Offene Herzen brauchen keine Sprache
Zu Gast im "warmen Herzen Afrikas" - ein Reisebericht aus Malawi
Im Oktober dieses Jahres hatte ich die Gelegenheit Malawi zu besuchen. Der Grund und sicherlich auch der Höhepunkt der Reise, war, Kaphatika kennenzulernen. Es war etwas ganz Besonderes für mich, persönlich dort sein zu können, denn ich begleite den Aufbau der Pfarrei von meinem Büro in Deutschland aus schon seit über drei Jahren – von der Planung bis zum heutigen Stand. Aber eben alles tausende Kilometer entfernt vom tatsächlichen Geschehen.
Kaphatika nun selbst besuchen zu können, war ein sehr emotionales Erlebnis. Das Land, das Dorf und die Menschen dort kennenzulernen, das alles hat bei mir einen bleibenden Eindruck hinterlassen – aber auch die Gewissheit, dass wir auf dem richtigen Weg sind.
Firmung in Kaphatika
Am 13.10.2019 habe ich das neue Pfarrhaus besichtigt, in das bald eingezogen werden kann und es war zugleich Firmtag. Es herrschte ein buntes Treiben: Ein großer Platz, mit Planen aus zusammengenähten Zementsäcken überdacht, bestuhlt und der Altarraum mit roten Hussen, Schleifen und Luftballonen geschmückt, Schulbänke und Strohmatten wurden herbeigeschafft, um jedem einen Platz zu bieten. Die Bäume links und rechts dienten ebenfalls als erweiterte Open Air Kirche. Das Warten auf den Bischof wurde gefüllt mit Chorgesängen, Platzzuweisungen, Anweisungen für die Firmlinge und die Gemeinde. Unweit dieses Platzes im Dorf summte es wie in einem Bienenstock. Es wurden Hühner gerupft, Fleisch und Gemüse unter den Bäumen geschnitten, Wasser herangeschleppt – alles für den späteren Empfang im neuen Pfarrhaus. Zwischendrin aufgeregte Kinder, Firmlinge, Tanzgruppen, Ziegen und Hühner – und ich als einzige weiße Frau mittendrin. Ich wurde unglaublich herzlich aufgenommen. Es wurden Umarmungen ausgetauscht und jeder wollte fotografiert werden. Sprachbarrieren gab es kaum, kein Englisch? Kein Problem: Gesten, ein Lächeln, Berührung – offene Herzen brauchen keine Sprache.
Fünf Stunden mit Gesang und Tanz
Die Ankunft des Bischofs war der Anfang eines fünfstündigen Gottesdienstes. Ein lebendiger, lauter Gottesdienst mit Tanz und Gesängen, einem Kommen und Gehen. Wunderbar! Was mich jedoch am meisten beeindruckt hat, waren die Kinder, die den gesamten Gottesdienst brav auf ihren Plätzen auf dem Boden (teilweise in der prallen Sonne) sitzend mitgefeiert haben. Oder auch die Buben und Mädchen, die trotz der Hitze voller Enthusiasmus tanzten. Die Opfergaben bzw. Geschenke für den Bischof und die Pfarrei waren nicht nur monetär: lebendige Ziegen und Hühner wurden angeschleppt, Eier, Mehl und weitere Lebensmittel fanden den Weg zum Altar, begleitet von lauter Musik und Zeremonientänzern – ein tolles Erlebnis: Lebendige Kirche in seiner schönsten Form!
Pater Hau, Pater Jones und Pater Mangwele haben konzelebriert und die Ansprache von Pater Hau wurde von Pater Mangwele von Englisch in Chichewa übersetzt, da ein Großteil der Gottesdienstbesucher kein Englisch spricht.
Besuch auf der Baustelle
Ich hatte den ganzen Tag über die Gelegenheit, mich im Dorf umzuschauen und die Fortschritte zu sehen, die seit der Ankunft der Pallottiner dort stattgefunden haben. Der Brunnen ist zweifelsohne eine große Errungenschaft und verbessert die Lebensbedingungen für alle Dorfbewohner. Außerdem konnte ich die Schule besichtigen, die durch Spendengelder renoviert wurde. Eine unglaubliche Verbesserung der Bedingungen für viele der Schüler. Neben den renovierten Gebäuden sind noch immer Strohhütten im Betrieb, vollgestopft mit am Boden sitzenden Kindern. Manchmal ist es darin einfach zu heiß, sodass der Unterricht im Schatten unter den Bäumen stattfindet. Es besteht in jedem Fall die Notwendigkeit für weitere Schulräume zu sorgen. Aber wie sagt man: Rom wurde auch nicht an einem Tag errichtet. Die Kirche wird im Moment ebenfalls in Eigenleistung der Dorfbewohner mit Hilfe von Spendengeldern renoviert und es wurde gerade erst das alte Dach abgetragen. Die Arbeiten gehen voran und die Leute dort sind stolz darauf, ihre Kirche wieder mit aufbauen zu können.
