Lesung Bücher aus der Buchhandlung der Pallottiner im Innenhof des Missionshauses Limburg

Lese-Stunde mit Musik im Kreuzgang des Missionshauses

Trauben reifen zu Wein wie der Herbst des Lebens

Rilke, Hebbel, Fontane, Hesse, von Droste-Hülshoff – viele begnadete Lyriker drückten ihre Gefühle und Stimmungen in Herbstgedichten aus. „Auch der Herbst hat seine schönen Tage“ munterte einst der Kölner Volks- und Schlagersänger Willy Schneider die Menschen auf und riet ihnen an: „Schütt die Sorgen in ein Gläschen Wein“.

Der Mix aus weingeistigen und spritzigen Texten mit der Verkostung ausgesuchter Rebensäfte hat auch den Pallottinerpater Alexander Holzbach inspiriert. Er, der seit einem Jahr als Rektor an der Spitze des Limburger Missionshauses steht, wähnt sich selbst, mit 67 Jahren im Herbst des Lebens angekommen zu sein. Dies sei ein guter Grund, ein Experiment zu starten. Er wolle keine Bibelstunde halten, meinte der Seelsorger, der in den herbstbunten Angeboten des klostereigenen Ladens blätterte und Mühe hatte, die zur Jahreszeit passenden Texte auf nur eine Lesestunde zu begrenzen. Holzbach: „Ich war selbst überrascht, was es zu diesem Themenkreis so alles gibt.“

Wohl eines Missionshauses, das in seiner Nachbarschaft auf ehemaligem Klostergelände eine Kreismusikschule weiß. Und so reifte wie die Traube im Herbst der Gedanke, neben Texten und Wein auch mit Musik des Menschen Herz zu erfreuen. Der Kreuzgang mit seinem herrlichen Pflanzenambiente war als Lese- und Konzertsaal auserkoren. „Eine gelungene Premiere, die weitere Veranstaltungen empfiehlt“, wie Holzbach feststellte. Es waren nur 40 Besucher/innen zugelassen, die sich Corona-bedingt unter den Arkaden verteilten.

Es hatten sich überwiegend ältere Semester eingefunden, die von einer Komposition des französischen Frühromantikers Francesco Molino von Nicola Scheloske (Flöten), Simone Kurth (Viola) und dem Gitarristen Juan Osorio Diaz gefühlvoll eingestimmt wurden, Das Trio sorgte mit weiteren Meisterwerken vergangener Jahrhunderte für wohlklingende Übergänge zu den ausgewählten Texten.

Pater Holzbach empfand, dass sich das Thema Herbst an diesem Ort besonders anbietet. Nicht nur, da seine Mitbrüder den Messwein schätzten, sondern auch, weil es sich beim Älterwerden um eine hohe Kunst handelt, wie er aus dem gleichnamigen Buch von Anselm Grün zum Besten gab. „Unser Haus ist ja auch sehr herbstlich“, spielte Holzbach auf den hohen Altersdurchschnitt der Bewohner des Missionshauses an. Aber das Alter habe auch Annehmlichkeiten.

Der alte Mensch müsse sich nicht mehr beweisen. Sein innerer Trieb sei wie der des Weinstocks, zu leben, einfach da zu sein, die Sonne zu genießen, wie es der Benediktinerpater beschreibe. Wenn alte Menschen ihren Reichtum weitergeben, dann könnten sie ihn zur Reife bringen. Vielen alten Menschen falle es schwer, im Herbst ihres Lebens loszulassen. Politiker hätten Angst, Macht abzugeben; sie befürchteten, abgeschrieben zu sein. Je mehr der Senior festhalte, umso mehr Feinde schaffe er sich, was zur Rebellion der Jungen führe. Loslassen schaffe Freiheit.

Holzbach las aus Hermann Hesse, der die Alten beschreibt, die vor dem Haus sitzen, schweigend betrachten und nach innen schauen; im Einklang mit sich selbst im Bilderbuch ihres eigenen Lebens blättern und ihren kostbaren Schatz bewahren. „Opa, erzähl, mal wie’s damals war.“ In den Geschichten von früher greift der Autor Martin Carne Dialoge mit der sechsjährigen Klara auf, die den Vorlesenden als Impuls dienen können, selbst in die Vergangenheit einzutauchen und die Enkel an ihrem reichen Erfahrungsschatz teilhaben zu lassen.

Schon die große Mystikerin Hildegard von Bingen wusste: „Der Wein – maßvoll genossen – heilt und erfreut den Menschen zutiefst durch seine große Kraft und Wärme.“ Viele eindrucksvolle Geschichten ranken sich um Weinstock, Reben und den Herbst des Lebens. Holzbach zitierte den Schriftsteller Reinhold Schneider, wonach ein Glas Wein zum Nachdenken anregen könne. Die Gelegenheit dazu gab er an diesem stimmungsvollen Abend mit all seinen erlesenen Texten und der wohltuenden musikalischen Begleitung, so reichlich wie die Früchte des Herbstes.

Lesung im Missionshaus der Pallottiner in Limburg

Bericht & Bilder: Dieter Fluck

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