Zur Freiheit hat uns Christus befreit!
Er hat den Wandel vom Gesetz zur Freiheit am eigenen Leib erfahren: Der Völkerapostel Paulus wurde vom Saulus zum Paulus.
„Ich war ein gesetzestreuer Jude“, so bezeichnet sich Paulus selbst in seinem Brief an die Galater (Gal 1,13). Er befolgte die Gebote und Regeln des jüdischen Glaubens mehr als die meisten seiner Altersgenossen, er kannte die heiligen Schriften besser als andere und er trug durch die Beschneidung das sichtbare Zeichen des Bundes Gottes mit dem Volk Israel an seinem Körper.
In seinem jüdischen Glauben ist das Verhältnis zwischen Gott und den Menschen dann in Ordnung, richtig und gerecht, wenn man das Gesetz Gottes und die daraus entstandenen Gebote genau befolgt. Strenge Reinigungsvorschriften, koschere Nahrung, regelmäßige Gebete und lesen in der Thora, danach richtet sich ein gutes, anständiges und aufrichtiges jüdisches Leben aus. Und Paulus war überzeugt von diesem Weg.
Irrweg wird Überzeugung
Eines Tages aber verlor er den Boden unter den Füßen. In der Apostelgeschichte (Apg 9,4) wird erzählt, dass er plötzlich zu Boden stürzte und die Stimme von Jesus Christus hörte. Er machte eine Erfahrung, die ihn aus der Sicherheit seines gesetzestreuen Glaubens herausfallen ließ und ihm eine ganz neue Erkenntnis eröffnete. Das, was er bisher für einen Irrweg hielt, ist ihm jetzt Überzeugung. Der Tod und die Auferstehung von Jesus Christus löst für ihn die Bindung an das Gesetz auf.
„Zur Freiheit hat Christus uns befreit“ (Gal 5,1) schreibt Paulus deshalb im Galaterbrief und meint damit, dass der Glaube an Jesus Christus als den Sohn Gottes, der für unsere Sünden gestorben ist und auferweckt wurde, die Befolgung des Gesetzes aufhebt. Der Bund zwischen Gott und Mensch hat sich mit diesem Ereignis verändert, und es gibt einen neuen Bund, der durch Jesus Christus besiegelt ist. Das Gesetz wird durch den Glauben an Christus abgelöst.
Wir müssen nicht mehr alle Gesetze und Gebote erfüllen, um vor Gott ein rechtes Leben zu führen. Beschneidung, koscheres Essen, Reinigungsgebote sind äußere Zeichen, von denen uns die Taufe und der Glaube an Christus befreit. Paulus weiß, dass auch die an Jesus Christus glaubenden schuldig werden und sündigen, doch der Tod Jesu und seine Auferstehung haben uns grundsätzlich schon von unseren Sünden befreit.
Durch die Taufe und den Glauben an Jesus Christus sind wir vor Gott gerechtfertigt und damit frei. Es gibt nur noch ein Gebot: „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.“ Paulus ist davon überzeugt, dass dieses letzte Angebot Gottes unser Verhalten zu Gott und unseren Mitmenschen verändert. Wir führen ein rechtes Leben aus der Liebe, die wir durch Christus erfahren haben und nicht mehr, um das Gesetz und die Gebote zu erfüllen.
Grundgedanke der Reformation
Das ist auch der Grundgedanke, den Martin Luther in der Reformation aufgreift und neu für seine Zeit interpretiert. Die Menschen werden nicht anerkannt und vor Gott gerechtfertigt, wenn sie es sich durch gute Werke oder Frömmigkeitsübungen erarbeiten müssen. Es muss kein moralischer und religiöser Leistungskatalog erfüllt werden, um das ewige Leben zu erlangen und nicht in der Hölle zu enden. Und man kann sich die Vergebung der Sünden auch nicht erkaufen.
Gott selbst hat durch Jesus Christus die Freiheit eröffnet, in der allein der Glaube zählt und sich daraus das Handeln des Menschen entwickelt. Der Glaube verändert die Einstellung zu sich und zu den anderen Menschen und deshalb handelt der Mensch aus sich heraus gut und gerecht. Die christliche Freiheit heißt, in Entscheidungen und im Urteilen selbstständig auf sich gestellt und frei zu sein und seinem Gewissen folgen zu können.
Die Quelle der christlichen Freiheit ist auch heute für uns die Botschaft vom Kreuz und der Auferstehung. Sie besagt, dass alle, auch die Sünder und Sünderinnen, von Gott bedingungslos geliebt sind. Diese Freiheit birgt auch das Risiko, sich für das Böse entscheiden zu können. Ausgerichtet am christlichen Glauben und durch die Fülle der Deutungen in der Tradition gibt uns das Gewissen eine Richtlinie für unser Verhalten. Unsere Gewissensentscheidung haben wir nur vor Gott zu verantworten. Seine Liebe gibt uns diese Freiheit.
Zeitloses Thema
Seit der Aufklärungszeit prüfen Psychologen, Pädagogen und auch Seelsorger Nutzen und Schaden von Bindungen in der Erziehung. Nicht zu vergessen ist die Idee der „antiautoritären Erziehung“ in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Im christlichen Kontext wird zunehmend ein dialogischer Prozess favorisiert. Er beachtet die in Erfahrung und Wissen gründende Ungleichheit zwischen Eltern/Erziehern und Kindern/Schülern, aber auch die Gleichheit aller als Kinder Gottes. Die Bindung zwischen Eltern und Kindern, Lehrern und Schülern sollte der natürlichen Entwicklung entsprechen. Eine kurze Leine mag zunächst Geborgenheit und Sicherheit schenken, führt aber auch zu Unselbständigkeit, belastender Abhängigkeit, oder – wie S. Freud formuliert (1923) – zur Diktatur des „Über-Ichs“. Die lange Leine dagegen ermöglicht Experimente, gefahrvolle Gratwanderungen zwischen Erfolg und Absturz, ermutigt zum Risiko und lässt Mündigkeit reifen.
Gertrud Brem
Bild: Rudolf Baier
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