Richtet euren Blick auf das Licht, das von der Auferstehung Christi ausgeht

Monatliche Reflexion der UNIO für Mitglieder und Interessierte - April 2023

Für die Unio-Monatsbotschaft „Apostel heute“ wurde ich gebeten, den Blick auf das Licht zu richten, das von der Auferstehung Christi ausgeht. Ich bedanke mich für das Vertrauen und möchte gern meine Gedanken zu diesem Thema mit Euch teilen.

Die Erde ist kein Museumsstück

Lumen Christi – das Licht der Auferstehung. Was darf man sich darunter vorstellen, und gibt es so etwas auch für mich, in meinem kleinen Leben?

„Lumen Christi“ rufen wir in der Osternacht. Licht des Auferstandenen. Ein Licht, das nicht angeschaltet wird und den Raum erhellt, sondern eines, das vor allem in dunklen Stunden in uns leuchtet, und das in unseren Taten auch für andere sichtbar wird. Damit ist es unabhängig von Lampen, Feuerzeugen und Kerzen. Es ist kein Licht, das man daheim vergessen kann und dann nicht hat, wenn man es dringend braucht. Dieses Licht ist vielmehr immer dabei, wenn man es erst einmal hat.

Licht muss auf etwas treffen, sonst kann es weder leuchten noch wirken. Das Licht Christi erhellt uns Menschen, und wir haben das bitter nötig. Diese Unfertigkeit von uns Menschen dürfen wir dabei als Teil des göttlichen Schöpfungssplans unterstellen. Gott hatte bei der Erschaffung der Welt offenbar völlig anderes im Sinn als ein fertig-vollkommenes Museumsstück. Es ging ihm nicht um eine Erde ohne Naturkatastrophen und menschliches Totalversagen. Es ging ihm kaum um eine fehlerfrei funktionierende „Krone der Schöpfung“. Nein, die Erde besteht aus göttlicher Vielfalt und absichtsvoller Verschiedenheit. Mit den Menschen als Akteuren darin, die sich diesen komplexen Planeten „untertan“ machen sollen. Das ist weniger ein Freifahrtschein oder eine Einladung zur Willkür, sondern eher Aufgabe und Verantwortung. Beide Möglichkeiten der Interpretation legt Gott aber ohne Einschränkung in die Entscheidungsfreiheit des Menschen.

Diesen in der Genesis formulierten Auftrag (1. Mose 1:26-31) möchte ich manchmal so lesen:
„Ich leihe Euch hiermit mein vielleicht bestes Werk, an dem ich sehr hänge. Ich hatte wirklich viel Arbeit mit Eurem Planeten und dem Entwurf aller Millionen von Lebewesen. Vor allem habe ich mich mit Euch Menschen beschäftigt. Ich habe große Hoffnung in Euch gelegt, und Ihr seid darüber natürlich furchtbar kompliziert geworden, aber eigentlich wollte ich Euch genauso so haben: In ihrer Entscheidung freie Lebewesen – gerade auch, was die Unterscheidung von richtig und falsch angeht. Und weil nur Ihr das könnt, liebe ich Euch mehr als alles andere auf der Welt. Unendlich viel mehr, als ihr jetzt schon verstehen könnt! Ganz ehrlich: hätte ich Euch wirklich anders gewollt, hätte ich Euch doch nur anders machen müssen.

Also, macht das Beste daraus. Ich wünsche mir, dass Ihr Eure Riesenchance auf ein erfülltes Leben in Liebe und Verantwortung nutzt, indem Ihr am besten immer Herz und Verstand einschaltet (wofür hättet Ihr sonst beides?). Denn es gibt auch etwas, das ich gar nicht möchte: irgendwann einen sterbenden Schrotthaufen namens Erde von Euch zurück bekommen. Der dem Eigensinn und der Gier von Menschen zum Opfer gefallen ist, die sich immer mehr um sich selbst als um andere kümmern! Doch ich habe unendliches Zutrauen in Euch. Vielleicht melde ich mich zwischendurch einmal, aber Ihr wisst ja, wie Ihr mich findet. Bleiben wir in Kontakt!“.

