert.
Der Golden Retriever ist ideal für Menschen mit epileptischen Anfällen; er wird trainiert zur rechtzeitigen Erkennung eines sich anbahnenden Anfalls. Sobald er den Anfall riecht (der Patient sondert spezielle Düfte ab), stupst er den Patienten und fordert ihn auf, sich in Sicherheit zu begeben. Wir werden noch vieles entdecken und die ungeahnten Fähigkeiten unserer Tiere nutzen können. Grund genug, sie zu mögen und zu behüten.
Das Experiment
Hier ein Bericht aus dem Internet: „Er holte also seine Hündin und stellte sich mit einem Schild an die Straße, auf dem zu lesen war: „Wenn Sie Trost brauchen, streicheln Sie einfach über das Fell meiner Hündin – es wird Ihnen guttun.“ Auf den ersten Blick mag dieser Einfall etwas verrückt erscheinen, doch ist es kaum verwunderlich, dass erstaunlich viele Menschen, die von den Ereignissen dieses Tages wie gelähmt waren, das Angebot dankbar annahmen. Einige berichteten hinterher, wie viel Trost und Kraft sie erfuhren, als sie über das Fell streichelten und sich von der Hündin über die Hand oder die Nase schlecken ließen.
Ich empfehle einsamen Menschen, sich ein Tier zu halten. Es ist treu, widerspricht nicht, handelt nicht vorurteilsvoll und setzt Glückshormone frei.
P. Jörg Müller
Bild: Rudolf Baier
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