Genau hinschauen
Hinter manch einem Weihnachtswunsch liegt eine versteckte Sehnsucht
„Unruhig ist unser Herz, bis es Ruhe findet in dir.“ So beschreibt der Heilige Augustinus unsere Sehnsucht nach Gott und nach der Fülle des Lebens. Die Advents- und Weihnachtszeit ruft und weckt diese alte tiefe Sehnsucht, die in uns Menschen schlummert, jedes Jahr immer wieder neu. Wie finden wir inneren Frieden
Ruhe finden in Gott, das ist eine Grundbotschaft von Weihnachten. Ein Zustand, der uns, in unsere Kultur durch die Kommerzialisierung und durch die einseitige Fixierung des Weihnachtsfestes auf einen idyllischen Abend in den Kreisen unserer Familien und Lebensgemeinschaften, vom ureigensten Sinn des Weihnachtsfestes entfernt hat. Ruhe kann unser Herz natürlich finden, wenn wir am Heiligen Abend einen schönen, harmonischen Abend im Kreis von Menschen erleben, die zu uns gehören, wenn wir uns beschenken und so ein großes Zusammengehörigkeitsgefühl entstehen kann. Das ist ein Aspekt, den ein gelungenes Weihnachtsfest erfahrbar machen kann. Doch hat unsere Zeit Weihnachten auf diesen einen Aspekt beschränkt und hat unsere Sehnsucht somit auf das Gelingen dieses einen Abends fixiert.
Die Konsum-Falle durchschauen
Dass unser unruhiges Herz Ruhe finden kann in Gott, dafür ist Gott Mensch geworden, und damit wir das Leben haben und es in Fülle haben. Und zur Fülle des Lebens, gehört es, ein ruhiges Herz zu bekommen, weil es Ruhe gefunden hat in Gott, wie Augustinus es nennt. Diese Unruhe des Herzens wird uns von der Werbung der Weihnachtsindustrie durch den Kauf von Geschenken und von der Erfüllung und Stillung materieller Wünsche versprochen. Unsere Sehnsüchte und Wünsche im Zusammenhang mit dem Weihnachtsfest werden so ausgenützt, dass die Konsumindustrie darauf ausgerichtet ist, unser unruhiges Herz kurzfristig zu beruhigen und gleichzeitig unruhig sein zu lassen, damit die Kassen ewig klingeln. Unsere spirituellen und zutiefst menschlichen Sehnsüchte werden so instrumentalisiert, und uns durch den Konsum von materiellen Gütern die Stillung dieser Sehnsüchte suggeriert. Es werden Wünsche erschaffen, die auf der Grundlage dieser Sehnsüchte sich bis ins nicht erfüllbare und unstillbare Verlangen nach dem „immer mehr“ steigern lassen. Diese Falle gilt es für uns zu durchschauen, wenn wir uns mit der „Sehnsucht nach Weihnachten“ existentiell auseinandersetzen. Bei den sich uns zeigenden Sehnsüchten und Wünschen, und dies nicht nur in der Advents- und Weihnachtszeit, dürfen und sollten wir darauf schauen, ob diese für uns existenzieller Natur sind. Das bedeutet, ob sie auf die Befriedung unserer menschlichen Grundbedürfnisse ausgerichtet sind, wie gutes, sicheres und schönes Wohnen; lebendige und nahe menschliche Beziehungen; ein für mich gutes Dasein können im Leben; das Spüren eines Wertes, für den es sich für mich lohnt, mich einzusetzen, und der mich motiviert, mich ins Leben zu begeben. Diese Grundbedingungen menschlichen Lebens stellen die Basis für unser gesundes Dasein-können dar.
