Braucht Gott Räume aus Steinen und Glas?
Kirchen sind schön und auch für Menschen, die keinen christlichen Glauben haben, ein Anziehungspunkt. Kunsthistorisch gesehen sind viele Gotteshäuser auch eine lange Reise wert. Als „Kraftorte“ werden Kirchen von manchen bezeichnet. Es sind durchbetete Räume mit dem Geist unzähliger Gläubigen, die in vielen Jahrhunderten hier ihre Seele und ihre Anliegen zum Himmel emporhoben.
„Sakralbauten sind Gotteshäuser, die ein Symbol für die Kirche sind, die an diesem Ort lebt. Aber sie sind auch ein Symbol für die himmlische Wohnung. Sie sind Stätten des Gebets, in denen die Kirche vor allem die Eucharistie feiert und Christus anbetet, der im Tabernakel wirklich gegenwärtig ist.“ So beschreibt der Katechismus der katholischen Kirche die Gotteshäuser.
Doch brauchen Christen wirklich Kirchen? Braucht man Räume aus Stein und Glas, um Gott zu finden? Sind nicht jene viel näher an Gott, die im Wald oder im Wohnzimmer – vielleicht in einer Gruppe – Gott loben und ihre Anliegen vorbringen? Das frühe Christentum besaß keine eigenen heiligen Räume und unterschied sich auch damit sowohl vom Judentum als auch von anderen Religionen im Römischen Reich. „Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen“, sagt Jesus Christus im Matthäus-Evangelium (Mt 18,20). Daher sind Christen einerseits an keinen bestimmten Ort gebunden.
Christus ist der wahre Tempel
Der Katechismus der katholischen Kirche sagt dazu: „Der Kult ‚im Geist und in der Wahrheit‘ (Joh 4,24) des Neuen Bundes ist an keinen bestimmten Ort gebunden. Denn Christus ist der wahre Tempel Gottes, durch den auch die Christen und die ganze Kirche unter dem Wirken des Heiligen Geistes zum Tempel des lebendigen Gottes werden.“ Aber weiter heißt es eindeutig: „In seinem irdischen Dasein benötigt das Volk Gottes trotzdem Orte, an denen sich die Gemeinde versammeln kann, um die Liturgie zu feiern.“
In der Apostelgeschichte (2,46) wird berichtet: „Tag für Tag verharrten sie einmütig im Tempel, brachen in ihren Häusern das Brot und hielten miteinander Mahl in Freude und Lauterkeit des Herzens.“ Als die Gemeinden größer wurden, genügten die Privathäuser nicht mehr. Man baute „Häuser, die dem Herrn (Jesus Christus) gehören“, griechisch kyriake, was abgeleitet ist von dem Wort kyrios, Herr. Von diesem griechischen Wort kommt das Lehnwort „Kirche“.
Die Gemeinden legten Wert darauf, ein würdiges Gotteshaus zu besitzen. Dieses Gotteshaus, zumeist in der Mitte des Ortes errichtet, sollte ein Bekenntnis zum Herrn sein. Seit dem dritten Jahrhundert ist es üblich, zur Versammlung in einem bestimmten Gebäude, der Kirche, zusammen zu kommen.
Den Heiligen geweiht
Katholische Kirchen werden nach ihrer Erbauung durch eine Weihe in Gebrauch genommen. In der frühchristlichen Zeit wurde die Kirchweihe mit einer feierlich abgehaltenen ersten Messe, die vom zuständigen Bischof oder einem von diesem eingesetzten Vertreter gelesen wurde, begangen. Mit dem zunehmenden Märtyrerkult wurde ab dem 4. Jahrhundert zu einer Kirchweihe das Einholen von Reliquien und deren Beisetzung in oder unter dem Altar üblich. Diesen Heiligen (Patronen) wurde die Kirche geweiht.
Einige Kirchen sind aber auch der Gottesmutter, Christus, dem Heiligen Geist etc. gewidmet. Die Liturgie der Kirchweihe war im Laufe der Geschichte vielfachen Einflüssen und Veränderungen unterworfen. Der heutige Kirchweihritus findet im Rahmen einer Messfeier statt. Die erste Eucharistiefeier in einer Kirche gilt demnach als die entscheidende und allein notwendige Weihehandlung. Der Weihetag einer Kirche wird alljährlich als Hochfest begangen. Ein weltweites Fest für die römisch-katholische Kirche ist der Weihetag der Lateranbasilika am 9. November, da die Lateranbasilika den Titel „Mutter und Haupt aller Kirchen des Erdkreises“ führt.
Doch allgemein versteht man unter „Kirchweih“ oder Patronatsfest weniger Liturgisches, jedoch mehr Volksfest. Zum Weihetag einer Kirche kamen früher viele Menschen zusammen. Nach der liturgischen Feier war Markt und Volksfest, denn die weite Anreise musste sich auch „im Weltlichen“ lohnen. Da wurde gefeiert, getrunken und gegessen und auch Geschäfte gemacht. Zur Kirchweih zu gehen, war einer der Höhepunkte im manchmal eintönigen Leben. Junge Leute hatten Spaß, man lernte sich kennen oder gar lieben, die Älteren tauschten Erinnerungen aus.
Auch heute findet in vielen Orten das jährliche Fest um den Weihetag oder das Patronatsfest statt. Je nach Mundart nennt man es unter anderem Kirmes, Kärwa, Kirwa oder Kerb. Unabhängig vom konkreten Gedenktag einer bestimmten Kirche wird an manchen Orten auch ein allgemeines Kirchweihfest gefeiert. Im südbayerischen Raum findet am dritten Sonntag im Oktober die Allerweltskirchweih statt. Kirchweih ist ein wichtiges und vielseitiges Fest. Würdige Liturgie der Messe und ausgelassenes Treiben finden zu einer fröhlichen Feier zusammen. Wie David mag man ausrufen: „Kostet und seht, wie gut der HERR ist!“ (Psalm 34,9).
Die Altarweihe
Am augenfälligsten wird die Bedeutung des Altares bei seiner Weihe. Sie ist engstens verbunden mit der Weihe einer Kirche und bildet deren Höhepunkt. Das ist jedoch oft nicht mehr im Bewusstsein, da in den letzten Jahrzehnten vor allem die Weihe vieler neugestalteter Altäre in bereits bestehenden Kirchen anstand.
Durch die Weihe wird der Altar zum Sinnbild für Christus und so dem Weltlichen ein Stück weit entzogen. Im Weihegebet kommt zum Ausdruck, dass der Altar für immer dem Herrn geweiht wird. Die wichtigste und allein notwendige Handlung einer Altarweihe ist die erste Eucharistiefeier auf dem neuen Altar.
Weitere ausdeutende Riten erinnern teilweise an die Feier der Taufe oder der Priesterweihe. So wird der neue Altar mit Weihwasser besprengt. Die Salbung der Tischplatte mit Chrisam erhebt ihn zum Symbol Christi, des „Gesalbten“. An fünf Stellen wird auf dem Altar Weihrauch verbrannt. Das ist ein Hinweis auf die Wundmale Christi verbunden mit dem Wunsch, dass von hier aus die Gebete der Gläubigen wie Wohlgeruch zu Gott aufsteigen mögen.
Meist erfolgt noch eine Beisetzung von Reliquien im Altar. Sie sollen daran erinnern, dass unser Glaube an Christus mit dem Zeugnis vieler Christen verbunden ist, die schon vor uns waren. Schließlich wird das Altartuch aufgelegt und Kerzen werden entzündet, denn künftig wird hier das eucharistische Mahl gefeiert.
Vera Novelli
Bild: Adobe Stock
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