Herzen, die brennen - Füße, die nicht still stehen
Reflexion für die Mitglieder der pallottinischen Unio - von Pater Daniel Rocchetti aus Brasilien
Schon seit vielen Jahren ist der Monat Oktober zu einem Brennpunkt des Missionsbewusstseins und der missionarischen Aktivitäten geworden. Der Weltmissionssonntag, der immer am vorletzten Sonntag dieses Monats stattfindet, wurde 1926 von Papst Pius XI. eingeführt, und es ist diesem Tag des Gebets, der Mobilisierung und des Zusammenunterwegssein zu verdanken, dass der ganze Monat als „Missionsmonat“ bekannt geworden ist!
Mission ist nicht etwas, an das nur an einem Monat des Jahres denkt. Wir wissen, dass Mission lebenswichtig und wesentlich ist, damit die Kirche wirklich Kirche sein kann: „Die Kirche ist ihrem Wesen nach missionarisch“, lehrt das Dekret Ad Gentes des Zweiten Vatikanischen Konzils. Auch das nachkonziliare päpstliche Lehramt hat dieses kirchliche missionarische Selbstverständnis vertieft und verdeutlicht (1). So schrieb Papst Benedikt XVI. 2012 in seiner Botschaft zum Weltmissionstag, dass die Mission ad gentes in der Tat das „Paradigma jeder kirchlichen Aktivität“ sei! Papst Franziskus hat diesen Ausdruck in seinem Apostolischen Schreiben Evangelii Gaudium aufgegriffen und bei einem Treffen mit dem Verwaltungsrat des CELAM – der Bischofskonferenz von Lateinamerika und der Karibik – erklärt, dass das „Paradigma das entscheidende Kriterium”, der Maßstab für alle kirchlichen Einrichtungen und Aktivitäten ist. Mit anderen Worten: Der Wert all dessen, was die ganze Kirche tut, wird daran gemessen inwieweit es der Mission, Verkündigung, Evangelisierung dient!
Aber warum das? Nur um der Propaganda willen? Oder um die Zahl der Gläubigen zu erhöhen? Entsteht die Mission aus dem Drang zur Proselytenmacherei? Oder besteht die Mission aus dem Wunsch nach Macht, um die Kirche zu stärken oder eine Vorherrschaft des Christentum anzustreben?
Nein! Das können nicht die Motive der Mission sein! Das sind nicht die Gründe, warum die Mission wirklich entscheidend ist und die sine-qua-non-Bedingung dafür ist, dass die Kirche wirklich Kirche ist.
Die Mission ist wesentlich, weil sie das unmittelbare Ergebnis, die sichtbare Folge, das Überfließen der Erfahrung des Glaubens und des Heils ist, die Frucht der innigen Begegnung mit Jesus, der das Leben gibt und es in Fülle gibt (vgl. Joh 10,10)!
Wir brauchen ein neues Pfingsten
Als die Bischöfe Lateinamerikas und der Karibik 2007 zu ihrer fünften Konferenz in Aparecida (Brasilien) zusammenkamen, erkannten sie diese einzigartige und heilbringende Erfahrung als Motivation für die gesamte missionarische Tätigkeit der Kirche an. Dies forderten sie im Schlussdokument der Fünften Konferenz:
„Wir dürfen diese Stunde der Gnade nicht ungenutzt lassen. Wir brauchen ein neues Pfingsten! Wir müssen hinausgehen, um Menschen, Familien, Gemeinschaften und Völkern zu begegnen, um ihnen das Geschenk der Begegnung mit Christus mitzuteilen und mit ihnen zu teilen, ihnen zu sagen, wer unserem Leben „Sinn“ gibt, es mit Wahrheit und Liebe, Freude und Hoffnung erfüllt! Wir können nicht passiv in unseren Tempeln sitzen und warten, sondern müssen dringend in alle Richtungen hinausgehen, um zu verkünden, dass das Böse und der Tod nicht das letzte Wort haben, dass die Liebe stärker ist, dass wir durch den österlichen Sieg des Herrn der Geschichte befreit und gerettet worden sind, der uns als Kirche zusammenruft und die Zahl seiner Jünger vervielfachen will, um sein Reich auf unserem Kontinent zu bauen! Seien wir Zeugen und Missionare: in den großen Städten und auf dem Land, in den Bergen und Wäldern unseres Amerikas, in allen Umgebungen des sozialen Zusammenlebens, auf den verschiedensten ‚Areopagen‘ des öffentlichen Lebens der Nationen, in den extremen Situationen der Existenz, indem wir ad gentes unsere Sorge für die universale Sendung der Kirche übernehmen“.