Apostel – Zeugen des Lichts

Wo aber zeigt sich das Licht Christi bei dessen ersten Aposteln, wie wir sie aus dem Neuen Testament kennen? Waren sie eine gute Spiegelfläche für das Licht, das Jesus nicht mittels Propheten, sondern höchstpersönlich und als Mensch in die Welt brachte? Schließlich saßen diese Apostel doch „direkt an der Quelle“, durften Jesus exklusiver als alle anderen persönlich kennenlernen und sogar einige Jahre mit ihm leben. Zeitzeugen – in unmittelbarer Nähe der Lichtquelle. Konnte da überhaupt etwas schiefgehen?

Auf den ersten Blick wohl durchaus. Denn anders als zum Beispiel der schlecht angesehene, reiche Zollpächter Zachäus (Lukas 19, 1-10), der nur für Stunden mit Jesus zusammentraf, um daraufhin sofort sein ganzes fragwürdiges Leben umzukrempeln, zeigen die Apostel der Bibel durchaus sehr unterschiedliche Seiten ihrer Persönlichkeit.

Schauen wir auf Petrus. Der Fels, auf dem Jesus seine Kirche bauen will – und ihm das auch ganz klar zu verstehen gibt. Als Petrus über das Wasser des Sees laufen soll, lassen ihn seine Zweifel schnell versinken. Als aber Jesus nach dem Verrat des Judas festgenommen wird, schlägt derselbe, höchst entschlossene Apostel Petrus dem Malchus ein Ohr ab (Johannes 18,10-11). Er zeigt seine Verteidigungsbereitschaft und Loyalität in aller Öffentlichkeit, was sicher nicht ungefährlich für ihn war. Doch schon bald darauf ist eben dieser kämpferische Petrus wieder verschwunden, wenn er in seiner Verzagtheit dreimal leugnet, Jesus auch nur zu kennen. Wie passt das zusammen? Bei Thomas entsteht ebenfalls ein seltsamer Eindruck. Er war Jesus lange gefolgt (Johannes 15,15), gehörte als „Jünger“ zum engsten Kreis des wandernden und lehrenden Meisters. Den Auferstandenen (Johannes 20,19-29) aber erkannte er nicht als Jesus, der immerhin sein Freund war – womit zuvor auch schon zwei seiner Gefährten ihre Probleme hatten: als sich der auferstandene Jesus zu ihnen gesellte und sie die Wahrheit spürten, aber nicht wahr haben wollten. Weil nicht wahr sein darf, was für den menschlichen Geist nicht wahr sein kann? (Lukas 24,32). Nun, und dann ist da noch Judas, Inbegriff des Verräters, seit 2000 Jahren ohne jede Vergebung der Menschheit für seine Tat.

Das Licht hört nicht auf zu leuchten

Persönlich habe ich Sympathie für die kleineren Patzer und auch einiges Verständnis für das große menschliche Versagen der ersten Apostel. Denn es ist angesichts eigener Unzulänglichkeit doch auch eine Erleichterung zu sehen, wie selbst die engsten Freunde Jesu an sich selbst scheitern, und wie sie sich danach immer besinnen und wachsen – mit Gottes Zusicherung seiner Vergebung und Hilfe. Auch und vor allem Judas Iskariot spürte schnell die Ungeheuerlichkeit seiner Tat, die ihn als Mensch entstellte und von sich selbst völlig entfremdete. Dass er in seiner Verzweiflung von seinem Blutgeld nichts mehr wissen wollte und nicht weiterleben konnte, prüft auch unsere eigene Moralität: Wer sind wir, über seine Taten zu richten? Niemand von uns kann wissen, wie wir selbst in einer vergleichbaren Situation handeln würden; welche Auswege wir sähen, die ein anderer, gequälter Mensch nicht mehr erkennt. Umso mehr verhält es sich so mit Petrus‘ berühmter Leugnung und allen Zweifeln der Jünger: Man muss zum einen die gleiche Erfahrung und es dann auch noch besser machen, um sich anderen überlegen fühlen zu dürfen. Die ersten Apostel sagen uns auf diesem Weg, dass auch wir weiß Gott (!) nicht perfekt sein müssen.

