Pater Werner Maiworm SAC
53 Jahre lang hat der Senior seinen Glauben in Südafrika gelebt
Er hat hautnah miterlebt, was junge Menschen heutzutage nur aus Geschichtsbüchern kennen: Das politische System der Rassentrennung in Südafrika, die Einteilung von Menschen nach ihrer Hautfarbe, aber auch die blutige Rache der Unterdrückten nach der Abschaffung der Apartheid. Nach 53 Jahren war der Pallottinerpater Werner Maiworm 2011 nach Deutschland zurückgekehrt. Der liebe Gott meinte es gut und schenkte ihm 95 Lebensjahre. In der vergangnen Woche, am 20. April, konnte der zweitälteste Bewohner des Limburger Missionshauses diesen seltenen Geburtstag feiern.
Der gebürtige Sauerländer erblickte als fünfter Junge einer gutkatholischen Familie in Drolshagen das Licht der Welt. Es folgten zwei jüngere Schwestern. Die Eltern betrieben eine Landwirtschaft, der Vater war nebenbei Schmied und kehrte verwundet aus dem Ersten Weltkrieg heim. „Ich habe ihn nur als blinden Vater gesehen. Er ist früh gestorben“, sagt Maiworm. „Wir haben nie richtig Schule gehabt. Im Zweiten Krieg war der Unterricht ständig unterbrochen“, erzählt er, der damals in seiner Gemeinde St. Clemens den Küster vertrat. Wie viele seiner pallottinischen Mitbrüder besuchte er nach dem Krieg das Kolleg des Klosters in Rheinbach, bestand dort das Abitur und bereitete sich ab 1951 im Noviziat in Olpe auf das Ordensversprechen vor.
Sauerländer waren stockkatholisch
„Aus unserer Region sind sehr viele Pallottiner geworden. Wir wohnten nahe bei Olpe, wo sie ein bekanntes Kloster hatten.“ Schon als Messdiener habe er den Wunsch gehabt, Priester zu werden“, berichtet der Senior und fügt hinzu: „Sauerländer waren stockkatholisch und kamen nie mit den Nazis zurecht.“ Nach dem Studium an der Hochschule in Vallendar und seiner dortigen Priesterweihe 1957 sollte er sogleich mit einigen Mitbrüdern in die Mission nach Südafrika reisen, aber es gab wegen der Apartheid keine Erlaubnis. „Erst der Pallottinerbischof in Queenstown, Johannes Rosenthal, konnte nach einem Jahr die Genehmigung mit der Auflage erreichen, dass wir uns regelmäßig bei der Polizei melden mussten.
Wer nicht die Apartheid lebte, bekam keine Aufenthaltserlaubnis
Die Apartheid-Regierung der weißen Minderheit sah uns als Gefahr. Wir durften nur bei den Schwarzen Xhosa und den sogenannten Mischlingen, den Colors, missionieren. Wer nicht die Apartheid lebte, bekam keine Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis.“ Pater Maiworm erinnert sich: „Sprachen waren nicht meine Stärke. Mein Vorteil damals war, dass in der Zeit vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) die Messen in Latein zu lesen waren.“ Nach der Reform musste er die Sprache der Xhosa lernen. „Ein halbes Jahr habe ich mir das selbst beigebracht und manchmal eine Woche gebraucht, um ein Wort zu lernen. Ich konnte ja auch kein Englisch. Da musste ich einfach durch – mit Händen und Füßen.“
Doch das war es nicht allein. Er musste Reiten und Motorradfahren lernen. „Es gab ja keine Straßen, nur Feldwege und die auf weite Entfernungen. Ich hatte eine BMW und ohne Prüfung den Führerschein bekommen, später auf abenteuerliche Weise Autofahren gelernt. Ich bekam den Führerschein, ohne dass ich richtig fahren konnte“, erinnert sich der 95-Jährige lebhaft und lacht.
Ein Jugenddorf am Ostkap
Seine Aufgabe, den ihn anvertrauten Menschen (die aus christlicher Sicht Heiden genannt wurden) die Botschaft Gottes zu verkünden, begann Pater Maiworm auf verschiedenen Missionsstation am Ostkap in der Diözese Queenstown. Er gründete dort weitere sechs Stationen und berichtet: „Wir haben aus lehmhaltiger Erde Steine geformt, getrocknet und Hütten mit Zinkdächern gebaut.“ So entstand auch ein Jugenddorf mit einer kleinen Landwirtschaft und einem Laden, das der Geistliche selbst zehn Jahre lang nach den Regeln deutscher Pfadfinder führte. „Ich hatte zwei ‚Familien‘ mit jeweils 15 Jungen und einem Katechist (Religionslehrer).
1974 wurde Werner Maiworm nach Stutterheim geschickt, wo er weitere 37 Jahre wirkte. Dort baute er ein massives Gotteshaus, das auch als Schule genutzt werden konnte. 1983 musste er zudem die Gemeinde der Weißen übernehmen, baute Werkstätten auf. Mit Helfern hat er liturgische Bücher in Xhosa übersetzt, in einer eigenen Werkstatt gedruckt und im Laden verkauft. In einer anderen Werkstatt wurden Möbel hergestellt. Er selbst hat Hostien gebacken. Dass die ihm anvertrauten Einheimischen handwerklich beschäftigt waren und für ihren Unterhalt sorgen konnten, das war dem Missionar wichtig.
Hunderte Osterkerzen hat Pater Maiworm mit Helfern hergestellt, indem er Wachs in Dachrinnen formte und die Kerzen anschließend verzierte; denn die nächste Kerzenherstellung sei über tausend Kilometer entfernt gewesen. Das alles sei nur dank der Unterstützung vieler Wohltäter aus Drolshagen, der Pallottiner-Gemeinschaft und der Stiftung „Mission helfen“ möglich gewesen. Der Missionar: „Ich wundere mich heute noch, dass wir so viel Geld bekommen haben.“
Stadtpfarrer in Drolshagen (Kreis Olpe)
Sein Einsatz in 53 Jahren Südafrika, schließlich die Aufregung, dass sich mit dem Ende der Apartheid in den neunziger Jahren die Schwarzen an den Weißen rächten und ihnen nach dem Leben trachteten (auch Mitbrüder kamen ums Leben) blieb nicht ohne gesundheitliche Folgen. Ein Herzinfarkt führte 2010 zum abrupten Ende in Südafrika. Im Folgejahr kehrte er zu seiner Schwester nach Drolshagen in Nordrhein-Westfalen zurück und übernahm bis vor drei Jahren die Seelsorge als Stadtpfarrer in jener Gemeinde St. Clemens, in der als Messdiener sein Wunsch entstand, Priester zu werden.
Im Limburger Missionshaus angekommen, sagt er heute: „Meine Gedanken sind noch immer in Südafrika. Ein Katechist, der ihn 2011 auf der Rückkehr nach Deutschland begleitet hatte, sei schon einige Male zu Besuch gewesen, so dass noch ein persönlicher Kontakt besteht. Heute dekoriert der selten rüstige Jubilar auf Anfrage mit handwerklichem Geschick noch Kerzen, wie jüngst zu Ostern oder zur Erstkommunion und unternimmt tägliche Spaziergänge.
Beitrag & Bild: Dieter Fluck
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