
"Ich wäre sicher ins Paulusheim gegangen"
Im Zickzack zum Kommunionunterricht
Da ich in Bruchsal in der Hofpfarrei, in deren Gebiet das Paulusheim liegt, aufgewachsen bin, waren die Pallottiner mir sehr früh vertraut. Es gab zur Zeit meiner Kindheit und Jugend bis zum Konzil noch die sogenannten „Levitierten Hochämter“ an den Festtagen. Da unser Hofpfarrer nur einen Kaplan hatte, brauchte er dazu immer einen Pater aus dem Paulusheim. Der durfte dann, wie auch der Kaplan, Diakon oder Subdiakon spielen, obwohl er Priester war.
Am 1.3.1945 wurde Bruchsals Innenstadt durch einen Bombenangriff total zerstört. Auch unsere Hofkirche sowie das Fürstbischöfliche Schloss. Das Paulusheim war zum Glück verschont geblieben. Wir etwa 60 Kinder der Hofpfarrei sollten am 8. April, dem Weißen Sonntag, zur ersten Heiligen Kommunion gehen. Nun war die Gemeinde total zerstreut. Einige wenige Kinder sammelte unser Hofpfarrer in der Kapelle des Krankenhauses, um den Kommunionunterricht weiter zu führen. Meine Familie hatte weit draußen im Feld gegen Ubstadt bei einer Tante Unterschlupf gefunden. Ich musste deshalb zum Kommunionunterricht übers offene Feld. Es war ja noch Krieg. Zum Glück war über einige Äcker weg ein langer Schützengraben im Zickzack angelegt, sodass ich manches Mal vor den Tieffliegern da unten Schutz suchen konnte. Dann war über die Ostertage die Front über uns hinweggegangen. Wir waren zunächst von den Franzosen besetzt (später kamen die Amerikaner). Es gab dann manchmal Ausgangssperren, sodass es schwierig war, sich zu verständigen. Aber der Pfarrer hat es geschafft.
Nun war der Weiße Sonntag da. Die Krankenhauskapelle war für die Kommunionfeier viel zu klein. So konnten wir in der großen Kapelle des Paulusheimes unsere Erstkommunion feiern. Von den ehemals 60 Kindern waren wir nur noch neun. Einige waren bei dem Angriff ums Leben gekommen, wie meine Klassenkameradin Anita, die in der Straße gegenüber von uns gewohnt hatte. Andere waren vielleicht in den Dörfern um Bruchsal untergekommen. Denn unter den neun Kindern waren auch zwei oder drei, die als „Ostflüchtlinge“ mit ihren Familien im Paulusheim untergebracht waren. Es war eine schöne Feier bei den Pallottinern. Ich im geliehenen weißen Kleid. Denn wir hatten ja nichts mehr.
Auch an die Christmetten im Paulusheim erinnere ich mich noch gerne. In der Erzdiözese Freiburg war es, aus mir nicht bekannten Gründen, damals den Pfarrern nicht erlaubt, um Mitternacht in der Pfarrkirche die Christmette zu feiern. Sie wurde am ersten Weihnachtstag morgens um sechs Uhr gefeiert. Ausgenommen von diesem Verbot waren Klöster und geschlossene Häuser. Also auch das Paulusheim. Nur durfte man nicht direkt von der Straße oder dem Vorplatz in die Kapelle. So wurde man durch die Klosterpforte und das Haus in die Kapelle geleitet. (Das war ein Schlupfloch.) Mein Bruder und ich waren oft dabei. Auch an die jährlichen Theaterspiele der Internatsschüler erinnere ich mich sehr gerne.
Nach dem Krieg war auch das Bruchsaler Schönborngymnasium für einige Jahre im Paulusheim untergekommen, bis wieder ein Haus für die Schule gebaut war. Und die Schülerspeisung durfte im Refektorium der Internatsschüler stattfinden. Schade, dass damals noch keine Mädchen die Schule besuchen durften. Ich wäre sicher in dieses Gymnasium gegangen.
Erinnert hat sich:
Gisela Kramer aus Mosbach

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