Auch aus diesem Heft:

Essen ist immer auch ein soziales Geschehen und hat, seit es Menschen gibt, etwas mit Beziehung und Miteinander zu tun.

Friede am Herd

Im Heiligen Land existieren zwei Hoffnungsorte, auf die man nicht so schnell kommt: Krankenhäuser und Küchen.

In ersteren, etwa in der Universitätsklinik Hadassah in West-Jerusalem, behandeln jüdische Ärzte palästinensische Kranke und Verletzte. Palästinensische Ärzte, Apotheker und Krankenschwestern versorgen ihrerseits jüdische und andere Patienten. Ein anderer Ort, an dem Palästinenser und Israelis seit Jahr und Tag vertrauensvoll zusammenarbeiten, sind Kantinen und Küchen. Juden, Christen, Muslime, Drusen und solche ohne Bekenntnis beweisen auch dort: Das Miteinander ist möglich! Wir kommen miteinander klar und gut aus.

Einmal fragte ich den Küchenchef im israelischen Kibbuzferiendorf Ein Gev am Ostufer des Sees Genesareth, ob er als Muslim denn alle Tätigkeiten in der jüdisch-koscheren Küche verrichten dürfe? Antwort: „Alles bis auf eines: den Herd anschalten muss ein Jude.“

Das multi-religiöse und bi-nationale Miteinander bereichert nicht nur an diesem bei Pilgern beliebten Übernachtungsort die Küche und zeitigt immer wieder neue Rezepte. Die in England lebenden Yoram Ottolenghi und Sami Tamimi, der eine Israeli und Jude, der andere Palästinenser und Muslim, sind mit ,Jerusalem – Das Kochbuch‘ international bekannt geworden. Ersterer kreiert Neues, probiert aus, verkostet. Der andere, Chefkoch seit dem ersten Tag der Zusammenarbeit, behält die Nerven in der buchstäblichen Hitze der Küche, setzt Ottolenghis Ideen stilvoll und gekonnt um, lässt eigene einfließen und erweist sich als Visionär. Seit 2002 kooperieren die beiden, ergänzt durch die aus der Schweiz stammende Managerin Cornelia Stäubli.

Chefköche für den Frieden

Bereits ein Jahr zuvor, mitten in der zweiten Intifada, dem Volksaufstand der Palästinenser gegen die Besatzungsmacht Israel, gründete der Armenier Kevork Alemian, Maitre d’Hotel im legendären American Colony-Hotel in Ost-Jerusalem, die Chefs for Peace – Chefköche für Frieden. Seitdem kochen sie Galadinner für Feinschmecker. Alles begann in Italien. Dort hatte Alemian andere Chefköche aus der Heimat kennengelernt: einen jüdischen Israeli, einen christlich-arabischen Israeli und einen muslimischen Palästinenser. Da erst, bei einem Kochfestival in der Fremde, merkten die vier, wie viel sie voneinander lernen, wie sie sich gegenseitig bereichern konnten. Vor genau 20 Jahren begannen sie, „kulturelle Identität, Verschiedenartigkeit und Ko-Existenz über Lebensmittel zu erforschen.“ Dabei spielt Politik, Religion oder Hautfarbe gar keine Rolle. Gemeinsam Gerichte zuzubereiten, miteinander zu teilen und zu genießen verstehen sie als „effektives Mittel, um Verbindung und Verbundenheit herzustellen.“ Ziel bei alledem ist es, Menschen zusammenzubringen. Und da seien Lebens- und Nahrungsmittel ein „mächtiges Werkzeug und eine Brücke hin zu gegenseitiger Akzeptanz.“ Die Köche sehen im Frieden nichts weniger als eine „leckere Möglichkeit und Chance“.

Porträtiert hat die Friedensköche der israelisch-deutsch-jüdische Filmemacher Uri Schneider. Über dessen Film kam der Gourmet-Report zu diesem Urteil: „Das Ergebnis ist ein Film, der zeigt, dass viele Israelis und Palästinenser zusammenleben wollen und können, wenn sie sich darauf besinnen, was sie verbindet.“

Topf für den Frieden

Realität ist aber auch: Die Mehrheit bleibt in ihrer eigenen Welt. Das Heilige Land ist daher ein Kosmos der Religionen, Sprachen und letztlich Parallelwelten. Ein erst zwei Jahre altes Projekt in Sachen Kochen im Heiligen Land will dem entgegenwirken. Es nennt sich Sir Lasalam und heißt wörtlich Topf für den Frieden, sinngemäß jedoch Friede beginnt im Kochtopf.

Die israelische Jüdin Daphne (genannt Dafi) Kremer und die palästinensische Muslima mit israelischer Staatsangehörigkeit Muzna Bishara verbinden traditionelle palästinensische Küche mit zeitgenössischer jüdischer und laden zu ihren Abendessen Menschen ein, die sich sonst nicht treffen würden. Beide erzählen dann nicht nur von den Rezepten ihrer Mütter und Großmütter, sondern auch die Geschichte ihres jeweiligen Volkes. Erfahrungsgemäß sind die Dinner des jüdisch-muslimischen Duos schnell ausgebucht, das bis zu zwei Dutzend Gäste in privater Atmosphäre bekocht. „Ich hoffe sehr, dass unsere Gäste hier weggehen und dem Gegenüber positiver eingestellt sind als vorher“, sagt Muzna Bishara im Film ,Mein Nachbar, mein Feind?‘ der deutschen Regisseurin Katrin Sandmann. Sie sollen im besten Fall einen anderen Blick auf ihre Nachbarn bekommen, fügt Kollegin Dafi an und „die andere Welt über das Essen verstehen“. Dieses Anliegen wollen die beiden Köchinnen zukünftig landesweit bekanntmachen.

Entstanden ist die Initiative der beiden Freundinnen „aus einem starken Bedürfnis, aus dem besten beider Traditionen eine neue, reiche, ganz lokale Küche“ zu schaffen. Ihre Messlatte haben sie sich hochgelegt, haben sie doch den Anspruch, „Töpfe und Herzen zu öffnen und das Essen zuzubereiten, das Frieden bringen wird“.

Johannes Zang

Johannes Zang hat fast zehn Jahre im Heiligen Land gelebt und ist Autor des soeben erschienenen Buches „Erlebnisse im Heiligen Land“. 77 Geschichten aus Israel und Palästina, von Ausgangssperre bis Zugvögel (ProMedia, Wien).

Bild: Lefteris Pitarakis/picture alliance

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Hat es uns Jesus nicht schon immer gesagt? Hört auf, lange Quasten an den Gewändern zu tragen, die ersten Plätze einzunehmen und euch Rabbi nennen zu lassen. Und trotzdem erliegt die Kirche immer wieder der Versuchung der Eitelkeit. Nur: Wenn die Kirche nicht dient, dient sie zu nichts.
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Gott ist kein kleinkarierter Buchhalter, der nach einem fein säuberlich geführten Konto mit uns abrechnet.

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