Mitteilen, welch ein Geschenk die Begegnung mit Christus ist
Neben dem inspirierenden, begeisterten und ansteckenden Inhalt dieser Worte machten die Bischöfe deutlich, dass ein Mensch nur dann missionarisch tätig sein kann, wenn Jesus der Mittelpunkt seines Lebens geworden ist. “Wir müssen hinausgehen, um Menschen, Familien, Gemeinschaften und Völkern zu begegnen, um ihnen mitzuteilen, welch ein Geschenk die Begegnung mit Christus ist, er, der unserem Leben mit „Sinn“ gibt, es mit Wahrheit und Liebe, Freude und Hoffnung erfüllt.” Es stimmt also, dass wir ad gentes hinausgehen und den Menschen begegnen müssen, aber das wird nur möglich sein, WENN – und „nur“ WENN – Er, Christus, unser Leben mit Sinn erfüllt hat und weiterhin erfüllt…
Wenn nun Jesus in der Lebens- und Glaubenserfahrung eines Menschen keinen zentralen Stellenwert mehr hat, wird dieser Mensch nicht im Geringsten dazu gedrängt, hinauszugehen, um anderen zu begegnen, zu evangelisieren, zu dienen und zu lieben. Bereits Papst Johannes Paul II. hat den Zusammenhang zwischen der Erfahrung des Glaubens an Christus und der missionarischen Kraft verdeutlicht: „In der Geschichte der Kirche ist der missionarische Impuls nämlich immer ein Zeichen der Vitalität gewesen, so wie sein Rückgang ein Zeichen einer Glaubenskrise ist“ (Redemptoris Missio, 2). Die Mission ist also das Ergebnis einer tiefen Glaubenserfahrung… andererseits wäre Gleichgültigkeit, Schwäche und sogar die Infragestellung des missionarischen Handelns das Zeichen einer Krise… Zeichen, dass der Glaube in eine Krise geraten ist… einer Krise des Glaubens!
Ein verliebtes Herz
In diesem Sinne können wir die Botschaft von Papst Franziskus zum diesjährigen Weltmissionstag am besten verstehen. Inspiriert von der Episode der Jünger auf dem Weg nach Emmaus (vgl. Lk 24,13-15), schlug er folgendes Thema vor: „Herzen, die brennen – Füße, die nicht still stehen“.
Nach den Worten des Papstes „waren diese beiden Jünger verwirrt und desillusioniert, aber die Begegnung mit Christus im Wort und im gebrochenen Brot entfachte in ihnen die Begeisterung, sich auf den Weg nach Jerusalem zu machen und zu verkünden, dass der Herr wirklich auferstanden ist“. Papst Franziskus weist auf diese notwendige Erfahrung des Glaubens hin, die das Herz erwärmt, und lehrt, dass sich aus dieser Erfahrung heraus die Augen öffnen, um den Herrn zu erkennen, und das unsere Füße uns hinaustragen, um ihn zu verkünden.
Der gläubige Christ ist derjenige, der sich für Jesus entscheidet, seine Gebote annimmt und versucht, sie zu leben. Das Herz dieses Gläubigen muss ein Herz der Liebe und daher von der Caritas Christi gedrängt sein. Es darf auch nicht mit „verrückt vor Liebe“ verwechselt werden. Denn wenn unser Gründer Vinzenz Pallotti schreibt: „Gott allein, allein, allein, allein… Mein Gott allein!“ (OOCC X,66) – und er schreibt es so, immer und immer wieder – würde ein ahnungsloser Mensch vielleicht denken, er sei verrückt… aber ein Dichter würde in dieser Wiederholung der Worte – gerade weil sie das wahre Gefühl nicht ausdrücken können – ein verliebtes Herz erkennen! “Der Beweggrund seines Lebens, seine persönliche Heiligkeit, seine Art, die Kirche zu verstehen und zu leben, wie auch die Früchte seines Engagements gründen in seiner mystischen Gotteserfahrung” (2): Aus einem von der Glaubenserfahrung der unendlichen Liebe und Barmherzigkeit Gottes erfülltem Herzen entspringt die ganze apostolische Kraft unseres Gründers.
