Eine Reise zu den Mitbrüdern in Kamerun
Missionssekretär Pater Reinhold Maise besuchte erstmals Kamerun
Es ist Sonntag, der 9. Juli. Vor der Vinzenz-Pallotti-Kirche in Maroua im Stadtteil Baoliwol haben sich kurz nach 8.00 Uhr viele Leute versammelt. Eine Jugendgruppe übt Tänze zum Rhythmus von Trommeln. Typisch für ein Begrüßungszeremoniell im hohen Norden Kameruns, der sogenannten Region Extrême-Nord. Man erwartet Besuch zum Sonntagsgottesdienst. Da kommt auch schon das Auto. Die Gäste steigen aus. Darunter Pater Reinhold Maise aus dem Provinzialat der Pallottiner in Deutschland. Jubel und Gesang. Und die Gäste „tanzen“ mit der Jugendgruppe mit zur Freude der Gemeinde. Nach gefühlt 15 Minuten gibt der Pfarrer ein Zeichen und die Gemeinde macht sich auf die in Kirche.
Seit gut zwei Jahren ist Pater Christian Ngomayo Pfarrer in der neu errichteten Pfarrei am Rand der Bischofsstadt Maroua. Dort ist seit 2014 der ehemalige Pallottiner-Obere von Kamerun, Pater Bruno Ateba, Bischof. Und von Anfang an war es sein Wunsch, dass Mitbrüder seiner Gemeinschaft auch im Norden des Landes wirken. 2021 wurde der Wunsch endlich wahr und Pater Christian begann mit zwei jüngeren Pallottinern als Kapläne seine Arbeit. Es gab eine kleine Kapelle; viel zu klein für die rasch wachsende Gemeinde. So sah es Pater Christian als seine erste Aufgabe an, diese zu erweitern. Wände wurden gezogen, ein Blechdach gelegt, so dass eine nicht besonders schöne, aber doch sehr praktische Hallenkirche entstand, in der sich am Sonntag bis zu 500 Gläubige zum Gottesdienst treffen. So eben auch am 9. Juli.
Sah die Gemeinde zunächst noch überschaubar aus, so füllte sich die Kirche rasch während der ersten Gesänge. Kein Sonntagsgottesdienst in Kamerun ohne Chor, ohne Sologesänge und ohne Trommel und andere Instrumente. Ungewohnt für den deutschen Gast auch der lange Einzug der liturgischen Dienste. Zwölf junge Frauen und Männer in weißen Gewändern zogen mit ein, die im Laufe der Liturgie verschiedene Dienste übernahmen. Ungewohnt auch die Kollekten. Es gab drei während des Gottesdienstes. Die bedeutendste ist die zur Gabenbereitung, denn sie gilt der Gemeinde und den Priestern. Die ganze Gemeinde kommt, sich im Tanzschritt bewegend, zum Altar, legt etwas ab oder wirft Geld in einen Korb. Dabei drängen sich alle um den Priester, der die Gebenden und die Gabe mit Weihwasser besprengt.
Ausbildung, Kirche, Pfarrei, Schule
Hauptzelebrant ist an diesem Sonntag nicht der Pfarrer, sondern einer der Gäste, Pater Maurice Edzana. Er ist Vizeprovinzial der Pallottiner in Kamerun und Missionssekretär der Gemeinschaft. Er hatte am Vortag zusammen mit Pater Maise an der Einweihung der neuen Maria-Himmelfahrt-Kathedrale in Maroua teilgenommen. Pater Maise war in seiner Eigenschaft als Missionssekretär zum ersten Mal in Kamerun. Sein dortiger Kollege zeigte ihm in der Kamerun-Hauptstadt Yaounde wichtige Niederlassungen der Pallottiner wie die Ausbildungshäuser, in denen die jungen Mitbrüder Philosophie und Theologie studieren. Zum Programm gehörte auch ein Besuch im Stadtteil Mfoundasi. Dort erbaute in den 1990er Jahren Pater Raimund Spira die große Rundkirche St. Peter und Paul, die heute Zentrum einer blühenden Pfarrei ist. Pfarrer ist Pater Dr. Benjamin Atanga, der Pater Maise herzlich begrüßte und ihm in gutem Deutsch die Situation der Gemeinde erklären konnte. Er war mehrere Jahre auf dem Frankfurter Flughafen und in der Pfarrei St. Marien in Limburg tätig gewesen. Eingehend machte sich Pater Maise auch ein Bild von der Heinrich-Vieter-Schule direkt neben der großen Kirche. Sie wurde zusammen mit der Patricia-Kinderhaus-Stiftung in Augsburg realisiert und wird bis heute von Deutschland aus unterstützt. Sie bildet Kinder von der Grundschule bis zur Hochschulreife aus.
