Unsichtbar, sichtbar, wunderbar
Barbara von Johnson ist bekannt geworden, als sie 1963 den bis dahin unsichtbaren Kobold Pumuckl gezeichnet und sichtbar gemacht hat. Schon früh erkannte sie die heilende Wirkung, sich der Kunst zu widmen.
Kunst für den Geist ist Anregung, Kunst für die Seele ist Heilung, Kunst für die Augen ist Freude. „Somit ist Kunst Therapie zur Heilung suchender Menschen“, sagt die heute 80-Jährige, die sogar ihre Krebserkrankung mit Hilfe der Kunst erfolgreich überwunden hat.
Heute empfängt B.v.J, wie sie sich selbst abkürzt, gerne ihre Fans lässig gekleidet, barfuß, weißhaarig, mit braunen, runden Augen, leuchtend wie immer. Wer in ihr Haus in München-Schwabing kommt, wird unvermittelt zurückversetzt in die Pumuckl-Kulisse. Die Holztreppe knarzt, im verwinkelten Atelier sieht man skurrile Objekte, farbenfrohe Bilder, unerwartete „Mischwerke“ und Unmengen von Fotoalben, worin sie gerne blättert und sich an ihre kreative Vergangenheit erinnert.
Mit 17 Jahren war sie Schülerin bei Oskar Kokoschka, 1963 hat sie den Pumuckl-Wettbewerb von Ellis Kaut gewonnen, 1968 ist sie für zwei Jahre nach Südafrika ausgewandert, dann illustrierte sie unzählige Kinderbücher bei bekannten Verlagen, erlernte Schweißen, Bildhauern, Fotografieren, Dichten, Theaterspielen, gestaltete Faschingsdekorationen für eigene Feste und fürs Haus der Kunst, gab nach ihrer Kunsttherapie-Ausbildung Kurse für Frauen und Kinder im eigenen Keller, unternahm Kunstreisen im verrumpeltem VW-Bus rund um die Welt. Sie bekam das Bundesverdienstkreuz für viele Wohltätigkeitsveranstaltungen und als Pumuckls optische Mutter, schenkte drei „wunderbaren Söhnen“ das Leben und erfuhr nach und nach das wertvollste Kunststudium: die wachsende Selbstliebe.
Im vorgerückten Alter baute sie mit ihrem damaligen Lebensabschnittsbegleiter zwei Häuser im Isartal und auf Korfu, absolvierte weiter ihre Pumuckl-Pflichten und veranstaltete über Jahre mit geistreichen Rednern, Musikern und Künstlern Veranstaltungen im Keller des eigenen Hauses.
Verlässt man schließlich den „Raum der vielen Erinnerungen“, erreicht man durch ein kleines Turmzimmerchen das flache Blechdach des Hauses, auf dem die Künstlerin selbst mit 80 Jahren noch ihren Liegestuhl aufstellt, um Weitblick und Sonnenschein zu genießen.
Was ist eine Künstlerin denn eigentlich? Barbara von Johnson beantwortet die Frage in einem praktischen Bild: „Ich bin wie ein Durchlauferhitzer. Aus der unsichtbaren Fülle des Seins lasse ich von oben Impulse in mich einfließen, erwärme sie mit eigener Kreativität und lasse sie individuell bearbeitet, unten wieder raus, sodass mein Eindruck als Ausdruck für andere sichtbar wird. Das ist der Lebens-Auftrag eines jeden Menschen, sein besonderes Können als Kunde in die Welt zu tragen. Und indem wir unsere Erfahrung weitergeben, finden wir uns selbst.“
Das Leben drückt sich in Wundern aus
Kunst als Therapie? Gilt das vielleicht für jeden? Was rät sie jemandem, der anfangen will zu malen? Als erstes müsse der Neugierige Angst vor dem „Machen-Müssen“ verlieren, sagt Barbara von Johnson. Werdet wieder wie die Kinder! Einfach anfangen und alles dem Zufall überlassen denn im Zu-Fall versteckt sich meist das erhoffte Wunder. Wer zu lange an einer „Da-Vor -Stellung“ hängen bleibt, dem geht der Impuls verloren. „Wir brauchen die Freude am Spielen. Wir müssen nicht, wir dürfen!“, sagt sie. Barbara von Johnson folgt dabei auch selbst einem spirituellen Impuls: „Bitte, Gott“, sagt sie ernst und leise, „erfülle mich mit Dir.“
Mit ihrer Hingabe an die Lebens-Kunst kommt der mäandernde Lebenslauf von B.V.J wie durch ein Wunder an sein Ziel: Dankbarkeit. Ihr Leben war nicht gerade einfach verlaufen. Die Depression der Nachkriegs-Generationen hat sie bereits als Kind erlebt, als sie sich zerrissen zwischen Mutter und Großmutter erlebte, nachdem ihr Vater im Krieg gefallen war. Dass sie dann noch kurzfristig mit vier Jahren in ein Heim geschickt wurde, hat sie nie vergessen.
