Aus dem Limburger „Studio Union“ der Pallottiner
Neue geistliche Lieder (NGL) für eine andere Welt – Pater Perne war ein „Gitarrist Gottes“
1892 kamen die Pallottiner nach Limburg und erbauten bereits fünf Jahre später in der Südstadt ihr Missionshaus. Generationen von Brüdern wurden in zahlreichen Werkstätten ausgebildet und beschäftigt, zum Beispiel in der Landwirtschaft, in der Metall- und Elektrowerkstatt, in der Gärtnerei, Bäckerei und Metzgerei. Wenige erinnern sich, dass hier bis 1945 die Theologische Hochschule der Gemeinschaft war. Von Limburg aus zog es Missionare hinaus in die Welt. Bis heute unterhalten Pallottiner auf dem Gelände des Limburger Missionshauses ihren eigenen Friedhof.
„Studio Union“ in der Unterkirche von St. Marien
Unter der Marienkirche gab es sogar ein klostereigenes Studio. Das „Studio Union“ führte gewissermaßen ein Eigenleben. In schalldichten Räumen wurden dort Schallplatten, später auch Tonkassetten aufgenommen. Es war ein neuer Weg, Menschen für den Glauben zu erreichen. Der bekannteste Interpret war Pater Heinz Perne, der als singender „Gitarrist Gottes“ dessen Botschaft verbreitete und damit große Erfolge feierte.
Vor 70 Jahren zog der Jesuitenpater Aimé Duval durch verrauchte Kneipen, feierte auch in Deutschland Erfolge und wurde in den Vatikan eingeladen.
Pernes Vorbilder waren französische Geistliche, die nach dem Krieg in den fünfziger Jahren Chansons mit religiösen Texten über Frankreich hinaus in vielen Ländern für Furore sorgten. Mit schwarzer Soutane und Gitarre begeisterte der singende Jesuitenpater Aimé Duval seine Zuhörer. Vor 70 Jahren zog er durch verrauchte Kneipen, feierte auch in Deutschland Erfolge und wurde in den Vatikan eingeladen. In der Zeit Elvis Presslys brach Duval alle musikalischen Rekorde. Eine inspirierende Wirkung erzeugte in jener Zeit auch der Dominikaner Maurice Cocagnac, der zahlreiche religiöse Chansons und Neue geistliche Lieder verfasste und zu Gehör brachte. 1966 stürmte die belgische Nonne Soeur Sourire mit dem Lied über ihren Ordensgründer Dominique die Hitparaden. Auf Deutsch sang vor allem der Schweizer Kaplan Alfred Flury.

Gesungene Glaube in Dur und Moll
Der aus dem Rheinland stammende Pater Heinz Perne, der im Krieg in der Westerwaldgemeinde Nentershausen heimisch wurde und sich nach dem Besuch des Limburger Bischof-Vieter-Kollegs den Pallottinern anschloss, war sozusagen die deutsche Antwort auf die neu entdeckte Möglichkeit, Menschen aus der biblischen Botschaft heraus mit Gottes Wort von der Schöpfung und Erlösung vertraut und Mut zu machen – trotz Zweifel und Schwierigkeiten, die es auch damals gab. Perne war davon überzeugt, dass der in Dur und Moll gesungene Glaube mehr vermag als viele gelehrte Predigten.
Dank ungezählter Veranstaltungen und Vorträge war der Limburger Pallottiner durch Rundfunk und Fernsehen bekannt geworden. Er trat über Europa hinaus in Nord- und Südamerika, Israel, Ägypten, Südafrika und Malawi, Australien sowie in Island auf. Bis in die 1980er Jahre gab es keinen deutschen Katholikentag, auf dem Pater Perne nicht die Säle füllte. Neben seinen eigenen Liedern sang er Chansons seiner Vorbilder Duval und Cocagnac in deutscher Sprache.
Mit Liedtexten wie „Neu die Welt im Licht erstrahlt“, „Ich habe heute den Herrn gesehn“, „Von Liebe reden wir jeden Tag“, „Ich möchte eine Brücke sein“ oder „Wie, mein Herr, kann ich dir danken“, füllte der religiöse Troubadour Gotteshäuser, gestaltete Konzertabende, begleitete mit seiner Gitarre die Jugend- und Erwachsenenbildung, besuchte Exerzitien, Einkehr- und Besinnungstage. Man wollte den Gitarristen Gottes immer wieder hören. So auch im Januar 1963, als mehrere tausend junge Leute bei einem Treffen der Christlichen Arbeiterjugend (CAJ) in Limburg zusammentrafen. Zum Abendprogramm gehörte selbstverständlich Liedersingen mit Pater Perne im St. Georgshof.
