Papst Johannes Paul II. schätzte Vinzenz Pallotti

Aus der Geschichte der pallottinischen Familie

Für den Römer Vinzenz Pallotti war die Liebe und Treue zum Papst, dem Bischof von Rom, von kleinauf selbstverständlich und diese Liebe und Treue gehörte für ihn wesentlich auch zu seiner Gründung. Das bestimmt von Anfang an das Verhältnis von Pallotti und dem Katholischen Apostolat zu den Nachfolgern des hl. Petrus. Wenn wir, Mitglieder und Freunde der pallottinischen Familie, einen Blick auf die Geschichte „die Päpste und Vinzenz Pallotti“ richten, dann geht es nicht darum, unser Wissen zur Geschichte des Katholischen Apostolates zu vertiefen, sondern der Blick auf unsere Geschichte, eingebettet in die Geschichte der Kirche, soll in uns die Dankbarkeit stärken, dass Gott uns den hl. Vinzenz Pallotti geschenkt hat. Von ihm können wir lernen, Visionen zielstrebig in die Tat umzusetzen und bei Schwierigkeiten nicht aufzugeben; wir können sehen, wie seine Ideen, wie sein Charisma, sich durch die Zeiten entwickelt hat, und dies hilft uns, mit Zuversicht in die Zukunft zu schauen.

Karol Wotyla – ein Nicht-Italiener

Vor hundert Jahren, am 18. Mai 1920, wurde in Wadowice, Polen, Karol Wotyla geboren, der als Papst Johannes Paul II. in die Geschichte einging. Vor fünfzehn Jahren, am 02. April 2005, starb er in Rom. Was zwischen diesen beiden Daten geschah, füllt Bände. Nur kurz seien einige wichtigen Daten genannt: nach dem Abitur geht es 1938 nach Krakau an die Universität; in der Kriegszeit arbeitet er in den Solvay-Werken und beginnt im klandestinen Priestersemiar sein Studium. 1946 Priesterweihe und Aufbaustudium in Rom, nach seiner Rückkehr Mitarbeit in der Pfarrseelsorge, Professor an der Katholischen Universität in Lublin. Papst Pius XII. ernennt ihn 1958 zum Weihbischof; Papst Paul VI. 1964 zum Bischof von Krakau und 1967 zum Kardinal. Im Oktober 1978 ist es die große Überraschung, dass nach Jahrhunderten zum ersten Mal ein Nicht-Italiener gewählt wird. Für die pallottinische Familie gab es viele Gründe, sich zu freuen: der neue Papst kennt uns. Der 22. Juni 1986 wird daher als ein ganz besonderer Tag in die Geschichte unserer Gemeinschaft eingehen. Papst Johannes Paul II. hatte die Einladung, unser Haus, das Generalat in Rom, zu besuchen angenommen und sich für diesen Tag angemeldet. P. Martin Juritsch, Generalrektor, hatte dazu die Provinzoberen aus Europa und einige der ehemaligen Studenten, die nach dem Krieg in unserem Internationalen Kolleg in Rom waren, eingeladen. So ein Tag musste gut vorbereitet werden und schon am Abend vorher waren viele Polizisten in der Nähe unseres Hauses postiert. Viele wollten gern an diesem Gottesdienst in San Salvatore in Onda teilnehmen, weitmehr als Platz war, und so musste man für diese hl. Messe am Sonntagmorgen Eintritsskarten ausgegeben.

Generalat der Pallottiner in Rom
Blick von der Ponte Sisto: das Generalat unserer Gemeinschaft in Rom.

