Wie man die Liebe für andere und in anderen neu entfachen kann
Reflexion für die Mitglieder der pallottinischen Unio von Izabella Owczaruk aus Polen
Die Liebe – sie ist zu jeder Zeit ein aktuelles Thema. Jede Generation denkt über sie nach, versucht sie zu definieren, zu beschreiben, auszudrücken. Und jeder Mensch begehrt und sucht sie. Über die Liebe ist viel geschrieben worden. Noch immer suchen die Menschen nach ihr, fragen nach ihr und träumen von ihr. Heutzutage scheint es eine Krise beim Thema Liebe zu geben. In Polen zum Beispiel wurden im Jahr 2023 mehr als 81 000 Scheidungen registriert. In Europa steigt diese Zahl, wie in Polen, weiter an. Die Zahl der Selbstmorde nimmt stetig zu. Die Pandemie und die damit verbundene Isolation und das Gefühl der Angst haben auch die zwischenmenschlichen Beziehungen in Mitleidenschaft gezogen.
Liebe kann durch gemeinsame Werke, Begegnungen, Initiativen entstehen
Vinzenz Pallotti hat immer wieder auf die Liebe Gottes zum Menschen aufmerksam gemacht und daran erinnert. Er versuchte selbst und appellierte an die Menschen, eine Antwort zu geben – auf die Liebe Gottes. Auf der Grundlage seines Lebens und seiner Sendung können wir sagen, dass Vinzenz auch wusste, dass sich die Liebe in Beziehungen verwirklicht. Es gibt keinen anderen Weg, es ist unmöglich zu lieben ohne Kontakt, ohne Dialog, ohne Zusammenarbeit, ohne Nähe und ohne Präsenz. Es war Pallotti, der in der Kirche die Zusammenarbeit zwischen Priestern und Laien eingeführt hat. Er war es, der bezeugte, dass eine gegenseitige Beziehung nur im Kontakt miteinander entfacht werden kann; gemeinsam, einer mit dem anderen. Er wusste, dass Liebe auch durch gemeinsame Werke, Begegnungen, Initiativen entstehen kann, die oft aus der Neugierde heraus geboren werden, wer der andere ist.
Indem ich diesen Artikel auf Anfrage des Generalsekretariats der UAC schreibe, fühle ich mich in gewisser Weise eingeladen, mich in den Kreis der Mitarbeiter Pallottis einzureihen und mein Wissen und meine Erfahrung zu diesem Thema beizutragen. Das, was mit meiner Arbeit und meinem Interesse an der Schaffung von gegenseitigen Beziehungen, am Dialog und an der Durchführung von Gemeinschaftsarbeiten zusammenhängt.
„Als Psychologin arbeite ich täglich mit Familien in Krisen.“
Als Psychologin arbeite ich täglich mit Familien in Krisen. Ich habe die KORALE-Stiftung zur Unterstützung von Familien gegründet und leite sie. Die Stiftung arbeitet mit vielen Gemeinden zusammen, vor allem auch mit den Gerichten, mit Einrichtungen für Jugendliche und für Familien und mit Sozialhilfezentren. Wir arbeiten mit einem Team von 10 Fachleuten. Seit 15 Jahren habe ich dort gelernt, mit Menschen umzugehen.
Wenn ich an die Vereinigung des Katholischen Apostolats denke, habe ich gute Erinnerungen an die Zusammenarbeit zur Unterstützung der Ukraine oder an das Pallotti-Institut in Konstancin-Jeziorna (ein „Animationszentrum für die Sendung des Katholischen Apostolats“ in der Nähe von Warschau) sowie an die Mitgliedschaft im Koordinationsrat der UAC in Polen. Wenn ich mich an diese Aktivitäten erinnere, habe ich ein Gefühl der Nähe zum Guten und eine Wertschätzung der Vielfalt im Zusammensein mit anderen. Ich habe auch die Erfahrung von Misserfolgen in der Zusammenarbeit gemacht, die eine unschätzbare Erfahrung der Härte des Zusammenseins mit anderen und eine Schule der Akzeptanz der eigenen und der Grenzen anderer sind.
Ein Modell für die Liebe – Intimität, Leidenschaft und Bindung
In diesem Artikel möchte ich auch Wissen über die Liebe vermitteln. Ja, Wissen! Psychologen haben in ihrer Leidenschaft, psychologische Phänomene und menschliche Beziehungen zu studieren, ein MODELL FÜR LIEBE entwickelt. Für den normalen Menschen ist Liebe etwas, das im Herzen ist, etwas zwischen Menschen; es ist ein Interesse, ein Wunsch, mit einem anderen zusammen zu sein und etwas gemeinsam zu schaffen. Ich möchte ich mich auf die wissenschaftliche Forschung stützen und das von Robert Sternberg entwickelte MODELL FÜR DIE LIEBE diskutieren. Er behauptet, dass die Liebe aus drei Komponenten besteht: Intimität, Leidenschaft und Bindung.
In den Diagrammen, die die Dauerhaftigkeit der Komponenten beschreiben, erreicht die Leidenschaft den „Höhepunkt“, sie steigt am höchsten, hält aber am kürzesten an. Die Bindung hingegen hält von allen genannten Komponenten der Liebe am längsten an und fällt in der Zeitkurve am langsamsten. Dies scheint recht gut für uns Menschen zu sprechen. Die Forschung bestätigt auch, dass Beziehungen im Durchschnitt etwa 14/15 Jahre dauern.
