Dieses Institut macht Mut
Seelsorge-Persönlichkeiten fallen nicht vom Himmel
Aus dem Weihrauchfass steigt kein Rauch auf und im Kelch ersetzt Wasser den Wein. Dies ist eine Trockenübung. Nachwuchs-Seelsorger üben hinter verschlossener Kirchentür ein, wie sie künftig Gottesdienste zelebrieren werden. Eine Videokamera läuft mit und hält Details fest – wie etwa die Haltung der Hände. Kameramann ist Pater Christoph Lentz, der als Regens das Pastoraltheologische Institut der Pallottiner im bayerischen Friedberg leitet. Diese Einrichtung unterstützt Ordensleute beim Einstieg in die Seelsorgepraxis und begleitet sie oft weiter in ihren ersten fünf Priesterjahren. Dabei lernen die Patres die vielfältigen Tätigkeitsfelder von Seelsorgern kennen und probieren diese auch wirklichkeitsnah aus – so wie gerade den Ablauf des Gottesdienstes.
Priester müssen stimmig sein
Vorab hat Vize-Regens Rolf Fuchs den Kursteilnehmern verdeutlicht, was er sich von den Zelebranten wünscht. Sie sollen ausstrahlen, dass die Feier zusammen mit der Pfarrgemeinde Freude bereitet. Später zeigt die gemeinsame Auswertung der Videoaufnahmen, dass Hektik oder zu schnelle Schritte am Altar nicht passen. Doch vor allem ermuntert Pater Fuchs dazu: „Was ihr tut, muss für euch stimmig sein. Seid authentisch!“
Persönlichkeitsentwicklung spielt eine wichtige Rolle am Institut. Dort kommen ganz unterschiedliche Persönlichkeiten von verschiedenen Kontinenten und aus unterschiedlichen geistlichen Gemeinschaften zusammen. Nach ihrem Theologiestudium sammeln sie als Referendare ein gutes Jahr lang erste praktische Erfahrungen in einer Pfarrei. In dieser Zeit führt ihr Weg immer wieder zu Seminartagen und Intensivkursen nach Friedberg.
Ausbildung auf Augenhöhe
Ein Katzensprung für Pater Martin Holzmann, weil er in der örtlichen Friedberger Pfarrei eingesetzt ist. Der Dominikaner (Jahrgang 1989) weiß, dass ihn Herausforderungen erwarten. Als anspruchsvoll empfindet er beispielsweise Trauergespräche. „Man weiß nicht, was einen erwartet. Man darf nicht sagen, das wird schon wieder. Aber man kann unter anderem da sein und zuhören.“ Drei Tage lang gab es dazu Ratschläge von einem Klinikseelsorger. Als entlastend empfindet es der Dominikaner, von erfahrenen Seelsorgern im Institut zu erfahren, dass auch sie schon an ihre Grenzen gestoßen sind. Der frühere Jurastudent Holzmann weiß es zu schätzen, dass die Institutsleiter den Kursteilnehmern auf Augenhöhe begegnen: „Sie vermitteln: Sie haben nicht die Weisheit mit Löffeln gefressen und wir sollen futtern.“
Das Angebot des Instituts ist aus Sicht des Dominikaners sehr vielfältig. „Ich kann mich nicht beklagen, dass mir langweilig wird“, sagt er. Bereichert fühlt sich Pater Martin durch die Gemeinschaft mit den anderen Kursteilnehmern: „Wir tauschen uns leicht und gut untereinander aus und lernen so andere Ordensgemeinschaften und die Weltkirche kennen.“
Wir kommen „zurück“ nach Deutschland
Sein Einführungsjahr hat Pater Pius Oduro schon hinter sich. Mittlerweile ist er Kaplan im oberschwäbischen Aulendorf. 2011 kam der Steyler Missionar aus Ghana nach Deutschland. Seitdem hat er gut Deutsch gelernt und sich auf die deutsche Kultur eingelassen. Nach dem langen Theologiestudium hatte er sich aber zunächst die bange Frage gestellt: Wie läuft es in der Praxis?
