Durchkreuzter Jakobsweg

Kreuzweg-Tafeln von Marlies Franz in der Limburger Pallottinerkirche

Spätestens nachdem der Komiker und Schauspieler Hape Kerkeling 2006 in dem Bestseller „Ich bin dann mal weg“ die Motivation und Erlebnisse seiner Pilgerreise auf dem Jakobsweg nach Santiago de Compostela beschrieb, setzte ein wahrer Massentourismus ein. Es fühlten sich Menschen berufen, die für Begleiterscheinungen sorgten und andere nachdenklich stimmten.

So, wie die in Darmstadt lebende Künstlerin Marlies Franz, die mit ihrem Ehemann Karl gleich drei Mal auf dem berühmten, mit dem Symbol der Jakobsmuschel gekennzeichneten Weg, durch Frankreich, Spanien und Portugal bis zu der Grabeskirche des heiligen Jakobus unterwegs war. Sie hat Eindrücke, Beobachtungen, Empfindungen und Erkenntnisse gesammelt, die sie aus eigener Perspektive zu einem aktuellen Kreuzweg neubearbeitet und „Durchkreuzter Jakobsweg“ genannt hat. Sie spricht von einer „Momentaufnahme aus dem Heute“, die sie „mit den großen Geheimnissen unseres Glaubens verknüpft“ habe. Ihr Werk ist in der Fastenzeit bis zum 4. April in der Pallottinerkirche St. Marien zu sehen.

Ein Kreuzweg in 14 Stationen

Marlies Franz macht den Betrachtenden auf 14 Stationstafeln bewusst, wie sich die klassische Geschichte vom Leiden Jesu auf unsere Tage übertragen lässt. Jesus wird von dem feigen Pilatus zum Tode verurteilt und nimmt es hin. Die Künstlerin vergleicht den Vorgang mit den Hinterlassenschaften sogenannter Pilger und einer Katze, die sie auf ihrem Weg in verknoteten Plastiktüten fand, weggeworfen wurde und leiden musste, zum Glück gerettet werden konnte.

Veronika reicht Jesus ein Schweißtuch, der damit sein Antlitz von Blut und Schweiß bedeckt. Marlies Franz: „Unterwegs sind uns mit Parolen und Schriftzüge beschmierte Bänke aufgefallen. Die Verursacher haben dort ihr Gesicht, ihre Gesinnung gezeigt. Ich habe das Stofftaschentuch meines verstorbenen Vaters darauf gelegt; als versöhnende Geste von der Tochter eines einfachen deutschen Soldaten, der erst 1949 aus Russland zurückkehrte.“

„Die Henker werfen Jesus zu Boden und nageln ihn erbarmungslos ans Kreuz. Der Anblick von verschiedenen Stierkampfarenen, an Kühe und Rinder auf dem Jakobsweg, haben mich an die Wahrnehmung von Tod erinnert.“ Einige wenige Beispiele, die von der Darmstädter Künstlerin (Jahrgang 1941) in Mischtechnik von Fotografie, Malerei und Materialcollage auf ihre spezielle Art umgesetzt wurden und in vorangegangenen Jahren bereits die Aufmerksamkeit zahlreicher Besucherinnen und Besucher anderer Kirchen fanden.

Kreuzweg will Aufmerksamkeit erregen

In St. Marien wurde die Künstlerin mit ihren 14 Bildtafeln von Pater Alexander Holzbach und 50 Gläubigen im Rahmen einer Andacht begrüßt. „Pilger sind Suchende, haben unterwegs Begegnungen. Viele öffnen sich, äußern, was sie sonst nicht sagen würden, öffnen anderen die Augen“, führte der Rektor des Missionshauses der Pallottiner in das Thema ein. Marlies Franz habe den Weg aus eigenem Erleben neu erfunden, um andere Menschen aufmerksam zu machen. Es gelte, auf dem 40-tägigen Weg zu dem Gekreuzigten aus eigenem Erleben zu schauen, „was uns mit dem Kreuzweg verbindet“. Er sei geeignet, uns mit den kleinen Zeichen des Heute die Augen zu öffnen.

Der Dank des Rektors wie auch der Künstlerin galt Dr. Regina Draheim, Mitglied der Teamleitung des Frauentreffs St. Marien, die den „durchkreuzten Jakobsweg“ in Limburg angeregt hatte. Ebenso dem Organisten Frank Sittel, der mit Kirchenkantaten von Johann Sebastian Bach die Vernissage feierlich umrahmte. Die Ausstellung in der Pallottinerkirche ist noch bis zum 4. April täglich von 8 bis 18 Uhr zugänglich.

Bericht & Bilder: Dieter Fluck

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