Spektakuläre Alternative der Verkündigung
Es ist davon auszugehen, dass diese damals spektakuläre Alternative der Verkündigung und Werbung für den katholischen Glauben durch Pater Perne 1961 in Limburg zur Gründung des „Studio Union“ geführt hat. Dort bannten Tontechniker auch andere religiöse Liedermacher wie Pater Pius Hadulla, Herbert Schaal, Peter Borinski und Werner Stratenschulte auf Vinyl. Später stand die Anlage auch anderen Interpreten für Tonaufnahmen offen. So bediente sich der Rezitator, Sprech- und Spracherzieher Bernd Poieß des Studios als Vortragskünstler von Sagen und Märchen. Auf 25-cm-LPs erzählte er Heiteres und Besinnliches wie das Volksmärchen vom dicken fetten Pfannkuchen und das russische Märchen „Der ungewaschene Bräutigam“ wie auch die Rheinsage „Die Ritter von Bolanden“.
Gründer und erster Studioleiter war von 1962 bis 1973 Hermann Bergmann, ein bei der Marine ausgebildeter Ingenieur-Offizier, der nach Studienjahren und Promotion zum Priester geweiht wurde und für einige Jahre den Pallottinern beitrat. Bergmann wurde in der Frühzeit des Neuen geistlichen Liedes durch einschlägige Kompositionen sowie mit Kinder- und Jugendmessen überregional bekannt. Ihm folgte als Studioleiter Pater Engelbert Tauscher.
150 Songs in Pater Pernes Liederbuch
Seit 1964 hatte Pater Perne im Studio Union zehn Singles und 15 Langspielplatten besungen, später wurden daraus noch drei CD’s produziert. 150 Songs zählt sein in fünf (teilweise erweiterten) Auflagen erschienenes Liederbuch. Der Lahn-Verlag der Pallottiner vertrieb die im Studio Union entstandenen Tonträger. Im Studio Union wurden heute noch angebotene Messen aufgenommen, zu denen auch Notenhefte gehören. Als Beispiele seien die „Schildberger Schuelermesse“ für Singstimme, die „Heidelberger Kindermesse“ – Kinderchor/Instrumente, und die Pfälzer Kindermesse genannt.
In Kooperation mit dem Verlag wurden Arbeitshilfen für die Gestaltung von Gottesdiensten mit jungen Menschen auf Stereo-Musikkassetten produziert. Unter anderem der Titel „Aus Liebe zum Menschen“ – eine Ökumenische Messe für den Frieden – von der Frankfurter Popband „Habakuk“. Zu dieser Kassette war ein Liedheft sowie unter dem gleichen Titel eine 30-cm-LP erschienen. Keiner der Zeitzeugen konnte erinnern, wie lange das Studio Union existierte. Den Lahn-Verlag hatte 1991 das Familienunternehmen Butzon & Bercker GmbH in Kevelaer gekauft.


Pater Heinz Perne SAC
Heinz Perne wurde am 8. November 1930 in Oberhausen im Rheinland geboren und kam im Kriegsjahr 1943 zusammen mit seinen Geschwistern Walter und Johanna in die Heimat seiner Eltern nach Nentershausen. Nach dem Besuch der Volksschule machte er eine Malerlehre, wollte aber Priester werden.
Die Grundlagen erhielt er im Bischof-Vieter-Kolleg der Pallottiner für Spätberufene. 1952 bestand er das Abitur am Limburger Gymnasium und trat der Ordensgemeinschaft bei. Nach seiner Zeit als Novize studierte er an der Philosophisch-Theologischen Hochschule in Vallendar und wurde 1958 zum Priester geweiht. In Limburg war er als Religionslehrer und Erzieher im Vieter-Kolleg und an der Marienschule tätig, arbeitete fortan in der Jugend- und Erwachsenenbildung. Ab 1971 betätigte er sich als Redakteur der Pallottinerzeitschrift „das zeichen“ und war Mitherausgeber der Bildtexthefte im Lahn-Verlag mit einer Auflage von 1,5 Millionen.
Nach 30 Limburger Jahren wurde dem 70-Jährigen eine neue Aufgabe als Beichtseelsorger und Exerzitienpater im Pallotti-Haus in Olpe übertragen. Er starb am 17. Januar 2008 im 78. Lebensjahr an einem Herzinfarkt.
Bericht & Bilder: Dieter Fluck
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