Dass er am Institut von der Taufe bis zum Trauergespräch vieles einüben konnte, hat ihm das Gefühl von Sicherheit verliehen. Pater Pius fasst dies so zusammen: „Das Institut war für mich ein Mutmacher.“ Der Ghanaer nutzt die Chance, sich am Institut bis zum fünften Priesterjahr fortbilden und begleiten zu lassen. Diese Weiterbildung endet mit der zweiten Dienstprüfung, dem Pfarrexamen. Warum er froh über diese Begleitung am Institut ist, erklärt der Steyler Missionar so: „Vieles wird im alltäglichen Dienst zur Gewohnheit. Wenn ich aber mein Leben und meine Arbeit reflektiere, verleiht mir das neue Impulse.“
In die Rolle als Seelsorger hineinwachsen
Wie sich Seelsorger-Persönlichkeiten entwickeln, hat am Institut besonders Dozentin Andrea Schmid im Blick. Jeder einzelne Teilnehmer ist für sie etwas Besonderes. Die Supervisorin bewundert die Internationalität der Teilnehmer: „Sie beherrschen viele Sprachen, haben ein hochkarätiges Studium hinter sich und verfügen über Begabungen in verschiedensten Bereichen.“ Andrea Schmid bezeichnet das Institut als wichtigen Ort, wo junge Ordensleute Mut fassen und frei denken können: „Es ist eine besondere Idee, dort Leute aus verschiedenen Orden zusammenzubringen.
Die Weltoffenheit des Instituts ermöglicht, dass man unterschiedliche Einstellungen aushält und auch Gegensätzliches Platz hat.“
Als Frau, selbstständige Unternehmerin, verheiratet und mit zwei erwachsenen Töchtern führt Andrea Schmid ein völlig anderes Leben als die Ordensleute. So kann die Dozentin von außen fragen, wie Jungpriester ticken. Bei dieser Begleitung geht es am Institut darum, wie der Einzelne in seine Rolle als Seelsorger hineinwächst. Hilfreich sei dabei der vertrauliche Austausch in der kleinen Gruppe, so Andrea Schmid. Bei allem Ernst wird zwischendurch auch gelacht. Beispielsweise bei einem Rollenspiel über einen Pfarrer, zu dem jeder Ja und Amen sagt. So einer will heute keiner der Nachwuchs-Seelsorger sein.
Abt Johannes lobt „Friedberger Prägung“
Und so erging es auch dem Benediktiner Johannes Eckert vor 20 Jahren, als er das Friedberger Institut besuchte. Was ihm dort vermittelt wurde, kam dem heutigen Abt von St. Bonifaz in München und Andechs entgegen. Das Dienen der Priester stehe im Mittelpunkt. „Der an den Menschen orientierte Ansatz entspricht unserer Gemeinschaft“, sagt Abt Johannes. Darum haben nach ihm weitere Benediktiner seiner Abtei das Angebot der Pallottiner in Friedberg genutzt. Der Abt spricht von einer Friedberger Prägung. Es werde ein gutes solides Handwerkszeug für die Seelsorge vermittelt. Typisch für ihn ist dort, dass dies nicht abgehoben mit viel klerikalem Anstrich, sondern mit viel Bodenständigkeit und Klarheit erfolgt.
Respekt hatte Abt Johannes als Nachwuchspriester vor Einzel- oder Beichtgesprächen, in denen sich Menschen öffnen. Ihm war es wichtig, darauf richtig zu reagieren. Die Ausbildung bot ihm die Möglichkeit, dies und vieles andere auszuprobieren, ohne dass dies indiskret geworden wäre. Kritische Rückmeldungen von anderen Kursteilnehmern sah der Benediktiner dabei als Chance – beispielsweise bei der gar nicht trockenen Predigtlehre: „Im Kollegenkreis wird klar angesprochen, ob eine Predigt von der Stimme her zu lieblich klang, von der Sprache her zu theologisch war oder nicht von Herzen kam. Ein Stück weit Gefühl muss dabei sein.“ Abt Johannes ist dankbar für die Zeit in Friedberg: „Dort wird eine wichtige Arbeit geleistet, die den Gemeinden entgegenkommt.“
Das Beispiel von Abt Johannes zeigt, dass Seelsorge-Persönlichkeiten nicht einfach vom Himmel fallen. Auch bei der Trockenübung zur Liturgie-Praxis ermutigen die Institutsleiter die Teilnehmer. „Deine Pfarrgemeinde wird viel Freude an dir haben“, bekommt ein junger Ordensmann zu hören.
Das Mutmacher-Institut wird durch Teilnehmerbeiträge und einen Zuschuss des Freistaates Bayern ermöglicht. Zum großen Teil finanzieren die Pallottiner selbst ihre Einrichtung mit Eigenmitteln und den Spenden von Wohltätern.
Bericht und Bilder: Andreas Schmidt
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