125 Jahre Pallottiner in Deutschland

Jubiläums-Feierlichkeiten in Limburg und Friedberg

Friedberg und Limburg  Die Pallottiner im deutschsprachigen Raum blicken auf eine 125-jährige Geschichte zurück. Das Jubiläum wurde an zwei Orten gefeiert: am 28. Oktober mit einem Dankgottesdienst in der Pallottiner-Kirche St. Marien in Limburg; am 29. Oktober mit einer Dank-Vesper in der Pallotti-Kirche in Friedberg bei Augsburg.

In seinem Vortrag „Ohne uns wär’s halb so schön!?“ warf Professor Pater Dr. Paul Rheinbay SAC aus Vallendar beim Festakt einen dankbaren Blick auf pallottinisch-kirchliche Möglichkeiten früher und heute. „Niemand hätte voraussagen können, was in 125 Jahren alles geschieht, wie sich das römische Samenkorn in deutscher Erde entwickelt“, sagte er und verwies auf einen Ausspruch von Vinzenz Pallotti, den dieser seinen Mitbrüdern mit auf den Weg gab: „Tut heute das Mögliche, dann wird euch morgen möglich sein, was heute unmöglich ist.“
Deutsche, die sich in Italien den Pallottinern anschlossen, brachten Pallottis Botschaft in die ganze Welt. 1892 gründeten sie erstmals ein Missionshaus in Deutschland, das bis heute in Limburg an der Lahn besteht. Ab 1895 wurden sie von deutschen Pallottinerinnen aus Rom unterstützt. Weshalb die Begrüßung der Gäste bei der Feier in Limburg auch von Provinzial Pater Helmut Scharler SAC und Provinzoberin Schwester Helga Weidemann SAC gemeinsam vorgenommen wurde.

Dankgottesdienst in der Pallottiner-Kirche St. Marien
Ansprache bei der Dank-Vesper in Friedberg
Der Generalrektor in der Dank-Vesper in Friedberg

Zusammenschluss der deutschen und österreichischen Pallottiner

Vor zehn Jahren vereinigten sich die Pallottiner in Deutschland und Österreich zur Herz-Jesu-Provinz mit Sitz in Friedberg bei Augsburg. Etwa 2.500 Pallottiner wirken weltweit. Rund 300 gehören zur Herz-Jesu-Provinz und den von Deutschland aus betreuten Delegaturen in Kroatien, Spanien, Südafrika und Malawi. Von Deutschland aus tragen die Pallottiner eine besondere Verantwortung für die von ihnen gegründeten Niederlassungen in Kamerun und Indien.

Vielfältige Aufgaben in Seelsorge und Bildung

Noch heute ist die Förderung des Laienengagements in der Kirche eine der Hauptaufgaben der Pallottiner. In Deutschland übernehmen die Pallottiner vielfältige Aufgaben in der Seelsorge sowie in der Missions- und Bildungsarbeit. Sie betreuen Pfarreien und unterhalten zahlreiche Einrichtungen wie Jugend-, Bildungs- und Exerzitienhäuser. Dazu gehört auch die Philosophisch-Theologische Hochschule in Vallendar, an der die Studiengänge Theologie und Pflegewissenschaften angeboten werden.

Der Festgottesdienst wurde vom katholischen Kirchenchor und dem Kammerorchester St. Marien festlich gestaltet
Empfang in Limburg

Generalrektor nutzte Provinzversammlung für Gespräche mit den Mitbrüdern

Generalrektor Pater Jacob Nampudakam SAC aus Rom hatte sich die ganze Woche Zeit genommen: Er nutzte das Zusammentreffen der Mitbrüder aus Afrika, Indien, Spanien, Kroatien, Deutschland und Österreich bei der Provinzversammlung in Vallendar, um sich über aktuelle Themen auszutauschen. In seiner Dankansprache in der Pallotti-Kirche im bayerischen Friedberg forderte er die Mitbrüder auf, dankbar in die Vergangenheit zu schauen, die Gegenwart mit Leidenschaft zu leben und die Zukunft voll Hoffnung zu ergreifen. Er selbst sei sehr dankbar dafür, dass die deutschen, österreichischen und Schweizer Pallottiner vor 125 Jahren ihre Mission in aller Welt erfüllt hätten: „Sonst hätte ich in Indien nicht die Möglichkeit erhalten, Pallottiner zu werden. Deshalb fühle ich mich meiner ‚Mutterprovinz‘ sehr verbunden.“