Sehr beeindruckend ist, dass bei den Bauarbeiten, sei es beim Bau des Pfarrhauses, bei der Renovierung der Schule und der Kirche, keine einzige Maschine zum Einsatz kommt. Alles wird in Handarbeit erledigt. Ziegelsteine werden selbst hergestellt, Beton und Putz noch in einer Erdmulde von Hand gemischt, Wasserträgerinnen sorgen unermüdlich für Nachschub auf den Baustellen. Wenn man die fertigen Bauten sieht, kann man es kaum glauben. Ich konnte mich jedoch selbst davon überzeugen, da im Moment auch das neue Postulat in unmittelbarer Nähe zum Pfarrhaus entsteht. Und wo ich auch hinblickte, sah ich in freudige Gesichter. Die Menschen in Kaphatika sind stolz und froh über die Anwesenheit der Pallottiner und bringen das immer wieder zum Ausdruck.
Malawi ist unglaublich
Ich war vom 2. Oktober an insgesamt zwei Wochen in Malawi unterwegs. Meine Reisebegleitung waren Bruder Bert und Rudolf Bäuml (ein Freund von Br. Bert aus „Kameruner Zeiten“) und ab 11. Oktober stieß Pater Hau dazu. Die Hauptstationen waren Lilongwe, Kaphatika, Balaka, Blantyre, Thyolo, Mangochi, Nkothakota und Kasungu. Bruder Bert, der bereits seit fast drei Jahren in Malawi lebt und arbeitet, hat mir Land und Leute nahegebracht. Ich durfte mit ihm alle Orte besuchen, in denen die Pallottiner künftig aktiv werden und teilweise bereits sind. Wir haben in dieser Zeit knappe 2000 km zurückgelegt! Es ist beeindruckend, was er bereits auf den Weg gebracht hat und vor allem unter welchen Umständen! Es braucht Einfühlungsvermögen und vor allem Geduld, die Dinge in Malawi auf den Weg zu bringen.
Ich bin dankbar für die Zeit, die ich dort sehr intensiv erleben durfte. Neben den beeindruckenden Landschaften, dem wunderbaren Malawisee und den bunten Märkten habe ich auch die Armut der Menschen gesehen, die Not der Frauen, über die man nicht spricht, die Hüttendörfer, die mit Plastikmüll übersäten Äcker und Straßen, die unglaublich vielen Kinder und die vielen jungen und verschwindend wenigen alten Menschen, die mangelhafte medizinische Versorgung, die Ausbeutung der Natur durch die Abholzung der Bäume, die Liste ließe sich noch um einiges erweitern. Trotz allem sind die Einwohner von Malawi überwiegend sehr herzliche, freundliche und dankbare Menschen – so durfte ich erfahren, warum Malawi das warme Herz Afrikas genannt wird.
Ein großes Dankeschön an Bruder Bert, der sich die Zeit für mich genommen hat, mir all das zu zeigen, unermüdlich Kilometer für Kilometer gefahren ist und vor allem gut auf mich aufgepasst hat. Er hat die Reise perfekt geplant und uns immer gut untergebracht, mir das Land von einer Seite gezeigt, die Touristen auf diese Weise nicht erleben können und mich vielen wunderbaren Menschen vorgestellt. Danke für die vielen tollen Gespräche und das unkomplizierte Beisammensein, was nicht selbstverständlich ist, wenn man 14 Tage lang fast rund um die Uhr „zusammenlebt“.
Dies war ein Einblick in meine Reise – mein Fazit: Es gibt noch viel zu tun und ich kann nun sagen, die Pallottiner sind auf einem guten Weg und herzlich willkommen in Malawi.
Reisebericht: Patrizia Russo
Bilder: Bruder Bert Meyer & Patrizia Russo
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