Es ist ungemein tröstlich und das vielleicht Wertvollste an unserem Glauben, dass Gott uns mit allen Zweifeln, Fehlern und auch den ganz großen Sünden niemals aus dem Auge verliert oder aufgibt. Niemals, wirklich nie scheint das Maß seiner Güte endgültig voll zu sein. Denn das Licht der Auferstehung scheint immer auf uns, und was wir zu Lebzeiten nicht sehen und verstehen, wird uns hoffentlich spätestens bei unserem Heimgang deutlich.

Das Licht weitergeben – zum Licht werden

In der Unio erkennen wir als Getaufte ganz bewusst die Berufung zum Apostolat an; und auch Du liest, wie viele andere auf der Welt, gerade eine Ausgabe von „Apostel heute“. Du bist gemeint mit „Apostel“. Mit Blick auf diese ersten Apostel dürfen wir überlegen, wie weit wir ihnen und den Heiligen und Märtyrern folgen wollen. Oft schauen wir in dieser Frage natürlich zuerst auf unsere eigenen Zweifel und Unvollkommenheiten. Übersehen sollten wir dabei aber nie, für welche guten Entwicklungen wir bisher vielleicht sogar schon genug Glauben und Kraft hatten. Was wir geschafft und gut gemacht haben, und wo uns das Licht schon erreicht hat.

Es war ein großes Glück für mich, mit 10 Jahren das Vinzenz-Pallotti-Kolleg in Rheinbach besuchen und dort viele Pallottiner intensiv kennenlernen zu dürfen. Heilig war vermutlich niemand von Ihnen, was für uns Jungs tatsächlich enorm beruhigend war, da wir unsere Lehrer und Präfekten als sehr nahbar und authentisch erlebten. Und ja, sie waren Apostel. Nicht selten konnte man erleben und spüren, wem sie nachfolgten, wem sie sich gewidmet hatten. Viel Pallotti steckte in diesen Männern, die verschiedener nicht sein konnten, und dennoch gemeinsame Sache machten.

Es müssen tatsächlich nicht die ganz schweren Zeugnisse sein, um mit sich selbst ins Reine zu kommen. Nicht jede(r) kann ein Pallottinerpater Franz Rheinisch sein, der den Fahneneid auf Hitler verweigerte und sich damit für das Todesurteil entschied. Oder ein Vinzenz Pallotti, der es machte wie St. Martin und bei großer Kälte seine Kleidung mit einem Bedürftigen teilte – was ihn dem eigenen Tod näherbrachte.

Die meisten von uns kommen dieser Tage glücklicherweise nie in Situationen, bei denen es gleich um das nackte Überleben geht, – nur weil wir unseren Glauben leben wollen. Darum sind wir bitte dankbar dafür, dass wir anderen ganz viel schenken können, ohne uns selbst aufgeben oder in Gefahr begeben zu müssen. Dass wir das Licht weitergeben dürfen, indem wir zum Beispiel mit einem einsamen, enttäuschen oder hilfsbedürftigen Menschen Kontakt aufnehmen, damit bei diesem eine Kerze zu leuchten beginnt. Je mehr wir von diesem Licht weitergeben, desto mehr werden wir für die Menschen um uns herum selbst zum Licht, und können diese damit anstecken.

Den ganz persönlichen Segen solcher Oster-Erfahrungen wünsche ich Euch allen
– für jeden Tag im Jahr

Stefan H. Heuel UAC, Deutschland

Quelle: Apostel heute, Monatliche Reflexion für die Mitglieder der UNIO im April 2023, Hrsg.: Union des Katholischen Apostolats (Pallottinische Unio), Rom. Bild: vladischern adobe stock.

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