Die Mission der Frauen in Kirche und Gesellschaft
Monatliche Reflexion der UNIO für Mitglieder und Interessierte - März 2023
Liebe Brüder und Schwestern in der Pallottinischen Familie!
Etwas über Frauen schreiben, so lautete der Auftrag an mich… Da kann man nicht einfach nur über die großartigen Persönlichkeiten von Frauen in allen Epochen sprechen, und so tun, als ob es kein Problem gäbe. Es wäre kurzsichtig und vor allem unehrlich. Als Theologin, die ihr Leben lang in verschiedenen kirchlichen Aufgaben tätig war und ist, sehe und erfahre ich ununterbrochen, dass die Kirche, wie alle großen religiösen Traditionen dieser Welt, männlich dominiert wird. Religionen sind vorwiegend Männersache. Männer nehmen sich die Deutungshoheit über Inhalte und Normen. Dies ist nicht nur ein Spiegel, eine Konsequenz der gesellschaftlichen Situationen, sondern auch Motor und vermeintliche Rechtfertigung für Marginalisierung und Diskriminierung in der Gesellschaft. Die Wirklichkeit von Frauen ist düster – nicht nur in Afghanistan -, manchmal rabenschwarz, manchmal in nuancierten Grautönen, immer jedenfalls dunkel. Frauen werden immer noch vielfach als Menschen zweiter oder dritter Klasse behandelt.
Das römisch-katholische Kirchenrecht ist da keine Ausnahme, wie JuristInnen bestätigen können. Der Einsatz gegen Frauenverstümmelung und Kinderehen bleibt verhalten, das heiratsfähige Alter von Mädchen ist beispielsweise im Codex Iuris Canonici immer noch mit viel zu jungen 14 Jahren festgeschrieben. Das Schwarzbuch zur Lage der Frauen präsentiert immer wieder neu die markantesten Ungerechtigkeiten weltweit. Sie sind global verbreitet, wenn sie auch in unterschiedlichen Kulturen verschieden zum Ausdruck kommen.
Apostel heute?
Und ganz ehrlich: Wenn Sie hier „Apostel heute“ lesen, denken Sie dann nicht bei dieser Überschrift nur an die zwölf Männer und engen den Begriff „Apostel“ damit auf den Zwölferkreis ein. Er ist aber weiter und bezeichnet die Zeuginnen und Zeugen des Auferstandenen. Als die ersten Zeuginnen der Auferweckung Jesu, als die ersten Gesandten, werden uns in den Evangelien allerdings Frauen vorgestellt.
Mittlerweile hat Papst Franziskus ja auch Maria Magdalena als Apostelin anerkannt und ihr Fest im liturgischen Kalender zum Apostelfest gemacht. – Oder was wissen Sie über die Prophetinnen in der Hebräischen Bibel? Sind Ihnen Junia, Thekla, Hanna, Phöbe, Susanne, Johanna, so bekannt wie Petrus oder Paulus?
Wenn sich heutzutage inflationär häufig die „religious leaders“ zu großen interreligiösen Konferenzen treffen und sich geradezu darin überschlagen, ihre Absicht zum Einsatz für Menschenrechte und Frieden zu erklären, dann sind es fast ausschließlich Männer, welche Religionsgemeinschaften angehören, die oft sehr zögern, Menschenrechte im eigenen Land und in den eigenen Reihen einzumahnen oder umzusetzen, manchmal sogar das Gegenteil. Davon ist vor allem die Frage der Geschlechtergerechtigkeit betroffen. Übrigens hat der Vatikan als Staat sich die Menschenrechtserklärung auch nicht zu eigen gemacht.
Verschiedenheit tut der Gleichheit keinen Abbruch
Was bedeutet eigentlich „Gerechtigkeit“ zwischen Frauen und Männern? Sie sind doch verschieden. Können sie dann die gleiche Würde und Rechte haben? Die christliche Antwort ist ein klares „Ja“. Die Begründung ist die Gegenwart Gottes in jedem Menschen. Da gibt es keinen Unterschied. Ob alt, ob jung, ob Frau, ob Mann oder divers, ob gesund oder krank, alle sind in Gott und vor Gott gleich. Die kontingente Verschiedenheit tut der Gleichheit keinen Abbruch. Den Weg der Nachfolge Jesu gehen, bedeutet dann, allen alles werden, wie Paulus es ausdrückt. Übrigens, auch im Kriminellen und im Sünder ist Gott gegenwärtig, auch dessen Würde und Rechte müssen immer gewahrt werden.