Darüber hinaus gilt es unser „unruhiges Herz“ in „Gott“ ruhig werden zu lassen. Das kann bedeuten, ruhig werden zu lassen in dem, was wir für die Grundbedingungen unseres Daseins brauchen, aber auch ruhig werden zu lassen in der Erfahrung der Nähe Gottes, in der Erfahrung der Liebe Gottes, in der Erfahrung der Ewigkeit. Jesu hat in seinem Leben diese Erfahrung gemacht, Vinzenz Pallotti hat Gott als die „unendliche Liebe“ erfahren und geglaubt. Diese Erfahrungen, verbunden mit den Erfahrungen, dass unser Leben in der Erfüllung seiner Grundbedingungen gestillt ist, kann uns ein ruhiges Herz verschaffen. Dieser Möglichkeit der Erfüllung unserer Sehnsüchte und Wünsche dürfen wir in diesem Advent und in dieser Weihnachtszeit wieder neu nachspüren und sie für uns entdecken. Es geht um die Erfüllung der Grundbedingungen eines guten Lebens, ebenso wie in der Erfüllung zu Ruhe, in spiritueller Weise, in „Gott“.
Was, wenn Sehnsüchte nicht erfüllt werden?
Wie jedoch mit Sehnsüchten umgehen, die nicht erfüllt werden? Sehnsüchte, die nicht erfüllt werden, dürfen wir auf ihren Stellvertretercharakter hin anschauen und befragen. Sind die Sehnsüchte, die wir spüren, Ausdruck echter Sehnsucht nach mehr und tieferem Leben? Sind es Sehnsüchte nach mir selbst, nach Gott, nach mehr Leben? Oder sind es gesteuerte Wünsche, die uns durch das Weihnachtsgeschäft vermittelt, bei deren erworbener und bezahlter Erfüllung uns die Stillung unsere Sehnsucht versprochen wird? Es ist wichtig, dass unsere Grundbedingungen des Daseins ausreichend gestillt sind. Sicherheit im Dasein; gute und verlässliche Beziehungen; ein gutes sein können, wie ich bin; das Suchen und Finden eines Wertes, für den es sich lohnt, sich einzusetzen. Wenn wir hier eine Zufriedenheit und ein „ruhiges Herz“ feststellen können, wie sie nach der Aussage des Heiligen Augustinus eintritt, wenn unser Herz Ruhe findet in Gott, dann haben wir einen guten Umgang mit unseren Sehnsüchten und Wünschen gelernt. Dann sind unsere Sehnsüchte und Wünsche nicht nur der stellvertretende Ausdruck einer nicht integrierten und nicht erkannten Sehnsucht nach Gott, nach mir selber, nach der Ewigkeit, sondern dann können sie Ausdruck meines Ringens und Suchens nach der Fülle des Lebens sein. Auch die Erkenntnis und die Integration von Schattenanteilen unserer Persönlichkeit gehört in diesen Prozess mit hinein. Dass ich lerne, mit Sehnsüchten und Wünschen nach Geborgenheit, nach Zugehörigkeit, nach mir selbst, gut umzugehen und diese so zu integrieren, dass sie gut zu meiner Persönlichkeit gehören.
In der ersten Lesung des Gottesdienstes in der Heiligen Nacht heißt es:
„Das Volk, das in der Finsternis ging, sah ein helles Licht; über denen, die im Land des Todesschattens wohnten strahlt ein Licht auf.“
Dieses Licht, dieser Christus, der im Kind von Bethlehem geboren und geglaubt wird, kann unsere Finsternis erleuchten. Die Finsternis, die Schatten unseres Lebens ebenso wie die Schatten und Dunkelheiten unserer Welt. Lassen wir auch unsere Sehnsüchte und Wünsche von diesem Licht beleuchten, damit wir ihre Wahrheit und Bedeutung für uns erleben können. Damit durch deren Erfüllung unser Herz Ruhe findet in Gott.
P. Sascha Heinze
trat nach einer Ausbildung zum Altenpfleger den Pallottinern bei. Heute lebt er als Rektor der örtlichen Kommunität Österreich in Salzburg und ist als Mitarbeiter im Leitungsteam des PthI in Friedberg tätig.
Bild: Godong Photo/AdobeStock: Darstellung des heiligen Augustinus mit Bischofsstab und brennendem Herz auf einem Glasfenster in der Thi Nghe Kirche inHo-Chi-Minh-Stadt, Vietnam
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