Pater Wilfried Kunz SAC

Er liebt die Geschichte und lebt in der Gegenwart

Wenn man Pater Wilfried Kunz fragt, was er an Vinzenz Pallotti schätzt, sagt er: Dass dieser Priester und Seelsorger „den Blick und den Mut hatte, das, was auf ihn zukam, beherzt anzugehen und zwar immer in einem Miteinander“. Damit beschreibt P. Kunz irgendwie auch sein eigenes Leben. Denn an allen Orten, an denen der Pallottiner eingesetzt war, hat er mit großem Engagement gewirkt – und eben immer auch im Miteinander mit den Mitbrüdern, den haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, mit den ihm anvertrauten Menschen und überhaupt mit allen, die ihm begegnen. Denn er ist nun mal ein kontaktfreudiger Mensch, ein redegewandter Priester, ein fleißiger Mann, dessen zwei Arbeitsfelder ihm nicht Last, sondern Aufgabe, Hobby und Lebenselixier sind: die Seelsorge und die Geschichte.

Vom Schwarzwald in den Kraichgau

Geboren wurde er 1943 in Tennenbronn im Schwarzwald. Hier wuchs er im Elternhaus zusammen mit seinen sieben Geschwistern auf. In der Gemeinde lernte er wie nebenbei die Pallottiner kennen. Da war die Volksmission. Patres aus Friedberg predigten in Tennenbronn. Die Begeisterung, die durch den Ort ging, berührte auch die Familie Kunz und damit den Messdiener Wilfried. 1953 feierte man in der Gemeinde die Primiz des im Januar 2020 verstorbenen P. Helmut Moosmann. „Ein großes Ereignis in unserem Dorf“, erinnert sich P. Kunz. Er weiß nicht mehr, ob er bei der Primiz ministriert hat. Was er noch weiß ist der Gang mit dem Pfarrer, der die Krankenkommunion zu einem entlegenen Bauerngehöft brachte. Wie üblich begleitete damals ein Ministrant den Pfarrer mit einer Laterne und einem Glöckchen. Auf dem Hinweg, der mehr als eine halbe Stunde dauerte, wurde geschwiegen. Auf dem Rückweg sprachen Pfarrer und Messdiener über dies und das. Und plötzlich fragte der Priester: „Wilfried, kannst Du dir vorstellen, auch Priester zu werden?“ Die Frage ließ ihn nicht mehr los.

Der Pfarrer war ein guter Freund von Pallottiner-Pater Franz-Josef Volk (1910 -1985), der ihn auch manchmal in Tennenbronn vertrat. Der Pfarrer unterrichtete einige Jungen seiner Gemeinde in Latein, sprach mit den Eltern und vermittelte sie auf das St. Paulusheim, die damalige Nachwuchsschule der Pallottiner in Bruchsal. So kam auch Wilfried Kunz im April 1954 vom Schwarzwald in den Kraichgau und erlebte in Bruchsal neun gute Jahre. Daheim vorgebildet, breiteten ihm die Sprachen keine Probleme. „Mathematik und Physik schon eher“, lacht er heute. Und: Machte ihm Geografie zunächst großen Spaß, so wurde es mehr und mehr das Fach Geschichte. Das sollte noch Folgen haben.

Lieber Seelsorger als Gelehrter

Nach dem Abitur 1963 geht Wilfried Kunz in das Noviziat der Gemeinschaft nach Untermerzbach. Sein Novizenmeister ist P. Ernst-Paul Rummel. Am 1. Mai 1965 legt er seine erste Profeß ab zusammen mit den Mitbrüdern Alois Mäntele und Waldemar Janzer. Nach der Priesterweihe 1969 ist er im Pastoralinstitut in Friedberg und wirkt in der Gemeinde St. Anton in Augsburg. Da kommt P. Franz-Josef Volk, inzwischen Provinzial der Süddeutschen Provinz, auf ihn zu und fragt, ob er nicht Kirchengeschichte studieren wolle. Gereizt habe ihn das, aber er wollte nicht weiter die Schulbank drücken und er hatte Freude an der Seelsorge gefunden.

So kam er für zwei Jahre in die Pallottiner-Pfarrei nach Stuttgart-Hohenheim. Dann zog er in den „Asamwald“. Mit Begeisterung erzählt P. Kunz von den drei großen Hochhäusern, in denen 2500 Menschen wohnten. Mittendrin er. Es gab ein ökumenisches Kirchenzentrum mit Kindergarten und Gemeinderäumen, in denen auch die Hl. Messe gefeiert wurde. „Eine wunderbare Zeit, in der ich jeden Tag Leute aufgesucht habe, Familien, allein erziehende Mütter, Kranke“, schwärmt der Seelsorger noch heute.