Diese fundamentale Gleichheit bedeutet nicht, die Verschiedenheiten zu ignorieren. Jeder Mensch hat weibliche und männliche Seiten in sich, der eine mehr, die andere weniger. Es gibt keine zwei gleichen Frauen und keine zwei gleichen Männer, nicht einmal bei eineiigen Zwillingen. Diese Unähnlichkeit bei aller Ähnlichkeit nennt man Analogie: Je mehr Ähnlichkeit, desto größer die Unähnlichkeit. In dieser Erkenntnis steckt große Freiheit und starke Dynamik. Auch die Personen in Gott sind einander ähnlich und doch auch unähnlich. Gleichheit und Verschiedenheit gehören zusammen. Vinzenz Pallotti, der ein großer Mystiker der Trinität war, war sich dessen sehr bewusst.
Gleichheit und Verschiedenheit gehören zusammen
Eines seiner großen Themen war die „Zusammenarbeit“ aller Menschen. Er wollte alle einbeziehen, ob getauft oder nicht, ob Frauen oder Männer, Ordensleute oder Kleriker – einfach alle. Diese Zusammenarbeit, die er anstrebte, erkannte er als „Gabe“ Gottes. Er nennt sie „die göttlichste aller Gaben“. In ihr verwirklicht sich diese Gleichzeitigkeit von Ähnlichkeit und Unähnlichkeit. Pallotti betrachtet den Menschen als fähig zu solcher Zusammenarbeit, die das Miteinander der drei göttlichen Personen spiegelt und daraus ihre Kraft und Dynamik bezieht. Diese Zusammenarbeit ist weniger menschliche Leistung als viel mehr Geschenk Gottes. Mit diesem Vertrauen dürfen wir sie wagen und aufbauen – Frauen und Männer, in der Kirche und anderswo…
„Das Netz ist zerrissen und wir sind frei“
Wenn dann aus unserem Einsatz, unserem Engagement die Gabe unseres Lebens wird, unser Leben zur Gabe für andere wird und werden darf, dann verwirklicht sich in der Realität das Leben „in persona Christi“, zu dem wir alle, Frauen und Männer berufen sind. Solche Befreiung und Freiheit spiegelt sich im folgenden Psalm wieder, den ich an das Ende meiner Reflexion stelle:
Psalm 124:
Hätte sich nicht Jahwe für uns eingesetzt – so soll Israel sagen –,
hätte sich nicht Jahwe für uns eingesetzt,
als sich gegen uns Menschen erhoben,
dann hätten sie uns lebendig verschlungen,
als gegen uns ihr Zorn entbrannt war.
Dann hätten die Wasser uns weggespült,
hätte sich über uns ein Wildbach ergossen.
Gelobt sei Jahwe, der uns nicht ihren Zähnen als Beute überließ.
Unsre Seele ist wie ein Vogel,
dem Netz des Jägers entkommen:
Das Netz ist zerrissen und wir sind frei.
Unsere Hilfe steht im Namen des Herrn,
der Himmel und Erde gemacht hat.
Ich lade Sie nun zu einem Dialog ein, zu einer digitalen Vernetzung, zu einem Austausch auf dem gemeinsamen Weg, damit er „synodaler“ wird, wie Papst Franziskus es anregt. Schreiben Sie Ihre Gedanken an das Zentrum für Spiritualität – Pallotti Institut in Vallendar.
Mit einem herzlichen Gruß und guten Wünschen für eine gesegnete Zeit auf Ostern zu!
Brigitte M. A. Proksch UAC (Vallendar/Wien)
Fotos: Llama-World-studio (Woman Life Freedom), shabbir (Celebrating Holi Colors) beide Adobe stock
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