Sternberg unterscheidet außerdem die folgenden Muster:1. blinde Liebe = Leidenschaft + nichts. 2. gegenseitige Sympathie = Intimität + nichts. 3. leere Liebe = Verpflichtung + nichts 4. romantische Liebe = Intimität + Leidenschaft 5. freundschaftliche Liebe = Intimität + Verpflichtung 6. tödliche Liebe = Leidenschaft + Verpflichtung 7. vollständige Liebe = Leidenschaft + Intimität + Verpflichtung.
Wir mögen mit diesen Mustern nicht ganz einverstanden sein oder uns fragen, was sie mit der UNIO zu tun haben. Ich denke, es ist wichtig, sich daran zu erinnern, dass wir in unseren Gemeinschaften Freundschaften schließen können. Wir können in einander eine Liebe der Freundschaft hervorrufen, die auf Nähe, Respekt, Gegenseitigkeit, gegenseitigem Austausch von Erfahrungen, Träumen, Wünschen und Gedanken beruht. Das wäre die „Intimität“ in der Freundschaft. Erfahrung + Engagement könnte im Kontext der Gemeinschaft als Pflege der Dauerhaftigkeit und des Bewusstseins der Beziehung verstanden werden, als Bemühen um ihre Dauer und als Engagement für ein gemeinsames Ziel und den Zusammenschluss für eine bestimmte Mission.
„Es braucht drei Elemente, um die gegenseitige Liebe in den Menschen zu entfachen.“
In meiner Arbeit habe ich sehr oft mit Gruppen zu tun: Trainings-, Therapie- oder interpersonelle Trainingsgruppen. Ich beobachte, dass in Gruppen, in denen Menschen ihre Gefühle, Erfahrungen und Gedanken teilen, eine besondere Art von Beziehung zwischen ihnen entsteht. Sie wollen miteinander sein, sie sind neugierig aufeinander, sie reden gerne, sie stellen Fragen, sie wollen Pausen miteinander verbringen, sie tauschen Kontakte aus, sie treffen sich irgendwo außerhalb der Gruppe. Es scheint, dass die Bindung zwischen den Menschen umso größer ist, je größer die Offenheit ist.
Eine Erfahrung, die ich in einer online-Gruppe der UAC gemacht habe, war für mich erstaunlich. Wir haben die Gruppe gegründet, um den Opfern des Krieges in der Ukraine zu helfen, der zu dieser Zeit begann. Wir organisierten Sammlungen von Lebensmitteln für die Bevölkerung und die Soldaten, Schlafsäcke und Unterwäsche. Wir waren 6 Personen, die aus verschiedenen Teilen unseres Landes stammten. Wir kommunizierten hauptsächlich über Messenger-Dienste, und doch spürte ich eine Art von Verbundenheit zwischen uns. Wir tauschten nicht nur Informationen darüber aus, wie viel Geld wir hatten, was wir kaufen konnten, wohin wir die notwendigen Dinge und Artikel schicken sollten und wer sich darum kümmern würde, sondern wir teilten auch von Zeit zu Zeit unsere Emotionen (z. B. Wut über den andauernden Krieg, Freude darüber, dass wir angesichts des andauernden Dramas unserer Nachbarn nicht machtlos sind, dass etwas funktioniert und die Hilfe die Bedürftigen erreicht; es gab auch Witze, die wir gemeinsam machten). Und obwohl wir nun schon seit einigen Monaten keinen Kontakt mehr haben, fühle ich mich diesen Menschen immer noch verbunden. Es hat sich eine Art Zuneigung und Bindung zwischen uns entwickelt. In Anbetracht dessen, was ich aus meinem Wissen und meiner Erfahrung heraus geschrieben habe, wage ich die Schlussfolgerung, dass es 3 Elemente braucht, um die gegenseitige Liebe in den Menschen zu entfachen.
1. Intimität zwischen den Menschen – das heißt, die Voraussetzungen für gegenseitige Offenheit zu schaffen, die Emotionen, Gefühle, Gedanken und Erfahrungen des anderen zu teilen und dabei auf gegenseitigen Respekt zu achten. Dies ist sicherlich eine wichtige und notwendige Fähigkeit für einen Gruppenleiter, der eine gute Atmosphäre der Offenheit zwischen den Menschen schaffen kann.
2. Engagement – Einverständnis und Bereitschaft, zusammen zu sein. Das Bewusstsein, dass es Arbeit gibt, die zum Wohle der Beziehung getan werden muss, dass man sich anstrengen muss, dass es gemeinsame Bindungen und Kontakte gibt.
3. Wenn es zutrifft, wie Pallotti behauptet, dass die Nächstenliebe die Grundlage des christlichen Lebens ist, dann kann sie nur in gegenseitigen Beziehungen verwirklicht werden. Angst vor dem Kontakt mit anderen, Angst, mit anderen in Beziehung zu treten, braucht Intervention und Hilfe. Und eine gute Gemeinschaft kann ein Ort sein, an dem die Wunden vergangener Erfahrungen und das Leid, das einer Person in einer Beziehung zugefügt wurde, geheilt werden.
Wir alle sind auf Liebe hin geordnet und geschaffen. Jedes menschliche Wesen wünscht und sucht sie. Als Menschen, individuell und gemeinschaftlich, tragen wir den Beweis in uns, dass „die drei Dinge GLAUBE, HOFFNUNG und LIEBE Bestand haben. Und von ihnen ist die LIEBE die größte“.
Izabella Owczaruk UAC
KORALE-Stiftung, Polen
Quelle: Apostel heute, Monatliche Reflexion für die Mitglieder der Unio im Dezember 2024, Hrsg.: Union des Katholischen Apostolats (Pallottinische Unio), Rom. Übersetzung: Pater Wolfgang Weiss. Bild: irissca adobe stock (generiert mit KI)
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