Die Synode ist eine gemeinsame Erfahrung
Teilhabe und Autorität sind kein Widerspruch
Zunächst möchte ich all jenen danken, die vor mir hier auf „Apostel Heute“ geschrieben haben, und ich stelle mich in ihre Fußstapfen, um diese Überlegungen zu dem Thema, das mir vorgeschlagen wurde, zu präsentieren. Ich darf mich vorstellen: Mein Name ist Corrado Montaldo, ich bin Italiener und Mitglied der UAC in der Gemeinschaft Quinta Dimensione.
Ich bin überzeugt, der synodale Weg, den wir nun gehen, ist ein entscheidender Schritt für die Umsetzung des Zweiten Vatikanischen Konzils und ganz allgemein für das Leben der gesamten christlichen Gemeinschaft. Wir glauben, dass Gottes Geist die Kirche auf diesem Weg führt, es ist, einfach gesagt, der Wille Gottes; deshalb streben wir alle danach, jeder in seinem Bereich, mit seinen eigenen Eigenschaften, mit seinem eigenen Willen und mit der Gnade, mit der der Herr uns beisteht. Wir sind uns auch bewusst geworden, dass der synodale Weg keine Erfindung der Moderne ist, keine geniale Idee von irgendjemandem heute, sondern ein Leben, das schon Jesus mit den Jüngern, die um ihn mit ihm versammelt waren, begonnen und dann im Leben der frühen Christenheit fortgesetzt hat. So ist es für uns unerlässlich, diese neue und zugleich uralte Erfahrung zu leben, die zwar nicht immer in ihrer ganzen Fülle gelebt wird, aber immer präsent ist. Ich bin überzeugt, dass es für uns keinen anderen Weg gibt, als diesen „gemeinsamen Weg“ (Synode) zu leben: Wir wissen, dieses „Miteinander“ gilt immer; nicht nur gelegentlich, nicht nur, wenn wir versammelt sind, nicht nur, weil wir Mitglieder derselben Vereinigung sind und uns zu den gleichen Zielen bekennen. Es ist viel mehr. Um uns dies zu verdeutlichen, hat Papst Franziskus sehr klar gesagt: Die Synode ist nicht nur ein Ereignis, sondern ein Prozess; ich würde sagen, eine Erfahrung, die sich über einen längeren Zeitraum erstreckt. Dazu braucht es sicherlich Worte, das Gespräch, und vor allem das Zuhören. Das Wort ‚gemeinsam‘ scheint das Schlüsselwort zu sein. Welchen Wert wollen wir ihm beimessen? Wie kann dieser Weg, an dem alle beteiligt sind, Unterschiede und Entfernungen überwinden, wie kann er ein echter Dienst an der Einheit sein?
Ein Weg der Geschwisterlichkeit, der Liebe und des Vertrauens
Wenn wir „gemeinsam“ sagen, haben wir sofort das Bild einer gemeinschaftlichen Kirche vor Augen, die im Namen Jesu versammelt ist und in der alle einen Platz finden. Das ist das Volk Gottes, das Volk der Getauften, das für alle offen ist, niemanden abweist; hier gibt es alle Berufungen, Lebensbedingungen, Ämter, Aufgaben, Charismen. In diesem Volk gibt es keinen Widerspruch zwischen Teilhabe – Partizipation – und Autorität.
Ich erinnere mich, als wäre es heute, am 13. März 2013, abends, als auf dem Petersplatz die Wahl von Papst Franziskus verkündet wurde. Es waren viele Menschen da, vor allem Römer. Der neue Bischof von Rom sagte: „Und nun lasst uns diese Reise beginnen: Bischof und Volk. Dieser Weg der Kirche von Rom, die in der Liebe den Vorsitz vor allen Kirchen hat. Ein Weg der Geschwisterlichkeit, der Liebe, des Vertrauens zwischen uns. Lasst uns immer füreinander beten. Lasst uns für die ganze Welt beten, damit wir zu einer großen Geschwisterlichkeit finden“. Papst Franziskus, der für uns die höchste Autorität darstellt, wandte sich an uns alle und schlug einen Weg vor, den wir miteinander gehen, als Schwestern und Brüder, die füreinander beten. Aus diesen Worten kann uns nicht entgehen, dass es die Liebe ist, die erlaubt, den Kirchen vorzustehen. Der heilige Vinzenz Pallotti hatte dasselbe in seinem Appell von 1835 geschrieben. Für ihn war die Liebe das einzige wesentliche Element, das es uns ermöglicht, zusammen zu gehen und zusammen zu bleiben. Denn die Liebe ist Gott selbst.
