Vom Synodalen Weg und der Freiheit der Gläubigen
Bischof Georg Bätzing sieht einen Epochenwandel und sucht den Dialog mit den Menschen
„Hat sich der ganze Aufwand des Synodalen Weges gelohnt? Was hat er mit Ihnen gemacht? – Wer gewinnt: Bischof oder Papst?“ Es waren teils spitzfindige Fragen, die Pater Alexander Holzbach, Rektor des Pallottiner-Missionshauses, bei einem Dialog-Abend an Bischof Dr. Georg Bätzing richtete. Es waren Fragen, die sich aus dem Buch „Rom ist kein Gegner“ stellten, das der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz verfasst hat. Auf seine Antworten waren 170 Zuhörende gespannt, die sich am 21. Februar 2025 im Limburger Richard-Henkes-Saal beim Missionshaus der Pallottiner eingefunden hatten.
„Wir stehen in einem Epochenwandel. Das spüren alle. In dieser Phase entdeckt auch der Papst den Synodalen Weg gegen den Klerikalismus und stößt Türen auf. Ganz unkonventionell. Er hat Männer und Frauen eingeladen, miteinander verbunden. Ein Wandel für die hierarchische Kirche, die in eine neue Kultur wechseln will“, antwortet Bätzing, der zugleich einräumt: „Bis sich das verändert dauert es hundert Jahre.“ Der Bischof vertraut auf die Freiheit des Glaubens, die darin bestehe, verschieden zu denken.
Ein Teil seiner Aufgaben bestehe darin, Menschen mitzunehmen und Neues zu wagen. Da helfe der Synodale Weg. „Wenn Entscheidungen getroffen werden müssen, sind die Wege in unserem Kirchenrecht genau beschrieben. Doch als ich 2016 nach Limburg kam, musste ich lernen, wie selbstbewusst die Gläubigen sind – und das ist der Weg.“ Der Bischof erwähnte das konservative Onlineportal „kath.net“ und sagte: „Da bin ich für einige der personifizierte Teufel und bekomme oft mehr Kritik als Zuspruch. Trotzdem weiß ich, die meisten gehen mit uns.“
Beim Papst sei ihm aufgefallen, dass er unbarmherzig mit den Priestern umgehe. „Er haut drauf“, sagte Bätzing und räumte selbstkritisch ein: „Ob ich alle Priester und pastoralen Mitarbeiter/innen hinter mir habe? Ich glaube es nicht. Das wäre ein Wunder.“ Angesprochen auf seine Doppelbelastung im Bistum und darüber hinaus, betonte er: „Alle können zum Gespräch kommen. Ich habe mehr Zeit als sie denken. Gute Mitarbeiterinnen geben mir Freiheit für das, wofür ich da sein muss.“
„Jedes Bistum muss das für sich aufarbeiten“
Auch das Thema Missbrauch wurde nicht ausgespart: „Es belastet mich ähnlich stark wie die Betroffenen.“ Pater Holzbach wies auf das für Sommer erwartete Gutachten in Fulda hin und fragte, ob es nicht besser gewesen wäre, wenn alle Bistümer einmal und gemeinsam eine Studie beauftragt hätten. Nein, sagt der Bischof und begründet: „Diese Frage geht nicht an uns vorbei, so, wie sie auch für die Betroffenen nicht vorbeigeht. Jedes Bistum muss das für sich aufarbeiten.“
Die vielen Kirchenaustritte sieht das Oberhaupt der Diözese in den Missbrauchsfällen, gleichwohl in der aktuellen Freiheitsgeschichte begründet, die ihren Preis habe. Menschen müssten frei entscheiden. „Das hat unseren Glauben auf den Kopf gestellt. Die Zeit der Volkskirche hatte ihre Schattenseiten. Belastende Beichten, Menschen wurden geistlich gegängelt bis hin zu den Wahlen. Das war der Preis, in dieser Gemeinschaft aufgehoben zu sein.“ Bätzing fand deutliche Worte: „Früher bestrafte die Kirche die Menschen. Heute bestrafen uns die Menschen als Institution.“ Kirche müsse überzeugen. Sie habe eine gute Botschaft und wünscht: „Wir brauchen überzeugend lebende Menschen, die davon reden.“
Rom sei ein Teil der Familie. „Wir sind so interkulturell aufgestellt wie sonst nichts anderes.“ Katholiken neigten aber dazu, einen Tick zu dick aufzutragen. „In Rom war ich ein paar Tage im Priesterseminar. Ich lasse mich nicht vereinnahmen. Wenn ich solche Tendenzen spüre, fühle ich mich unfrei. Bei großer Begeisterung trete ich lieber einen Schritt zurück. Das habe ich von meiner Mutter.“ Oft werde er als Westerwälder verortet. Obwohl er eigentlich in seinem Heimatort Kirchen (Sieg) ein Siegerländer sei, fühle er sich mit dem Westerwald verbunden. Den Glauben habe er sich erarbeitet und festgestellt, dass er nicht irrational ist, sondern vor der Vernunft bestehen kann.
Dafür oder dagegen?
Bischof Georg Bätzing plauderte bei seinen Papstbesuchen aus dem Nähkästchen. „Wenn wir Bischöfe dem Heiligen Vater versichern „Wir sind mit ihnen verbunden“, dann fragt er sofort ‚Dafür oder dagegen?‘ – Das hat er schon mehrmals gefragt.“
Würdigung für Pater Richard Henkes, Pater Alfred Delp und Dietrich Bonhoeffer
Dem Dialoggespräch über Bätzings Buch ging eine Gedenkmesse anlässlich des 80. Todestages des Seligen Pater Richard Henkes voraus, der am 22. Februar 1945 im KZ Dachau in der Seelsorge um an Typhus erkranken tschechische Mitgefangenen sein eigenes Leben ließ. In seiner Predigt sagte Bätzing: „Bei allem Leid und Unterdrückung hat er ihnen Zuversicht in einer aussichtlosen Zeit vermittelt, ihnen die Hand gehalten und ihre Menschenwürde bis zum Ende bewahrt.“
Anknüpfend an das Wort von Papst Franziskus zum Heiligen Jahr 2025, dass Hoffnung ein Geschenk und zugleich eine Aufgabe für jeden Christen sei, so habe auch der Jesuitenpater Alfred Delp im Widerstand gegen die Nazis Hoffnung vermittelt. Sein Verfahren für die Seligsprechung laufe. Als weiteres Vorbild nannte er auch den lutherischen Theologen Dietrich Bonhoeffer, der für den Widerstand gegen die menschenverachtende Nazi-Ideologie sein Leben ließ.

Der Wahlspruch von Bischof Georg lautet: „Congrega in unum“ („Führe zusammen“)
Unter seinem Bischofswappen steht sein Wahlspruch: „Congrega in unum“ („Führe zusammen“). Der Vers stammt aus dem sogenannten Trierer Pilgergebet, das seit 1959 zur Verehrung des Heiligen Rocks als Bitte um die Einheit aller Christen gesprochen wird. Darin heißt es: „Jesus Christus, Heiland und Erlöser, erbarme dich über uns und über die ganze Welt. Gedenke deiner Christenheit und führe zusammen, was getrennt ist. Amen“.
Erfahren Sie mehr über Bischof Georg Bätzing:
Bericht & Bild: Dieter Fluck
Porträt: Harald Oppitz Bistum Limburg
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