Barbara von Johnsons Lebenslauf war bestimmt von ihrer unangepassten, künstlerischen Eigenart nach dem Motto: Umwege erhöhen die Ortskenntnis: Kein Abitur in der Schule, kein Abschluss-Diplom ihrer vier Kunsttherapie- Ausbildungsjahre, drei „wilde Kerle“ mit Engagement groß gezogen ohne geheiratet zu haben, kein fester Beruf, aber jeder Tag überraschende Wunder, die sie meist, seit Kindesbeinen an bis heute, zeichnerisch oder fotografisch in vielen Skizzenbüchern und über 100 Fotoalben festgehalten hat. So bewältigte sie viele heiklen Lebens-Situationen mit humorvollen Zeichnungen, Malen oder Dichten.
Kunstmachen als Paralleluniversum
Selbst in ihrer schmerzhaftesten Lebenszeit 2010 mit vielen zwischenmenschlichen Herausforderungen, dem Tod ihrer 98-jährigen Mutter, die sie bis zuletzt unterstützte und gleichzeitig die Behandlung ihrer Krebserkrankung, dazu die Trennung einer zwölfjährigen Beziehung hat ihr stets der Ausflug in ihr Paralleluniversum des Kunstmachens Heilung gebracht.
Barbara von Johnson erinnert sich an den besonderen Tag im Jahr 2018, nach all den vielen Leiden als sie eine Art Auferstehung erlebte. Sie saß im Morgenlicht auf der Terrasse und entdeckte ein zierliches Spinnennetz, das in der bewegten Luft mal hell aufblitzte, ja gleißte wie ein Gottesfunke und dann plötzlich, eines zarten Windhauchs wegen, völlig aus ihrem Blickfeld verschwand. So ist das im Leben, wurde ihr tief im Herzen bewusst: Alles ist immer da, obwohl man es oft nicht erkennen kann.
Seit diesem Wunder hat sich ihr Leben komplett verändert. Sie fühlt sich von den Seelen-Schmerzen befreit. Diese Energie spürt sie immer noch. Jeden Tag. Ein Grund, warum sie auch ihre körperlichen Schmerzen erträgt, die sie jede Nacht plagen: die tauben Finger, Stechen und Brennen im ganzen Körper und das wehe Herz. Hat sie trotzdem ihr Lebensglück gefunden? „Mich fasziniert das Leben immer noch, sodass ich jeden Morgen und jeden Abend mit Gott spreche: Danke, lieber Gott, dass ich leben darf und noch aufstehen kann, Danke, dass ich für alles Danke sagen kann und Danke, dass ich erfüllt bin mit Deiner Liebe.“ Und sie fügt hinzu: „Ich weiß ich bin verankert und sicher.“
Dieser Text entstand in Teamarbeit zwischen Alexander Schweda und Barbara von Johnson selbst, die vor allem die Unsichtbaren Dinge auch in diesen Sätzen sichtbarer machen konnte.
Sinneszeichen
Wo bist Du
Ich fühle, seh’ und hör Dich nicht,
Gott, hast Du kein Gesicht?
In Büchern, Kursen, Ashrams, Kirchen,
da finde ich Dich nicht.
-Doch nachts, wenn ich verzweifelt bin,
kein Mensch in meiner Näh,
fühl ich mich plötzlich tief berührt,
von was, das ich nicht seh’.
-Und wenn ich nichts mehr sehen kann,
an beiden Augen blind,
erscheinen Bilder innerlich
die voller Farbe sind.
-Und wenn ich nicht mehr sprechen kann,
stumm in der Kehle bin,
spricht eine Stimme tief im Herz,
sie gibt mir Kraft und Sinn.
-Und wenn ich nicht mehr hören kann,
tot – taub an jedem Ohr,
ertönt im Innern ein Konzert,
von einem Engelschor.
-Nicht sichtbar, hörbar, anfassbar,
bist Du, mein lieber Gott,
und trotzdem bist Du immer da,
vor allem in der Not.
Barbara von Johnson
Bild: Alexander Schweda
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