Wir können alles aufgeben, aber nie die Liebe
Als die ersten Schritte auf dem Weg des Evangeliums gemacht wurden, als der Weg der Gemeinschaft „Quinta Dimensione“, der ich angehörte, begann, hörten wir immer wieder diese Ermahnung: wir sind alle verschieden, wir haben unterschiedliche Charaktere, oft unterschiedliche Meinungen und auch sehr unterschiedliche Erfahrungen in unserem Leben gemacht; all dies ist zweitrangig, die Liebe hat stets den Vorrang vor allem … wir können alles aufgeben, aber nie die Liebe; und wenn wir versagt haben, die Liebe hilft uns, immer wieder neu anzufangen. Bitten wir den Herrn, dass er uns helfe, die Liebe ganz konkret zu leben. Wir haben verstanden, dass dies in konkrete Tatsachen, in unser alltägliches Leben, umgesetzt werden muss und nicht ein schönes, zu nichts verpflichtendem Gedankenspiel, bleiben darf. Wir entdeckten, wie schwer es oft ist, treu zu sein, und so baten wir Gott, denn alles kam von ihm. So schienen wir ein wenig zu spüren, was der heilige Vinzenz in seinem Leben erfahren hatte. Dafür muss ich immer dankbar sein.
„Wir haben verstanden, dass dies in konkrete Tatsachen, in unser alltägliches Leben, umgesetzt werden muss und nicht ein schönes, zu nichts verpflichtendem Gedankenspiel, bleiben darf“.
In unserer Gemeinschaft versuchten wir immer die Worte Jesu zur Grundlage unseres Lebens und Handelns zu machen: „Das ist mein Gebot, liebet einander, wie ich euch geliebt habe“ (Joh 13,12). Da gab es auch Bezugspersonen, Gruppenleiter, sowohl für Einzelne als auch für die verschiedenen Aktivitäten. Im Zentrum stand ein Priester, denn er war es, der diesen unseren gemeinsamen Weg begonnen hat. Stehen diese verschiedenen Personen im Widerspruch zur Communio? Sicherlich nicht, wenn alles im neuen Gebot Christi gelebt wurde. Man verstand, was Liebe ganz konkret bedeutet: zu hören, Geduld haben, schließlich auch Gehorsam leisten und die eigene Meinung oder den eigenen Wunsch aufgeben. Es war eine Schule, in der man nicht lernte, vollkommen zu sein, sondern zu lieben.
Autorität von Macht unterscheiden
So näherten sich die verschiedenen einzelnen Lebenswege einem gemeinsamen Weg, auf dem auch die Autorität ihren Platz hat. Der synodale Weg hilft uns, Autorität von Macht zu unterscheiden: Wenn wir Macht als die Möglichkeit zu handeln verstehen, ist das in der Tat sehr gut, denn sie gibt uns die Mittel, um viel Gutes zu tun. Aber es gibt auch eine negative, egozentrische Macht, die nicht Leben, sondern Schmerz hervorbringt, die ihren eigenen Willen, ihren eigenen Geschmack und ihre eigenen Gedanken durchsetzt, ohne nach dem Willen Gottes zu fragen. Die Autorität ist eine große Möglichkeit, für das Gute zu arbeiten und allen zu helfen, das Gleiche zu tun. Deshalb muss man sich immer daran erinnern, dass jede Autorität, jedes Amt, jede Rolle nur in einem Volk Sinn macht, in dem wir uns als Brüder und Schwestern erkennen, und das nicht nur als eine schöne Theorie. Ich füge hinzu, dass dies auch ein Mittel gegen die Einsamkeit derer ist, die irgendein Amt ausüben: Allein kommt man nicht weit, man verliert oft den Weg; in der christlichen Gemeinschaft hilft man sich gegenseitig zum Ziel, man wird gemeinsam gerettet.
Auch die Teilnahme am gemeinsamen Weg ist eine sehr ernste Angelegenheit. Sicherlich ist Teilnahme – Partizipation – ein Recht, aber vor allem, sie ist notwendig; der Beitrag eines jeden zum Weg darf nicht fehlen: nicht als Mitläufer, sondern als Mitverantwortlicher dabei zu sein, und das gilt für jede Berufung. In meinen Erfahrungen des letzten Jahres auf dem synodalen Weg habe ich gesehen, dass die Anwesenheit aller, auch derjenigen, die nie in die Kirche kommen, oder derjenigen, die den Christen sehr kritisch gegenüberstehen, der Personen, die kein Interesse haben, oder des Priesters, der sich nicht beteiligt fühlt, immer eine wichtige Präsenz ist. Darüber hinaus sind viele neue Beziehungen zwischen den Menschen entstanden, die gerade durch das gegenseitige Zuhören und den Austausch entstanden sind, stets ausgehend vom Wort Gottes und vom konkreten Leben im Hier und Jetzt. Es gab sicherlich Müdigkeit, viel Arbeit, aber auch Freude.
