Lächeln ist die kleine Schwester des Lachens
Ein Lachen kann doppeldeutig sein: Es kann ein Anlachen, aber auch ein Auslachen sein. Lächeln dagegen ist freundlich. Immer.
Die Frauen des Alten Testamentes der Bibel kannten sich anscheinend besser mit der weiblichen Biologie aus als die seinerzeitigen Männer. Wie sonst konnten die beiden Besucher Abrahams seiner bereits in die Jahre gekommenen Ehefrau vorhersagen, dass sie demnächst noch mit Nachwuchs würde rechnen können? Kein Wunder, dass Sara sich über diese Prophezeiung amüsierte und wissend lächelte; während der jungen Maria im Neuen Testament bei der Voraussage des himmlischen Boten über ihre bevorstehende Schwangerschaft vor Schreck das Lachen vergangen sein muss.
Ansonsten findet man in der Bibel nur wenige Hinweise darauf, dass Lachen zu den Lebensäußerungen biblischer Menschen gehörte. Dabei hat der Himmel den Menschen doch als Gegengewicht zu den vielen Mühseligkeiten des Lebens drei Dinge gegeben: Die Hoffnung, den Schlaf und das Lachen (Immanuel Kant). Übrigens müssen für einen strengen Gesichtsausdruck viel mehr Gesichtsmuskeln aktiviert werden als für ein gewinnendes Lächeln. Außerdem wirkt jemand, der lächelt, sympathisch.
Lächeln ist die kleine Schwester eines heftigen Lachens, das schon mal markerschütternd rüberkommen kann. Sie drängt sich keineswegs laut dazwischen, sondern taucht lautlos auf. Wahrgenommen wird ein Lächeln nur von denen, die nicht weg- sondern hinschauen. Wie ein bergendes Pflaster legt es sich auf Wunden, kühlt fiebrige Wangen oder wärmt gefrorene Gliedmaßen auf.
Eine Währung des Gefühls
Lächeln ist eine Währung, mit der man gefühlsmäßige Verbindlichkeiten begleichen kann. Wenn die sprachliche Verständigung erschwert ist, erleichtert ein Lächeln die Kommunikation. Es kann Schwäche in Vertrauen und Hoffnungslosigkeit in Zuversicht verwandeln. Große Kriege lassen sich damit nicht gewinnen, aber in den kleinen häuslichen Kriegen einvernehmliche Verständigung erzielen.
Selten, dass sich jemand im Spiegel selbst anlächelt; wieviel notwendiger ist dafür ein Du, das sich darüber freut, ein Lächeln geschenkt zu bekommen. Allerdings muss man genau abwägen, wem man ein Lächeln widmet.
Vor etlichen Jahren dachte ich mir nichts dabei, als ich einen offensichtlich aus dem fernen Osten stammenden Mann anlächelte, der mir im Zugabteil gegenübersaß. Meine Absicht, dem Fremden gegenüber nichts weiter als freundlich gesonnen zu sein, wurde von diesem gehörig missverstanden und gipfelte in einem eindeutigen Angebot seinerseits. Auf meine entsetzte Ablehnung hin wurde ich beschimpft und hatte Not, ihn von seinem Vorhaben abzubringen.
Manchmal gilt ein Lächeln als Schwäche, und wer damit zu großzügig umgeht, kann unversehens in Gefahr geraten. Dagegen heißt es in einer Operette des 19. Jahrhunderts:
„Immer nur lächeln und immer vergnügt,
immer zufrieden, wie’s immer sich fügt.
Lächeln trotz Weh und tausend Schmerzen,
doch wie’s da drin aussieht, geht niemand was an.“
(Franz Léhar, „Land des Lächelns“).
Das entspricht nicht unserer hiesigen Mentalität; wir brausen ganz gern mal auf, so dass die Wände wackeln, wenn uns danach ist. Unser Umfeld soll ruhig mitkriegen, wenn uns gerade alles gegen den Strich geht. Aber insgeheim bewundern wir doch die Selbstdisziplin und Selbstbeherrschung, wenn es jemandem gelingt, seinen Schmerz wegzulächeln. Nicht zuletzt lässt sich manch unpassende Bemerkung durch ein gelassenes Lächeln entwaffnen.
Lachen und Humor sind zweierlei
Und Jesus? Bekannt ist nur, wie menschenfreundlich er war, aber hin und wieder auch recht heftig werden konnte, indem er dafür sorgte, dass Händler und Geldwechsler im Tempel durch ihn nichts zu lachen hatten. Doch dass er auch selbst lachen konnte, verschweigt der biblische Chronist. Ich bin jedoch sicher, dass Jesus nicht ständig mit Leichenbittermiene herumgelaufen ist, auch wenn ihm das Herz oft schwer gewesen sein muss, wenn er Zeuge wurde, was für Formen das Verhältnis seiner Zeitgenossen zum Vater im Himmel angenommen hatte.
Lachen hat nicht zwangsläufig etwas mit Humor zu tun. Denn auch „beim Lachen kann das Herz trauern“, heißt es im Buch der Sprüche 14,13. Man kann jemanden anlachen oder auslachen; ersteres ist löblich, das zweite schofel. Kindisch zu kichern oder hämisch zu grinsen, deutet vielleicht auf fehlende Kinderstube hin; oder jemand versteckt sich hinter einer Unsicherheit und Scham. Wer allein ist, soll nicht traurig sein; verspricht doch das Lukas-Evangelium in den Seligpreisungen: „Selig, die ihr jetzt weint, denn ihr werdet lachen!“ Und der Volksmund hat schon recht, wenn er sagt: Wer zuletzt lacht, lacht am besten!
Herma Brandenburger
Bild: Adobe Stock
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