Fotos der Feierlichkeiten in Limburg: Fotostudio Karl / Hendrik Jonas
Fotos der Feierlichkeiten in Friedberg: Frauke Wichmann / frabauke.de
Fotos der Provinzversammlung: P. Santiago Juarez SAC

Der Provinzial und Pater Holzbach freuen sich über das Geschenk aus Nagpur
Bischof Ateba SAC und Generalrat Nampudakam SAC
Gäste beim Empfang in Friedberg
Gäste beim Empfang in Friedberg
Ehrengast Luise Kugelmann ist mit P. Max Kugelmann SAC versandt
Treue Begleiter der seelsorglichen Ausbildung am PthI
Der Generalrektor mit Provinzialen aus Indien
Pallottiner Mitbrüder
Gäste in Friedberg - Dominikanerin Sr. Dr. Aurelia Speidel OP
Prof. Pater Paul Rheinbay bei seinem Festvortrag
Rektor Pater Leo mit Gästen in Limburg

Ursprünglich war in Deutschland die Mission in Afrika, in Kamerun, das Thema ‐ was sind heutige
Themen?
P. Helmut Scharler: Heute geht es darum zu zeigen, dass Spiritualität, Verantwortung und ethisches Handeln eine tiefe Einheit bilden und untrennbar sind. Das Fundament dafür ist das Leben Jesu, so formuliert es unser Gründer Vinzenz Pallotti. Das war übrigens auch das Thema der vergangenen weltweiten 21. Generalversammlung im Oktober 2016 „Unsere Regel ist das Leben Jesu“. Das bedeutet „Menschwerdung“ und Weltliebe. Es geht darum, Spiritualität, Gottverbundenheit und Einsatz für die Welt zu verbinden. Die Sehnsucht nach Transzendenz bei vielen Menschen und die großen und zahlreichen Ungerechtigkeiten unserer Gesellschaft und erst recht global sind die Nöte der Zeit, die unsere Antwort brauchen. Das Leben Jesu ist ja dadurch gekennzeichnet, dass er es für andere einsetzte.
Er war vorbehaltlos für andere da, heilte sie, suchte sie in ihren Nöten auf, sprach sie an und begegnete ihrem Suchen und Fragen in Liebe. Er setzte dafür alles ein und gab schließlich auch sein eigenes Leben, indem er sich kreuzigen ließ. Übertragen auf die Gegenwart bedeutet das: sich einbringen, sich einlassen, präsent und aufmerksam sein und das eigene Leben, die eigene Zeit, das Pouvoir und Know‐how schenken – nicht nur etwas geben, sondern sich selbst. In einer Zeit des Neokapitalismus und der Entsolidarisierung ist das eine klare Botschaft und es bedeutet einen hohen Einsatz, denn es ist ein Weg gegen großen Widerstand, gegen Gleichgültigkeit und Egoismus, gegen Ungerechtigkeit und Verweigerung… Das ist der Themenrahmen, in dem wir arbeiten.

Auszug aus einem Interview/Gespräch mit dem Provinzial der Pallottiner, Pater Helmut Scharler SAC, anlässlich des Jubiläums „125 Jahre Pallottiner in Deutschland“ von Dr. Brigitte M. Proksch, Theologin in Wien

