Lass es los, vergiss es!
Manchmal ist es wichtig, in seinem Leben zu entrümpeln. Was sich so alles angesammelt hat, merken wir meistens erst dann, wenn Menschen umziehen müssen. Muss ich das alles noch mitnehmen? Jetzt gilt es loszulassen.
Vor allem für ältere Menschen ist es schwer, sich von Liebgewordenem trennen zu müssen, wenn sie in eine kleinere Wohnung oder gar in eine Pflegeeinrichtung umziehen müssen. Immer wieder im Leben müssen wir lernen loszulassen.
2015 brachte die Musikgruppe Silbermond ein Lied heraus mit dem Titel „Es reist sich besser mit leichtem Gepäck“. Darin bemerkt sie, dass sich im Leben viel Ballast ansammelt. Du siehst dich in deiner Wohnung um und bemerkst, dass sich da viel Unnötiges angesammelt hat. Im Rheinland sagt man zu Dingen, die nur unnütz herumstehen, „Stehrümche“, und die können weg. Das Lied von Silbermond handelt aber auch von dem Ballast, der sich auf der Seele angesammelt hat. Nicht nur dein kleiner Hofstaat aus Plastik, heißt es da, auch die Armee aus Schrott und Neurosen auf deiner Seele wächst immer mehr, hängt immer öfter blutsaugend an deiner Kehle. Wie geil die Vorstellung wär‘, das alles loszuwerden. Du nimmst all den Ballast und schmeißt ihn weg. Denn es reist sich besser mit leichtem Gepäck. Ab heut: nur noch die wichtigen Dinge. Ab heut nur noch leichtes Gepäck.
Nur noch, was wichtig ist
Wenn es doch nur so einfach wäre! Immer wieder geben Menschen einander den Ratschlag: vergiss es, lass es los. Vergiss sie oder ihn, wenn eine Beziehung zu Bruch geht. Lass ihn oder sie los und in Frieden ruhen, wenn der geliebte Ehepartner, die geliebte Ehepartnerin gestorben ist. Schau in die Zukunft. Du darfst dich nicht verkriechen, sondern du darfst und du musst weiterleben.
Trauerarbeit ist notwendig. Wenn Beziehungen oder Freundschaften zu zerbrechen drohen, ist dann loslassen und Trauerarbeit angesagt. Oder doch nicht? Lohnt es sich, doch noch weiterzukämpfen, um die bedrohte Freundschaft oder Beziehung zu retten? Es wird darauf ankommen, wie wichtig mir diese Beziehung und Freundschaft ist, und darauf, ob sie Ballast für meine Seele ist und mir nach und nach die Luft zum Atmen wegnimmt. Ab heut nur noch die wichtigen Dinge, denn es reist sich besser mit leichtem Gepäck.
Loslassen
Das ist meist gar nicht so einfach und gelingt nicht von heute auf morgen. Vieles geschieht vor allem im Kopf. Bei den vielen Dingen, die sich angesammelt haben, und vor allem, wenn uns etwas schwer in der Seele und auf dem Herzen liegt, kann es hilfreich sein, sich klarzumachen, welche negativen Auswirkungen es hat, daran festzuhalten. Es kann sinnvoll sein, ungute Erlebnisse aufzuschreiben, die mich in meinem Denken und Handeln beeinflussen. Wo schränkt Vergangenes mein Leben ein bis hin zu körperlichen und seelischen Beeinträchtigungen?
Es tut gut, sich vorzustellen, wie das Leben aussehen könnte, wenn ich nicht weiter daran festhalten müsste und festhalten würde an dem, was mir nicht guttut. Natürlich bin ich unsicher und habe auch Angst. Sich diese Angst einzugestehen, ist keine Schande. Was macht mir Angst? Sind diese Ängste begründet? Kann ich damit umgehen? Bin ich nicht mehr wert, als in Selbstzweifeln und Ängsten gefangen zu sein?
Nicht zuletzt kann da auch der christliche Glaube helfen. Denn nicht nur die anderen, auch ich bin lebendiges Abbild Gottes, auch ich bin unendlich wertvoll. Der Begründer der Christlichen Arbeiterjugend, der CAJ, hat den Jugendlichen immer wieder neu zugerufen: jeder junge Arbeiter, jede junge Arbeiterin ist mehr wert als alles Gold der Erde. Heute müsste man wohl anders formulieren: jeder Mensch hat eine unantastbare Würde, die ihm niemand nehmen kann, sei er auch noch so fehlerhaft und durch Computer ersetzbar.
Weniges ist mehr
Es ist notwendig, sich bewusst dafür zu entscheiden, loslassen zu wollen. Wenn ich diese Entscheidung für mich getroffen habe, kann ich mich bewusst immer dann stoppen, wenn die Gedanken wieder kreisen wollen. In solchen Momenten kann ich bewusst laut STOPP sagen, um Gedankenkreisen und Sorgeattacken zu beenden. Wichtig ist es weiterhin, akzeptieren zu lernen, dass das Leben so ist, wie es ist, und dass meine Vergangenheit so war, wie sie war.
Als Christen glauben wir daran, dass am Ende das letzte Urteil über uns alle der Herrgott sprechen wird. So können wir immer wieder neu versuchen, uns mit uns selbst und unserer Lebensgeschichte auszusöhnen. Es hilft nicht, den anderen die Schuld dafür zuzuschieben, was im Leben schiefgelaufen ist, und darauf zu warten, dass die anderen sich ändern. Es gilt, sein Leben selbst in die Hand zu nehmen und selbst zu verantworten.
Weniger ist mehr, sagt der Volksmund, und es reist sich besser mit leichtem Gepäck, singt Silbermond. Dass wir durch unsere Lebensweise den kommenden Generationen und den ärmeren Ländern auf unserem Erdball nicht zu viel an sozialen und ökologischen Lasten mit auf den Weg in die Zukunft aufladen und ins Gepäck geben dürfen, wird immer deutlicher.
P. Heinz-Willi Rivert
Bild: Adobe Stock
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