Begegnungen mit den Söhnen des hl. Vinzenz Pallotti

In seiner Ansprache sagte der Papst: „Ich bin zu diesem Ort und zu dieser Gemeinschaft gekommen, weil meine persönliche Geschichte von vielen und bedeutenden Begegnungen mit den Söhnen des hl. Vinzenz Pallotti markiert ist. In Wadowice, der Stadt in der ich geboren bin, steht die Wiege der Pallottiner in Polen.“ (Im Jahr der Gründung, 1909, gehörte Wadowice im Erzbistum Krakau, politisch zu Oesterreich-Ungarn, und der Vater des Papstes hat in der Oester-reichischen Arme gedient.) 1909 wurde dort das Marianum, eine Nachwuchsschule, errichtet – der Papst hat selbst einmal erzählt, dass er als Jugendlicher zusammen mit den Pallottiner-Schülern Fußball gespielt hat). „In meiner Jugend und später als Priester und Bischof gab es viele Kontakte. Nicht ohne Bewegung aber mit Dankbarkeit denke ich an jene fernen Tage im November 1946 zurück, als ich nach Rom kam, um meine Studien zu vervollkommnen und hier in dieser Gemeinschaft aufgenommen wurde. Obwohl mein Aufenthalt nicht lang war, habe ich doch das frohe, brüderlichen Klima nicht vergessen.“ Als er nach seiner Priesterweihe nach Rom kam, war ein Platz im Belgischen Kolleg für ihn vorgesehen – aber da waren noch Umbauarbeiten und da sein Bischof und er die Pallottiner kannten – ich vermute, die Kontakte liefen über P. Adalbert Turowski, den der künftige Papst gut kannte – wohnte er fast sechs Wochen in unserem Haus. Nach der hl. Messe an jenem Juni-Sonntag 1986 frühstückte er zusammen mit uns und besuchte dann die Privatkapelle Pallottis, das kleine Museum und das Zimmer Pallottis.

Sonderaudienz: „Bleibt in Liebe mit der Kirche vereint“

Kardinal Wotyla nahm an allen vier Sitzungsperioden des II. Vatikanischen Konzils teil und arbeitete zusammen mit unserem Generaloberen P. Wilhelm Möhler in der Kommission, die das Dekret über das Apostolat der Laien vorbereiteten. Später, als Bischof von Rom besuchte er alle drei pallottinischen Pfarreien in dieser Stadt (Königin der Apostel, in der Via Giuseppe Ferrari; Regina Pacis in Ostia; San Vincenzo Pallotti in Pietralata), und wenn immer ein Generalkapitel der Patres- und Brüdergemeinschaft, oder der Pallottinerinnen war, empfing er die Teilnehmer zu einer Sonderaudienz mit einer Ansprache – einmal freilich sagte er, die Ansprache könnt ihr zuHause lesen und hat frei zu uns gesprochen gesprochen. Oft durften kleinere Gruppen an der hl. Messe in seiner Privatkapelle teilnehmen und wurden nachher von ihm begrüßt. Wichtig ist auch die Ansprache, die er bei einer Sonderaudienz an die pallottinische Familie am 2. November 1985 hielt, dem Jahr, in dem der 150ste Geburtstag der UNIO, der Vereinigung des Katholischen Apostolates, gefeiert wurde: „Bleibt in Liebe mit der Kirche vereint auf ihrem Weg durch unsere Zeit.“ (P. Jan Kupka SAC hat die Ansprachen des Papstes an die pallottinische Familie in einem Buch herausgegeben, das freilich bisher nur auf Italienisch und Polnisch erschienen ist).

Vinzenz Pallotti war offen für das Wirken des Geistes

Die Ansprachen und Predigten von Papst Johannes Paul II. zeigen immer wieder, dass er nicht nur die Pallottiner, sondern auch unseren Gründer kannte. Oft wies er auf die Berufung aller Getauften hin, heilig und Apostel zu sein. So sagte er am 22.Juni 1986: „es reicht nicht, sich nur der Vergangenheit zu erinnern, nein, dies soll uns anspornen über die Gegenwart nachzudenken und die Zukunft ins Auge zu fassen.“ Dann wies er auf Papst Johannes XXIII. hin, der Pallotti ein Vorbild gelebter Nächstenliebe nannte, der in seiner Zeit ein nimmermüder Apostel, geistlicher Begleiter war, der andere mit deiner Begeisterung anstecken konnte, er war in vielfacher Hinsicht einfach wunderbar, „Der hl. Vinzenz Pallotti“ – so fügte Johannes Paul II. hinzu – „war das Beispiel einer Person, offen für das Wirken des Geistes, der mit Hochherzigkeit darauf antwortete, sich von dem Geist führen ließ, der ja die Seele der Kirche ist, die Quelle des Lebens, und die Kraft für jede apostolische Arbeit; er war erfüllt mit brennender Leidenschaft für das Heil der Seelen. Pallotti hat sich stark dafür eingesetzt und viel gebetet, dass Gott der Kirche viele heilige Berufungen schenke und dass viele junge Menschen mit Freude und Hochherzigkeit dem Rufe Jesu folgen, in die Welt hinaus zu gehen und zu verkünden: Das Reich Gottes ist nahe!“ und er schloss mit dem Aufruf: „Fahrt fort, euer Engagement zu vervielfachen, damit das, was Vincenzo Pallotti prophetisch verkündet und das II. Vatikanische Konzil autoritativ bestätigt hat, eine glückliche Wirklichkeit wird und alle Christen authentische Apostel Christi in der Kirche und in der Welt sein können.“