Ein paar Pallottinermenschen möchte ich doch nennen, um das Thema Grenzgänger anschaulich zu machen. Richard Henkes, lernte im KZ tschechisch, um sich um typhuskranke Mithäftlinge zu kümmern, steckte sich an und starb. Das wird hoffentlich die nächste große Feier mit uns allen zusammen hier in Limburg, seine Seligsprechung. Franz Reinisch, er verweigerte den Eid auf Hitler und isolierte sich damit, nicht nur von weiten Teilen der Gesellschaft, sondern auch vom Mainstream seiner pallottinischen Gemeinschaft, die ihn überreden wollte, doch „so mitzumachen“ wie alle damals. Er fühlte sich im Gewissen gebunden. Es ist wahrlich nicht einfach, in einer Situation, in der es um Kopf und Kragen geht, die Geister zu unterscheiden, herauszufinden, was mich wirklich von Gott her bewegt. Das vergangene und vielleicht auch das gegenwärtige Jahrhundert erinnern an die Geschichte der frühen Kirche als Zeit der Märtyrer.
Neben solchen heroischen Modellen verblassen natürlich die kleineren Beispiele, aber vielleicht sind sie genauso wichtig, weil von Herzblut erfüllt:
Da ist ausgerechnet ein Hesse, der ausländischen Priestern hier zum Sprach- und Kulturkurs verhilft; da geht ein durch und durch überzeugter Oktoberfestler zumindest für einige Jahre als Flughafenseelsorger nach Frankfurt. Da lassen sich Hochschul- und Provinzleitung davon überzeugen, wie wertvoll es wäre, neben der alt angestammten Theologie noch Pflegewissenschaft an der Hochschule zu etablieren – ein Modell, das gerade von römischen Instanzen wie auch von Mainzer und Berliner Politikern hochgelobt wird, auch wenn sie kein Geld dafür geben. Da ist die Schweizer Provinz, klein aber fein, die sich nicht vereinnahmen lässt, aber seit vielen Jahren eines ihrer fähigsten Mitglieder als Professor in Vallendar zur Verfügung stellt. Ach ja, schon viel vorher gab es hier im Hause das BiViKo, das Bischof Vieter Kolleg. Es vereinte nach dem Krieg eine Menge ganz unterschiedlicher Biografien mit dem einen Ziel, Abitur zu machen und (vielleicht) Priester und Pallottiner zu werden. Darunter solche, denen man es wohl nicht zugetraut hätte, die über sich selbst hinaus wuchsen.
Bei ihnen war, natürlich muss ich es hier erwähnen, ein Mitbruder, der in den 70er Jahren sich von der Meditationsbewegung erfassen ließ, nach Japan ging und dann im Bistum Essen ein Programm gründete, das christliche Kontemplation und den im Osten beheimateten Zenweg miteinander verbindet…
Ich nenne diese Menschen, weil ich glaube, dass es davon noch mehr gibt, von einem solchen Geist Beseelte. Ob sie sich Pallottiner nennen, schon mal was von Pallotti gehört haben oder auch nicht. Und viele davon sind motiviert durch den Glauben an den immer größeren Gott. Immer größer heißt für mich auch: nicht kalkulierbar, unberechenbar, oft auch unbeschreiblich. Wer sich auf ihn einlässt, muss mit Überraschungen zu leben lernen. Wenn wir miteinander als Kirche in die Zukunft gehen, sollten wir den Geschmack von Offenheit und Weite nicht verlieren. Das Morgen ist ja nicht eine einfache Linie, die vom Gestern und Heute weiter führt. Natürlich, wir denken oft so. Ähnlich wie die ersten Mitbrüder Pallottis, an seinem Lebensabend nur eine ganz winzige Schar. Sie sahen dem Sterben ihres Gründers und Vaters entgegen und sagten innerlich: Na dann auch ohne uns! Und Pallotti gab ihnen als Antwort – nicht das, was jetzt wohl die meisten der hier anwesenden Mitbrüder erwarten. Er sagte ihnen: Tut heute das Mögliche, dann wird euch morgen möglich sein, was heute unmöglich ist. Niemand hätte voraussagen können, was in 125 Jahren alles geschieht, wie sich das römische Samenkorn in deutscher Erde entwickelt.

Auszug aus dem Impuls zum Festakt „125 Jahre Pallottiner in Deutschland“ am 28.10.2017 im Limburg / Lahn von Prof. Pater Paul Rheinbay SAC, Philosophisch-Theologische Hochschule Vallendar
Titel: „OHNE UNS WÄR´S HALB SO SCHÖN!? – Ein dankbarer Blick auf pallottinisch-kirchliche Möglichkeiten gestern und heute

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