Den Schatz des Glaubens anbieten:
Pallottis Vision eines Apostolates für alle
Vinzenz Pallotti (1795 – 1850) ist von Gott begeistert und für Gott begeisternd. Alle will er mit seiner Begeisterung anstecken. Auf Augenhöhe mit den Menschen zu reden und zu handeln, war ihm wichtig, egal ob Obdachloser auf der Straße, Gefangener im Gefängnis, Kardinal oder Papst. Es fasziniert seine Wachheit für Gott und seine Aufmerksamkeit für die Zeichen der Zeit, dafür, wie Gott in einer jeweiligen Zeit da ist und zum Handeln ermutigt.
Wir leben in einer Zeit vielfältiger Krisen und tiefer Verunsicherung. In unseren Breiten vollzieht sich ein tiefgreifender Wandel in Richtung säkularer Kultur. Immer mehr Menschen sind allem, was mit Gott, Glaube und Religion zu tun hat, gleichgültig gegenüber. Immer mehr wird zur Lebenseinstellung: Ich glaub nix, mit fehlt nix. Das sind Zeichen der Zeit, mit denen wir uns heute auseinanderzusetzen haben.
Vinzenz Pallotti hatte sich zu seiner Zeit mit den Veränderungen und Wirren der französischen Revolution auseinanderzusetzen. Er war klein von Gestalt, aber von ungeheurer Dynamik und Lebenskraft. Er war Römer, 1795 in Rom geboren und 1850 gestorben, ebenfalls in Rom. Sein Leben hat sich in Rom abgespielt, sein Herz und sein Drängen gingen aber weit über Rom und seine Zeit hinaus. Alles, was Gott betrifft, ist für ihn ein großer Schatz, wertvoll wie eine kostbare Perle. Für diesen Schatz lohnt es sich, alles einzusetzen. Gott spricht für ihn durch die Zeichen der Zeit. Dem römischen Weltpriester war jedes Streben nach Karriere und höheren Ämtern suspekt. Allen wollte er alles werden und alle mit dem Schatz des Evangeliums bekannt machen. Er wollte alles tun, damit möglichst alle Menschen mit Gott in Berührung kommen. So sucht er nach Mitstreitern. 1835 gründet er die „Vereinigung des Katholischen Apostolates“, an der sich jede und jeder beteiligen kann, mit den je eigenen Gaben und Fähigkeiten. Seine Überzeugung: alle Menschen sind lebendiges Abbild Gottes und alle Getauften sind in der Nachfolge Jesu Apostel, Gesandte der Liebe Gottes. Das war damals durchaus revolutionär. Seine Vereinigung sollte ein Motor sein, um den Glauben zu verbreiten und die Liebe neu zu entzünden. Es gibt sie bis heute: als eine Priester- und Brüdergemeinschaft, verschiedene Schwesterngemeinschaften und Frauen und Männer in verschiedener Organisationsform.
Attualitá und Entgrenzungen
Wichtig ist für Vinzenz Pallotti, im gegenwärtigen Augenblick ganz da und wach zu sein. Um zu erspüren, wozu die jeweilige Situation herausfordert. Attualitá nennt er diese aufmerksame Geistesgegenwart der ganzen Person. Da sein, wie Gott da ist, und entsprechend leben und handeln. Für Vinzenz Pallotti ist Gott unendliche Liebe und Barmherzigkeit. Diesem Gott wirft er sich immer wieder in die Arme, besonders dann, wenn er sich ganz klein und unwürdig fühlt, wie „ein Nichts“ und „als Sünde“. Gott denkt groß vom Menschen und hilft ihm, seiner Größe als lebendigem Abbild Gottes zu entsprechen. Das macht weit für andere und anderes, ohne Angst haben zu müssen, selbst zu kurz zu kommen. Innerhalb von Kirche und Gemeinden öffnet das für Beteiligung und Synodalität: jede Stimme zählt. Vielfalt kann gelten gelassen werden, Dialog auf Augenhöhe wird möglich und Lernen von Fremden und Andersdenkenden. Attualitá meint für Vinzenz Pallotti, die jeweiligen Situationen und Zeitumstände als Zeichen der Zeit zu sehen, in denen Gott da ist und zum Handeln aufruft.
Wenn Menschen heute nach ihrer Religionszugehörigkeit gefragt werden, antworten sie in den sogenannten neuen Bundesländern oft mit: „Ich bin normal.“ Ich habe es selbst so erlebt. Es gilt in unseren Breiten zunehmend als unnormal, religiös, gottgläubig, christlich oder gar katholisch zu sein und dazu zu stehen. Immer mehr Menschen verlassen sich ausschließlich auf sich selbst, ihr Können und die menschliche und immer mehr auch die künstliche Intelligenz. Gott, Glauben und Religion gegenüber sind sie gleichgültig geworden. Das ist unsere Situation. Das Evangelium aber ist ein kostbarer Schatz für das eigene Leben und für diese Welt. Es lohnt sich, diesen Schatz zu heben und fruchtbar zu machen. In aller Demut, aber voll Selbst- und Gottvertrauen, können wir den Schatz des Glaubens anbieten in einer multikulturellen und in einer einem Gottesglauben gegenüber gleichgültig, ja apathisch gewordenen Gesellschaft.
Es lohnt sich den Dialog zu suchen
Wie Vinzenz Pallotti dürfen wir uns und die Welt immer wieder Gott anvertrauen, besonders dann, wenn wir uns ganz klein und ohnmächtig fühlen. Wir dürfen darauf vertrauen, dass Gott auch jenseits unseres Bemühens Wege zum Menschen findet. Wir alle sind gleichermaßen aufgerufen, den Glauben zu verbreiten und die Liebe neu zu entzünden, allem und allen zum Segen und Heil. Es wird immer bedeutsamer, sich nicht resigniert mit der traurigen Wirklichkeit und ihrer Logik abzufinden, sondern den Dialog zu suchen und zu wagen. Auf Augenhöhe. Immer wieder. Im persönlichen Bereich, zwischen Kulturen, Völkern und Nationen, mit Menschen verschiedener Weltanschauung und Religion, mit denen, die von Gott, Glauben und Religion nichts wissen oder wissen wollen. Positive Überraschungen nicht ausgeschlossen.
P. Heinz-Willi Rivert
Bild: Pallottiner: So sah Oskar Kokoschka (1886 – 1980) Vinzenz Pallotti. Das Gemälde wurde 1961 in Auftrag gegeben, zwei Jahre später, am 20. Januar 1963, wurde der Römer während des Zweiten Vatikanischen Konzils heiliggesprochen.
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