Von 1978 bis 1984 ist er Rektor in Freising, wo die Gemeinschaft damals noch ein Internat unterhielt. P. Kunz entwickelte eine gute Zusammenarbeit mit dem Erzbistum München-Freising, so dass deren „Kleines Seminar“ bei ihm einzog. Stolz ist er bis heute auf den Besuch von Erzbischof Josef Ratzinger zur 50-Jahrfeier des Hauses.
Von 1984 bis 1998 leitet er dann das Haus St. Bernhard in Schwäbisch Gemünd: die Gemeinschaft der zehn Patres und Brüder, das Progymnasium und Internat für so genannte Spätaussiedler und auch Geflüchtete aus Vietnam und Jugoslawien.

Dann wechselt er noch mal für zwei Jahre an das Christkönigheim nach Stuttgart, ehe er sich für ein Jahr in das Provinzialat in Friedberg zurückzieht. Warum? Der Historiker hatte eine bemerkenswerte Chronik des Christkönigsheims verfasst. Daraufhin bat ihn der Obere der Pallottiner in Österreich, P. Alois Schwarzfischer, eine Geschichte der dortigen Pallottiner zu schreiben. Gesagt, getan. P. Kunz durchforstet Archive, Bibliotheken und Akten und arbeitet auch mit der Universität Salzburg zusammen. Dort empfiehlt man ihm, seine Arbeit einzureichen. Und er erhält den Titel eines Magisters der Theologie. „Heute“, lacht Mag. Theol. Wilfried Kunz, „nutzt mir das gar nichts“. Aber es habe doch gut getan.

Ein Herz für die Wallfahrt und die Wallfahrtskirche

Die Obern senden ihn 2001 für zehn Jahre als Wallfahrtsdirektor an die Kirche „Zu unseres Herrn Ruh“ in Friedberg. Die Wallfahrtsseelsorge macht ihm ungeheuer Freude. Der Historiker gibt die Melcher-Chronik neu heraus. Pfarrer Melcher hatte im 19. Jahrhundert die Wallfahrt neu belebt. Und noch eine Seite von P. Kunz kommt in Herrgottsruh zum Zug. Er liebt die Kunst und besucht gerne Ausstellungen. „In meiner Bibliothek gibt es x Kataloge“, erzählt er. So begleitet er kompetent die fast zehnjährige Renovation des Rokoko-Juwels, ehe er 2011 schweren Herzens nach Mering wechselt.

Hier war immer ein Pallottiner Hausgeistlicher der Theresienschwestern. Dazu gehörte auch die Seelsorge im Seniorenheim St. Theresa. Das war P. Kunz zu wenig. So machte er einen Deal mit Pfarrer Dr. Thomas Schwarz. Pfarrei und „Kloster“ öffneten sich füreinander, so dass P. Kunz heute aus Mering nicht mehr wegzudenken ist. Er predigt, tauft, hält Beerdigungen, macht Krankenbesuche. War das Kümmern um Kranke nicht schon immer sein großes Charisma? P. Kunz sagt „Ja und Nein. Ich mag alle Menschen. Mein Leben hier in Mering ist voller Begegnungen, ob im Rahmen von kirchlichen Feiern, ob im Altenheim, ob am Gartenzaun.“ Ja, die Meringer mögen ihn. Im letzten Jahr bereiteten sie ihm zu seinem Goldenen Priesterjubiläum ein großartiges Fest.

Und auch in Friedberg im Provinzialat schätzt man den Mitbruder, der hier das Archiv betreut. 2005 bat ihn der der damalige Provinzial P. Hans-Peter Becker, die Geschichte der ehemaligen Südprovinz aufzuschreiben. Gut, das P. Kunz außer ein paar Verwandtenbesuchen Reisen nicht mag. So galten seine Freizeit und seine Urlaube dem Projekt, das heute zehn Bände umfasst und ein kompetentes Nachschlagewerk ist für alle, die sich für die Geschichte der „Friedberger Pallottiner“ interessieren.

Und was macht er jetzt in seiner Freizeit, da das Werk vollendet ist? „Gerade lese ich sämtliche Werke von Theodor Fontane“, sagt er,“ den mag ich sehr.“ Mehr kann er jetzt nicht sagen. Das Telefon klingelt. Pfarrer Schwartz ruft an. „Wilfried, kannst Du eine Beerdigung übernehmen?“

Text und Bilder: Pater Alexander Holzbach

Chronik der Süddeutschen Provinz der Pallottiner
P. Wilfried Kunz (links) übergibt Provinzial P. Helmut Scharler seine „Geschichte der Süddeutschen Pallottiner-Provinz“, an der er mehr als zehn Jahre gearbeitet hat.

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