Das ist es auch, was uns Papst Franziskus in seiner Botschaft zum Weltmissionssonntag uns sagt: “Man kann dem auferstandenen Jesus nicht wirklich begegnen, ohne von dem Wunsch beseelt zu sein, allen von ihm zu erzählen. Deshalb sind die erste und wichtigste Ressource für die Mission sind diejenigen, die den auferstandenen Christus in der Heiligen Schrift und in der Eucharistie erkannt haben und die sein Feuer in ihren Herzen und sein Licht in ihren Augen tragen. Sie können Zeugnis geben von dem Leben, das niemals stirbt, selbst in den schwierigsten Situationen und den dunkelsten Momenten.”
Eine Erfahrung des Glaubens, die das Herz erwärmt
Wir könnten hier viele apostolische und missionarische Überlegungen anstellen, ebenso wie viele Modelle und Pläne vorstellen. Sie sind in der Tat notwendig, denn Mission geschieht nicht spontan: Sie erfordert Überlegungen, Pläne und Organisation. Aber all dies ist ein zweiter Schritt. Es kommt an zweiter Stelle. Die missionarische Kraft kommt aus der Erfahrung des Glaubens, der das Herz erwärmt. So werden die Füße nur dorthin gehen, wo sie hingehen müssen, und die Hände werden nur diejenigen erreichen, die sie umarmen müssen, wenn die Herzen der Gläubigen bereits davon überzeugt sind, dass Jesus zuerst gekommen ist und sie umarmt, willkommen geheißen und geliebt hat und für ihre Lebensgeschichte entscheidend geworden ist. Nur den man liebt, kann man evangelisieren; nur wenn man Christus liebt, kann man evangelisieren.
Deshalb muss die erste Haltung eines Missionars darin bestehen, ein tiefes und inniges Leben mit Jesus, dem Apostel des ewigen Vaters, durch das Wort, die Eucharistie und die Gemeinschaft zu pflegen. Wenn wir von Christus ausgehen und in seiner Liebe bleiben (vgl. Joh 15,9), werden wir aktiver, missionarischer und apostolischer sein!
Fragen für das persönliche und gemeinschaftliche Gebet:
1. Ist die Person des auferstandenen Jesus Christus wirklich wesentlich, entscheidend, für mein Leben?
2. Wenn ja, warum habe ich nicht den Mut, „aus mir herauszugehen“ und auf andere zuzugehen, um die große Freude des Glaubens zu verkünden?
3. Woher kommt die Angst, die mich lähmt und einkapselt, die mich meiner missionarischen Begeisterung beraubt?
4. Wie wäre es, wenn Sie diese lähmende Angst benennen und mit ihr beten und sie Jesus übergeben, damit er Ihnen hilft, sie zu überwinden?
Pater Daniel Rocchetti SAC, Brasilien
(1) Papst Paul VI, Apostolisches Schreiben Evangelii Nuntiandi (1975); Papst Johannes Paul II, Redemptoris Missio (1990); Papst Franziskus, Apostolisches Schreiben Evangelii Nuntiandi (2013)
(2) Ratio Institutionis der Gesellschaft des Katholischen Apostolates, Nr.79, Rom 2004. (Der Text der „Ratio Institutionis SAC“ in sechs Sprachen ist zu finden unter www.sac.info, SAC Dokumente – IDENTITÄT DES SAC, Ratio Institutionis)
Quelle: Apostel heute, Monatliche Reflexion für die Mitglieder der UNIO im Oktober 2023, Hrsg.: Union des Katholischen Apostolats (Pallottinische Unio), Rom. Foto: De Visu Adobe Stock.
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