Es geht ums "Wachsen" und um die "Fülle des Lebens"
Der Jugendhof Pallotti in Lennestadt
Auf dem Weg zum Jugendhof Pallotti in Lennestadt kommt schnell der Gedanke „Hier ist die Welt noch in Ordnung“. Der richtige Platz für eine gute Zeit inmitten der Natur tief im Sauerland. Vom Berg, auf dem die Jugendbildungsstätte vor einem Jahr ihr neues Domizil bezogen hat, ist der Ausblick malerisch. Rundherum ruhen die Wälder des Rothaargebirges. Auf dem Gelände ist‘s erst mal vorbei mit der Ruhe: Hier herrscht munteres Treiben. Denn man ist angekommen an der pallottinischen Jugendbildungsstätte im Süden des Erzbistums Paderborn. Junge Menschen prägen das Bild.
Der Jugendhof der Pallottiner ist eine Institution im Südsauerland, seit über 32 Jahren nutzen Jugendgruppen, Schulklassen und Familien diesen – und seit fast zwei Jahren am neuen Standort in Lennestadt. Vorher war der Jugendhof in Olpe präsent, wo die Pallottiner über 100 Jahre ein Kloster mit einem großen Exerzitienhaus unterhielten. „Nun sind wir wieder in einem Kloster untergebracht“, freut sich Georg Hunold, der Leiter der Einrichtung, denn das Erzbistum hat dem Jugendhof das ehemalige Kloster der Missionare der Heiligen Familie in Lennestadt-Altenhunden, etwa 18 Kilometer von Olpe entfernt, umgebaut und renoviert. „Ein idealer Ort“, erklärt Hunold, denn ein großes katholisches Gymnasium, eine Kirche und ein neues jugendspirituelles Zentrum befinden sich direkt in der Nachbarschaft. Manche sprechen schon von einem neuen Berg Tabor in Lennestadt, in Anlehnung an den biblischen Ort in Galiläa.
Dr. Meike Rieckmann-Berkenbrock stürzt sich jedes Jahr aufs Neue in ein Abenteuer, wenn sie vom Gymnasium in Hilchenbach-Allenbach zum Jugendhof reist, denn im Gepäck hat sie immer viele junge Schüler. „Orientierungstage“ heißt die Zeit, die die Schüler zusammen mit dem pädagogischen Team des Jugendhofs gestalten. „Unser Programm besteht immer aus einer Abwechslung von gemeinsamen Aktionen, Arbeit in der Stille, Meditation und Andacht – und der Spaß kommt auch nicht zu kurz“ erklärt die Lehrerin. Doch – Hand aufs Herz – fällt einem denn nicht die Decke auf den Kopf an diesem Ort, wo Fuchs und Hase sich nach Schulschluss gute Nacht sagen? „Ich erlebe die Zeit im Jugendhof als äußerst fruchtbar und merke auch, wie sehr sich die Schüler und Schülerinnen im Nachhinein die dort gebotene Ruhe zurück in den Alltag wünschen.“
Meike Rieckmann-Berkenbrock ist evangelisch und hatte vorher keine Berührungspunkte zu pallottinischer Spiritualität. Doch im Jugendhof hat sie einen Zugang dazu gefunden – auch ohne, dass noch ein „richtiger Pallottiner“ im Team mitarbeitet. „Jeder wird als Mensch wahrgenommen, der auf dem Weg ist. Insgesamt haben religiöse Fragen im Jugendhof ebenso ihre Berechtigung wie auch lebenspraktische Überlegungen.“ Die Schüler vom Stift Keppel haben beispielsweise Fragen zu Leben und Tod ebenso thematisiert wie Zukunftsängste und Lebensplanungen.
„Wir sind natürlich traurig darüber, dass kein Pallottiner hier wirkt“, sagt Georg Hunold. Aber viel wichtiger sei doch, dass der pallottinische Geist spürbar bleibt und gelebt werde: Jeder ist berufen Apostel zu sein. „Das ist für mich persönlich, aber auch für das ganze Team, Ansporn und Verpflichtung zugleich.“ Der Jugendhof hat sich dazu einen Leitspruch gegeben, „Wachsen zur Fülle des Lebens“. „Es geht bei unserer Arbeit vor allem um Persönlichkeitsbildung. Die jungen Menschen sollen bei uns die Chance haben zu spüren, was wirklich wichtig ist im Leben“, sagt Christoph Schnellbacher, Pädagogischer Leiter im Jugendhof. „So wachsen sie in kleinen Schritten hin zur Fülle des Lebens.“
Einer, der hier gewachsen ist, ist Maximilian Blom. „Ich weiß gar nicht so genau, wann ich das erste Mal im Jugendhof des Pallotti-Hauses in Olpe war“, erzählt der 24-Jährige. „Wahrscheinlich war ich als Kommunionkind erstmals da“, denn der Jugendhof war und ist bis heute auch eine Anlaufstelle für Kommunion- und Firmwochenenden. Richtig regelmäßig engagiert sich Maximilian Blom seit 2011 im Haus, da er im Team der hauseigenen Ferienfreizeit war und ab 2013 auch regelmäßig Tage der Orientierung mitgestaltet hat. Jetzt arbeitet er als Musikjournalist und wohnt in Bochum.
Wenn man mit Maximilian Blom über den Jugendhof spricht, dann fallen ihm schnell prägnante Schlagworte ein. „Ich schätze vor allem die Offenheit und Toleranz. Jeder Mensch, egal mit welchem Hintergrund, welchen Geschlechtes und welcher sexuellen Orientierung, wird am Haus willkommen geheißen.“
Eine, die den Jugendhof noch länger durch die Jahre begleitet, ist Susanne Schönauer. Regelmäßig zieht es sie zu diesem besonderen Ort. „Ich bin im Kreis Olpe aufgewachsen und war als Jugendliche das erste Mal im Jugendhof. Es muss im Rahmen der Messdienerarbeit um 1990 gewesen sein.“ Schönauer war Kreisvorsitzende des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ), der Jugendhof war immer ein wichtiger Kooperationspartner. „Der Jugendhof war und ist für die regionale Jugendarbeit immer das sogenannte ‚Wohnzimmer‘“, scherzt Schönauer.
Besonders bei den vergangenen 72-Stunden-Aktionen, der großen Sozialaktion der katholischen Jugend, habe sich das gezeigt, der Jugendhof war Treff- und Ausgangspunkt. Ein Projekt fand beispielsweise zusammen mit dem Pfadfinderstamm aus Olpe, der Klasse 9b des benachbarten Gymnasiums und mit Beschäftigten der Werthmann-Werkstätten statt. Mit vereinten Kräften wurde ein Waldforum, ähnlich einem kleinen Amphitheater, gebaut, in dem nun verschiedene Aktionen stattfinden können. Georg Hunold blick stolz zurück: „Wir haben eine Pfadfinderjugendgruppe, eine Schulklasse und Menschen mit Behinderungen zusammengebracht und gezeigt, dass diese Zusammenarbeit funktioniert und Spaß macht.“ Und auch Susanne Schönauer findet, dass es ganz pallottinisch zugeht. „Jeder Mensch kann, darf und soll seine Talente einbringen, um ein gelingendes Leben für alle zu ermöglichen.“
Text & Bilder: Andreas Schmid
Bild 72-Stunden-Aktion: Georg Hunold
Bild Hochsauerland: anweber Adobe Stock
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