Auch aus diesem Heft:

Das Erzählen weist weit über den einzelnen Menschen hinaus. Familiengeschichten wurden über Generationen weitergegeben

So zaubert die Märchenerzählerin

Gebannt lauschen Kinder, aber auch Erwachsene der Märchenerzählerin Margrit Horsche. Dafür zaubert sie eine besondere Atmosphäre herbei. Ihre Lieblingsmärchen müssen einen besonderen Zauber haben. Und Märchen haben für die pensionierte Lehrerin auch eine spirituelle Kraft.

Alles hat im Kindergarten ihres Sohnes angefangen: da hat jemand Margrit gefragt, ob sie bei einer Veranstaltung ein Märchen erzählen könnte. Sie stimmte zu, und es wurde für alle ein schönes Erlebnis. Seitdem haben Margrit Horsche (Jahrgang 1953) aus Bobingen bei Augsburg die Märchen nicht mehr losgelassen. „Ich merkte, dass Märchen zu erzählen, etwas ganz anderes ist als vorlesen. Es hat mehr Nähe und Zauber,“ erklärt die inzwischen bekannte Märchenerzählerin.

Margrit Horsche hat fast ihr ganzes Leben lang als Grundschullehrerin in der Kleinstadt Bobingen gearbeitet. Die beiden Kinder wuchsen behütet in einem Einfamilienhaus in der Kleinstadt auf. Inzwischen hat sie vier Enkel. Als Margrit Horsche vor Jahrzehnten ins Schwäbische zog, fand sie leicht Kontakt. Die Lehrerin, immer offen für ein Ehrenamt, schloss viele Freundschaften. Noch heute engagiert sie sich als Lernpatin in der Grundschule für Migrantenkinder, die sich mit der deutschen Sprache schwertun. In der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde ist sie im Umweltkreis und in der „Kinderkirche“ aktiv, und neuerdings ist sie auch Leiterin eines Philosophiekreises. Das alles hält sie jung.

Nähe zum Publikum ist wichtig

Doch am meisten Freude macht ihr das Märchenerzählen. Vor mehr als 20 Jahren stieß Margrit Horsche auf einen Lehrgang zur Märchenerzählerin in der Nähe von Frankfurt. Zwei Jahre besuchte sie mit anderen Teilnehmern Seminare und lernte die hohe Kunst, Geschichten von Zauberern und Hexen professionell und einfühlsam, ohne das Medium Buch darzustellen. Seitdem hat sie immer wieder viele Anfragen verschiedenster Art. Schulen, Kindergärten, die Stadt mit ihren Festen und Symposien, Kirchengemeinden, aber auch Privatleute möchten, dass die Märchenerzählerin sie für einen Abend verzaubert. Oft erzählt sie für „Gottes Lohn“, manchmal erhebt sie ein Honorar von 50 Euro für die Stunde. Viele Erwachsene und Kinder, meist so rund 20 bis 30 Zuhörer finden sich dann ein. Das Auditorium darf nicht zu groß sein, denn Margrit Horsche benutzt ungern das Mikro. Ganz frei muss der Zugang zum Zuhörer sein und Nähe zulassen. Deshalb hören alle Kinder, auch diejenigen, denen das Stillsitzen oft schwerfällt, gebannt zu und lassen sich in das Land der Märchen mit hineinnehmen.

Dennoch hat sie manchmal ein paar Requisiten dabei: einen Stock, ein Tuch, eine Schüssel oder einen alten Topf.  Außerdem führt sie immer ihren selbst gebastelten Lichtkasten mit, in dem passend zum Märchen schlichte Transparente angestrahlt werden. Einfach soll es sein, Raum für Fantasie und eigene Bilder im Kopf muss bleiben. Für die besondere Atmosphäre unterbricht sie manchmal das Märchen durch wenige Töne, eine kurze Melodie. Dazu hat sie eine kleine Drehorgel und eine Tischharfe. Tritt sie in ihrer Kirchengemeinde auf, begleitet sie der musikalische Pfarrer am Klavier mit eigenen Improvisationen.

Margrit Horsche liebt alle Märchen, aber am meisten jene, die einen Zauber enthalten oder auch ein bisschen witzig sind. Dabei greift sie häufig auf die Sammlungen von den Gebrüder Grimm zurück. Doch auch osteuropäische, italienische und orientalische Märchen gehören zu ihrem Repertoire. Mythen und Sagen verwendet sie nicht, denn die haben eine andere Funktion als echte Volksmärchen. Auch Kunstmärchen erzählt sie nicht so gern, denn diese spiegeln oft – wie beispielsweise bei Hans Christian Andersen – den etwas schwierigen Zugang zur Welt des Autors. Märchen auf CDs lehnt Horsche nicht prinzipiell ab, aber es sollten schon Aufnahmen von guter Qualität sein, am besten von Schauspielern erzählt.

Am Ende verliert das Böse

„Märchen haben eine wichtige Aufgabe“, verrät die Profi-Erzählerin, „sie handeln von Menschen in Mangelsituationen, die mit Unterstützung von Helfern im Vertrauen auf Gott und die eigenen Kräfte aus ihrer schweren Situation herauskommen. Das Böse, so mächtig es auch ist, verliert am Ende, und das Gute siegt.“ So haben Märchen eine ganz tiefe spirituelle und therapeutische Kraft. Das vielfach kritisierte Brutale in Märchen soll kein Horrorfilm sein, sondern beschreibt eine Prüfung, eine Strafe oder ein Opfer. Für sehr kleine Kinder schreibt Margrit Horsche manchmal einzelne Szenen, in denen Blut fließt, um. Diese Darstellungen nehmen in einem guten Märchen aber niemals zu viel Raum ein. Das Märchen illustriert den erfolgreichen Kampf des Guten gegen den Bösen. „Ein gut erzähltes Märchen unterhält, tröstet, macht stark und schafft Nähe“, fasst die jung gebliebene „Märchentante“ zusammen und freut sich schon auf den nächsten Auftritt.

Staunen und Respekt

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Vera Novelli

Bild: Vera Novelli

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Hat es uns Jesus nicht schon immer gesagt? Hört auf, lange Quasten an den Gewändern zu tragen, die ersten Plätze einzunehmen und euch Rabbi nennen zu lassen. Und trotzdem erliegt die Kirche immer wieder der Versuchung der Eitelkeit. Nur: Wenn die Kirche nicht dient, dient sie zu nichts.
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Gott ist kein kleinkarierter Buchhalter, der nach einem fein säuberlich geführten Konto mit uns abrechnet.

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