

Die christliche Sozialethik ist eine Herausforderung - auch für Parteien
Die Franziskanerin Katharina Ganz ermutigt in ihrer Predigt zur Nächstenliebe
Ein Störenfried war weit und breit nicht in Sicht beim musikalischen Abendlob in der Friedberger Pallotti-Kirche. Dabei hatte Rektor Pater Christoph Lentz die Vesper mit der Predigt von Schwester Katharina Ganz etwas provozierend mit dem Titel „Frauen stören“ angekündigt. So lautet auch der Buchtitel der engagierten Ordensfrau, der allerdings ergänzt gehört mit „Ohne Frauen hat Kirche keine Zukunft“. In ihrem Vortrag setzte sich die Franziskanerin dafür ein, dass sich das Christentum neu positioniert für Gerechtigkeit auch in der Politik.
Die Pallotti-Kirche war am Wahlabend voll besetzt. „Sie haben eine gute Wahl getroffen“, sagte Pater Lentz zur Begrüßung. Der bekannte Komponist Neuer Geistlicher Lieder (NGL), Pater Norbert Becker, gestaltete den musikalischen Teil. Und er bezog alle mit ein. Viele Sangesfreudige übten schon vorab mit ihm die Lieder ein, so dass schließlich ein stimmgewaltiger Chor den Kirchenraum füllte. Der Titel des musikalischen Abendgebets lautete „füreinander da …“, was wiederum zur Predigt passte.
Dabei bezog sich die Generaloberin der Oberzeller Franziskanerinnen auf das Tagesevangelium nach Lukas, in dem es unter anderem heißt: „Liebt eure Feinde; tut denen Gutes, die euch hassen!“ Schwester Katharina Ganz erschien dies wie ein „Anti-Programm“ zu nahezu allen Parteiprogrammen, die an diesem Tag der Bundestagswahl 2025 zur Wahl standen.
Oft hat sie gehört, dass mit der Bergpredigt keine Politik zu machen sei. Die christliche Sozialethik sei allerdings auch eine Herausforderung. „Denn sie geht über das Erwartbare und Selbstverständliche hinaus.“ Gottesliebe gelte allen Menschen. Und Gottesliebe und Nächstenliebe gehören für die Predigerin zusammen. „Der Aufruf zu helfen, zu leihen, zu teilen, zu schenken und zu lieben, machte eben nicht Halt an den Grenzen der eigenen Gruppe, Hautfarbe, Nation oder Religion“, sagte Schwester Katharina Ganz.
„Mein Wohlergehen, meine Familie, meine Gruppe, mein Land“
Hingegen sieht sie die Gesellschaft zunehmend von Spaltung und Hass gezeichnet. Bezugspunkt sei immer mehr das eigene Ego. „Mein Wohlergehen, meine Familie, meine Gruppe, mein Land, America first, Bavaria first, heißt es aus aller Munde“, so die Franziskanerin. Angst vor dem eigenen sozialen Abstieg und Wohlstandsverlust bestimme die politische Entscheidung. „Eine Angst, die gezielt geschürt wird“, so Schwester Katharina Ganz. Stattdessen verwies sie auf die christliche Sozialpflichtigkeit des Eigentums: „Gerade die Reichen und Superreichen sind doppelt gefragt, statt sich die ganze Welt einzuverleiben wie einen Faschingskrapfen.“ Das Evangelium des Tages sei eine Zumutung. „Es mutet uns zu, uns denen mutig entgegenzustellen, die eine Zumutung sind für das Gemeinwohl.“ Und aus einer Zumutung könne auch Mut wachsen, lautete das Ende ihrer Predigt.
Gleichberechtigung in der katholischen Kirche
Damit hatte Schwester Katharina Ganz einen anderen Schwerpunkt gesetzt, als manche erwartet hatten. Bekannt ist sie dafür, dass sie für die Gleichberechtigung von Frauen in der katholischen Kirche einsetzt und für die Zulassung von Frauen zum Weiheamt. In den Fürbitten ging darauf Pater Christoph Lentz ein: „Schenke den Frauen Kraft und Zuversicht auf ihrem Lebensweg, weiterhin die Gleichberechtigung in der katholischen Kirche voranzutreiben.“ Sabine Slawik als Mitveranstalterin vom Katholischen Frauenbund war in ihren Schlussworten berührt von der Predigt: „Das zeigt, wie wichtig und richtig Frauen in der Kirche sind.“



Hier finden Sie die vollständige Frauenpredigt von Schwester Katharina Ganz OSF im Original:
Bericht und Fotos: Andreas Schmidt
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