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Das ursprünglichste Weihnachtsrezept

An Weihnachten werden einige Rezepte für die Feiertage gebraucht. Meist kann man das alles gar nicht im Kopf haben. Es gibt jedoch ein Grundrezept, das sich jeder merken kann: Wir nehmen, was gegeben ist.

In meiner Kindheit in Kanada liebte ich die Kreativität der Weihnachtszeit. Es war eine Zeit mit deutlich weniger Geld, aber viel mehr Einfallsreichtum. Die Weihnachtsbäckerei war einfach, denn Menschen verwendeten die wenigen Zutaten, die zur Verfügung standen. Weihnachtsgeschenke wurden genäht, gestrickt, getischlert und geschnitzt. Geschenke waren gewoben aus den Talenten der Schenkenden und den Ressourcen des Landes und der Wälder.

Diese Erfahrungen lehrten mich das Grundrezept von Weihnachten: Wir gestalten, was gegeben ist. Genau wie früher Menschen gebacken und Geschenke machten im Rahmen, von dem, was ihnen möglich war, mit dem, was eben vorhanden war, so arbeitet Gott mit diesem Rezept. Er gestaltet, was gegeben ist. Er arbeitet mit Menschen und Situationen wie sie vorhanden sind, nicht wie er sie sich idealerweise vorstellt.

Der unvollkommene Stammbaum Jesu

Darum liebte ich die Stammbaumerzählung aus dem Matthäus-Evangelium. Sie enthält das ursprünglichste Weihnachtsrezept. Diese unbereinigte Geschichte, wie Jesus geboren wurde, beinhaltet Elemente, die wir uns nicht ohne weiteres vorstellen können, wenn wir unsere Weihnachtslieder singen. Der Stammbaum und Familienherkunft Jesu waren alles andere als vollkommen und pur. Das sollten wir nie aus dem Blick verlieren, wenn wir zwar an Jesus glauben wollen, aber die Kirche ablehnen möchten wegen ihrer Unvollkommenheit, Skandale und schmerzhaften Geschichte.

Jesus wurde durch den Heiligen Geist empfangen, aber es gibt vieles in seiner Herkunft, wie dieses Evangelium deutlich macht, das weit entfernt von rein, unbefleckt und makellos ist. Gott hat schon immer gestaltet, was gegeben ist.

Zum Beispiel sehen wir eine Reihe von Männern im Stammbaum Jesu, die nicht gerade die Liebe, Gerechtigkeit und Reinheit Jesu verkörperten. Abraham hat Ismael und seine Mutter Hagar wörtlich in die Wüste geschickt, mit der Rationalisierung, dass Gott manche Menschen gegenüber andere bevorzugt. Jacob hat das Geburtsrecht seines Bruders Esau gestohlen, durch Intrige und Unehrlichkeit. David, mit dem Jesus sich explizit identifiziert, beging Ehebruch und ließ dann den Ehemann seiner Mätresse ermorden, um eine ungewollte Schwangerschaft zuzudecken und um sie heiraten zu können.

Die Frauen, die aus dem Familienhintergrund Jesu benannt werden, sind mindestens so interessant. Sarah, Rebekka und Rachel, die großen Frauengestalten Israels, werden nicht erwähnt. Dafür spricht der Stammbaum von Tamar, Rahab, Rut, und Bathseba. Jede diese Frauen befanden sich in Situationen der Ehe oder der Schwangerschaft, die entweder merkwürdig oder skandalös waren, und doch war jede ein wichtiges göttliches Werkzeug, um das religiöse Erbe, aus dem Jesus hervorging, zu erhalten.

Es ist kein Zufall, dass das Evangelium diese Frauen in Verbindung bringt, mit Maria, der Mutter Jesu, die sich auch in einer Schwangerschaft befand, die religiös gesehen Tabu war, und in einer Ehesituation, die zumindest fraglich war.

Gott braucht nicht das Ideale

Der Stammbaum Jesus besteht nicht nur aus den Großen und Talentierten, sondern zu gleichen Teilen aus Armen und Unbedeutenden. In der Liste der Namen aller Vorfahren Jesu erkennen wir Menschen, die berühmt waren und andere, die keine außergewöhnliche oder bedeutungsvolle Rolle spielten. Das menschliche Blut, das durch Jesu Adern floss, wurde zu gleichen Teilen von Groß und Klein, von begabt und unbegabt produziert.

Hier ist das Grundrezept von Weihnachten. Gott gestaltet, was gegeben ist. Gott braucht nicht das Ideale, um Heil zu wirken. Noch mehr, wenn unsere eigenen Leben gekennzeichnet sind von Schwäche und Schlichtheit, sind auch sie wichtig für die weiterlaufende Geschichte der Menschwerdung.

Unser Gott scheute sich nicht, mit allem zu arbeiten, was er in seinen Menschen vorfand: mit den Intriganten sowie mit den Edlen; mit den Unreinen sowie mit den Reinen; mit den Männern, auf die die Welt hörte, als mit den Frauen, auf die die Welt herunterschaute. Unser Gott arbeitet auch heute mit derselben Truppe weiter.

Wenn es im Stammbaum schon eine Herausforderung ist anzuerkennen, dass völlig unbekannte Menschen ein Teil der Geschichte Jesu waren, könnte es eine noch größere Herausforderung sein anzuerkennen, dass die unbekannten Charaktere unserer Zeit einen wesentlichen Teil der Fortsetzung sind. Vinzenz Pallotti wob eine ganze Spiritualität aus dieser Erkenntnis.

Das Christentum ist nicht nur für die Reinen, die Talentierten, die Guten, die Demütigen und die Ehrlichen. Die Geschichte Jesu Christi wurde auch geschrieben und wird weiterhin gestaltet, mit allem, was in der Menschheit gegeben ist. Niemand ist so schlecht, so unbedeutend, so ohne Talent und so außerhalb des Kreises des Glaubens, dass er oder sie außerhalb der Geschichte steht. Denn Gott schreibt niemanden ab. Er schreibt einfach weiter.

Das ist das ursprünglichste Weihnachtsrezept.

P. Erik Riechers

Bild: Wilfried Bahnmüller

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