Eröffnung des Zweiten Vatikanischen Konzils in Rom
Feierliche Eröffnung des Zweiten Vatikanischen Konzils am 11. Oktober 1962 in der Peterskirche, die als Konzilsaula diente.

Papst Johannes Paul II. kannte uns gut

Dankbar dürfen wir auch für das Vertrauen sein, dass Papst Johannes Paul II. uns entgegebrachte. So war es sein audrücklicher Wunsch, dass die Pallottiner die Sorge für die große Wallfahrtskirche „Königin des Friedens“, in Yamoussouskro, Elfenbeiküste, übernehmen. Oft betraute er Pallottiner mit besonderen Aufgaben: da war P. Eugen Weron, Professor für Dogmatik an unserer Hochschule in Polen, der viel über die Aufgabe der Laien in der Kirche geschrieben hat, er wurde zum Experten zur Bischofs-Synode 1987 eingeladen. Als Erzbischof vonKrakau arbeitete er viel mit P. Alois Orszulik zusammen, der in den schwierigen Jahren des Umbruchs Sprecher der polnischen Bischofskonferenz war und an dem „Runden Tisch“ der Gespräche zwischen den Vertretern der Solidarnosc und der kommunistischer Regierung teilnahm. Im Jahre 1989 ernannte er ihn zum Bischof von Łowicz. Erzbischof Henryk Hoser hatte zuerst Medizin studiert, wurde Pallottiner und war dann viele Jahre als Missionar in Ruanda tätig und wurde vom Papst als Experte zur Bischofs-Synode für Afrika 1994 eingeladen. Als er bereits in Rom war brach in Ruanda anfangs April der Bürgerkrieg aus – P. Hoser verbrachte die ganze Nacht im Gebet in unserer Hauskapelle im Generalat. Da alle Bischöfe in Ruanda ermordet wurden, ernannte ihn der Papst nach dem Kriegsende zum Apostolischen Administrator für Ruanda, um sich für Versöhnung zwischen den verfeindeten Volksgruppen – Hutu und Tutzi – einzusetzen, sich für den Wiederaufbau zu engagieren und neue Bischöfe vorzuschlagen. Johannes Paul II. ernannte ihn 2005 zum Bischof und Sekretär der Kongregation für die Evangelisierung der Völker (Propaganda Fide), und Papst Benedikt XVI. ernannte ihn 2008 zum Bischof von Warschau-Praga (Warschau östlich der Weichsel). Nach seiner Emeritierung mit 75 Jahren wurde er von Papst Franziskus zum Administrator von Medjugorje ernannt.
Wir können wirklich sagen, der hl. Papst Johannes Paul II. kannte Pallotti und war ein Freund der pallottinischen Familie. Am 27. April 2014 wurde er – zusammen mit Johannes XXIII. – von Papst Franziskus heiliggesprochen. Sein Gedenktag ist nicht der 2. April, der Tag, an dem er starb, sondern der 22. Oktober, der Tag an dem er im Jahre 1978 der Welt zu rief: „Habt keine Angst! Öffnet, ja reißt die Tore weit auf für Christus!” Ein Wort, das an Aktualität nichts verloren hat.

Bericht: Pater Wolfgang Weiss
Hinweis: Der Bericht gründet in einem Vortrag für die Mitglieder der UNIO in Hochaltingen.
Fotos: KNA-Bild (Papst), Josef Eberhard (Generalat), KNA 1962 (Konzil)

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