Alle sollen zuhören und ihre Stimme erheben
Wir wissen, dass die erste Phase der Bischofssynode „Für eine synodale Kirche: Gemeinschaft, Teilhabe und Sendung“ die Konsultation des gesamten Volk Gottes ist. Alle (also alle Getauften, alle Ämter, alle!) sollen zuhören und auch ihre Stimme erheben. Am Ende des Prozesses, wenn alle Stimmen bei den Hirten angekommen sind, werden sie gültige Anweisungen geben und auch Entscheidungen treffen. Das ist ihr Auftrag, und dabei werden sie die Interpreten der Stimme des Heiligen Geistes sein, der sie größte Aufmerksamkeit schenken müssen. Wir werden alle für sie beten und in Gemeinschaft mit ihnen sein. Ich glaube, dass der Synodale Weg uns vor eine Frage stellt: Sind wir zu einem gemeinsamen Weg verpflichtet? Fragen wir uns noch einmal: Hat dieser Jesus, dem wir auf unserem Weg begegnet sind, den der heilige Vinzenz so sehr geliebt hat, dass er wollte, dass alle ihn kennenlernen, uns sein Leben mitgeteilt, das Leben mit dem Vater und dem Geist, das Leben seiner Familie, die Liebe? Haben wir verstanden, dass, auch wenn wir alle Sünder sind, die Liebe Jesu, die er uns schenkt, damit wir sie weiterschenken, uns rettet und uns zur Kirche macht? Was müssen wir darüber hinaus noch tun? Vielleicht müssen wir immer wieder den großen, schweren Schritt vom Ich zum Du machen, vom Ich, das um sich selber kreist, zum Du der unendlichen Liebe, das aus den Vielen, die wir sind, eine Gemeinschaft formt. Der Wille zur Communio, zur Gemeinsamkeit, ist wie ein Wasser, das wir alle trinken müssen, um zu leben. Alle: Ordensleute, Kleriker, Laien, Familien, Gemeinschaften, Schulen, Pfarreien … Wie die Jünger sollten wir immer wieder in die Schule des Herrn zurückkehren, in der Er allein der Meister ist und wir unser ganzes Leben lang demütig lernen: lernen, was Gemeinschaft bedeutet; lernen, gemeinsam zu gehen mit Ihm und unseren Brüdern und Schwestern. Alle, ohne Ausnahme, vom Kleinsten bis zum Größten. „Es gibt nicht mehr Juden und Griechen, nicht Sklaven und Freie, da ist weder Mann noch Frau, denn ihr seid alle eins in Christus Jesus (Gal 3,28)“. War es nicht einer der größten Wünsche des heiligen Vinzenz, dass alle, ohne Unterschied, zusammenarbeiten, um in allen die Gegenwart Jesu Christi zu wecken? Wie können wir das erreichen? Tun wir dies indem wir uns gut organisieren, indem wir uns feste Regeln geben, nur in einer hierarchischen Struktur? All diese Dinge sind wichtig, aber nicht entscheidend, sie garantieren nicht, dass wir zusammen unterwegs sind. Vinzenz wusste, „wenn ich die Liebe nicht hätte“ wäre alles Mühen umsonst. Heute geht die Kirche in Gemeinschaft, in Synodalität: Wollen wir miteinander und mit allen lernen, wie wir das Geschenk der Communio, der Gemeinsamkeit, erbitten, empfangen und leben können? Ich denke, das ist unsere Sehnsucht und ein großer Wunsch.
„Damose da fa‘ e volemose bene, semo romani!“
Ich möchte Ihnen allen, Mitgliedern und Freunden der pallottinischen UNIO, für Ihr Zeugnis und für diesen gemeinsamen Weg danken. Ich möchte an alle weitergeben, was Papst Johannes Paul II. in einer Audienz vor den Priestern Roms (er war schon sehr krank) in römischem Dialekt gesagt hat: Machen wir uns an die Arbeit, lieben wir uns, seien wir Römer! (im Dialekt hieß es: „Damose da fa‘ e volemose bene, semo romani!“). Ich könnte jetzt sagen: Wir sind Schwestern und Brüder, die gemeinsam, insieme, auf dem Weg sind. Ist solch ein Wunsch zu naiv? Bitten wir Maria, die Königin der Apostel: „führe uns zusammen!“
Corrado Montaldo UAC
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