Eine abenteuerliche Taxifahrt
Benannt ist sie nach dem Leiter der ersten Missionarsgruppe, Pater Heinrich Vieter, die 1890 in die damals deutsche Kolonie kamen. Pater Vieter weihte das Land am 8. Dezember 1890 Maria, der Königin der Apostel. Das war in der ersten Missionsstation Marienberg am Sanaga. Ein Besuch dort gehörte zum Programm der Patres Maurice und Maise. Pater Maise war sehr bewegt, dort auch die Gräber vieler junger Pallottiner zu sehen, die in ihrer Begeisterung für die Mission die gesundheitlichen Gefahren in Kauf genommen hatten. Zum Programm der Missionssekretäre gehörten auch die Pallottinerniederlassungen in Edea, im schönen Gran Batanga am Meer und im Noviziat in Doumè. Die Stadt liegt knapp 300 Kilometer östlich von Yaounde. Die acht Novizen freuten sich sehr über den Besuch aus Deutschland. Und Pater Maise war beeindruckt von der großen Einfachheit, in der die Mitbrüder dort leben. Man kam auch auf ein landwirtschaftliches Projekt zu sprechen, das die Mitbrüder zusammen mit Bauern einige Kilometer weit im Busch betreiben. Pater Maise zeigte Interesse und flugs bestellte der Novizenmeister Taxis und man fuhr auf Mopeds über holprige Wege zu den Feldern. So abenteuerlich die Fahrt war, so froh war Pater Maise zu sehen, dass sich die Mitbrüder hier mit den Leuten vom Land für eine Verbesserung der Einkommenssituation einsetzen.
Zurück in Yaounde durfte ein Besuch auf dem Mvolye-Hügel nicht fehlen, wo der ehemalige Schreiner, Pater Heinrich Vieter 1906 zusammen mit den Pallottiner-Brüdern eine neue Missionsstation erbaut hatte. Kirche und Haus sind heute noch intakt. Der Rektor der achtköpfigen Hausgemeinschaft, Pater Dr. Aloyse Essono, Geschichtsprofessor an der Katholischen Universität, ist zugleich Rektor der in den 1990er Jahren erbauten diözesanen Wallfahrtsbasilika „Maria, Königin der Apostel“. Unweit der Basilika ist auf dem Friedhof das Grab von Pater Heinrich Vieter, der 1905 im Limburger Dom zum ersten katholischen Bischof für Kamerun geweiht wurde und dort als „Vater des Glaubens“ verehrt wird. Nur wenige hundert Meter weit steht das „Maison Pallotti“, heute das Haupthaus der Pallottiner in Kamerun.
Kamerun hat über 90 Pallottiner
Hier führte Pater Maise ein Gespräch mit dem Provinzial, Pater Hervé Pascal Okolong, und seinen Räten. Sie leiten die Gemeinschaft, zu der 90 Patres zählen, drei Brüder und mehr als 30 Auszubildende. Von den Priestern arbeiten über 30 im Ausland, meist in Frankreich und Italien. Einer in Deutschland: Pater Dieudonné Mebenga ist in Bruchsal in der Schul- und Pfarreiseelsorge tätig. Die Mitbrüder im Ausland sind für zwei Seiten eine Hilfe. Sie mindern in Europa den Priestermangel und sie unterstützen finanziell ihre Heimatprovinz.
Der Kameruner Provinzial unterbreitete Pater Maise denn auch seine Sorgen im Zusammenhang mit der Wasserversorgung zweier Niederlassungen, den Ausbildungshäusern und dem Ausbau des Provinzialates und gab dem deutschen Missionssekretär entsprechende Förderanträge mit.
„Ich stehe da mit leeren Händen“
Zurück nach Baoliwol, dem Stadtteil von Maroua mit der neuen Pallotti-Pfarrei. Nach der Sonntagsmesse ist ein Fototermin gegenüber der Kirche ein Muss. Pater Christian hat hier eine „Marien-Grotte“ erbaut. In Kamerun gehört fast zu jeder Pfarrei ein solcher Gebetsort; die Menschen lieben den Rosenkranz vor dem Bildnis der Lourdes-Madonna.
Und dann geht es noch einmal ein paar Kilometer weiter in den ganz neuen Stadtteil Frolinat, wohin sich die Pfarrei schnell ausdehnt. Hier hat Pater Christian kürzlich eine Filialkirche errichtet. Gerade hat er einen Kindergarten mit Grundschule begonnen und zeigt Pater Maise die Baustelle in der Hoffnung auf Hilfe aus Deutschland.
Noch einmal zurück zum Sonntagsgottesdienst in der Pallotti-Kirche. Am Ende kommt erneut eine Gruppe tanzend zum Altar und übereicht den Gästen kleine Geschenke, darunter ein Kreuz aus heimischem Marmor. Pater Maise erfasst die Situation sehr gut und bringt die Gemeinde zu Klatschen und Jubel. „Ich bin beeindruckt von all dem, was ich hier in Kamerun erlebt habe. Von dem, was die deutschen Mitbrüder vor über hundert Jahren alles gestartet und was die Mitbrüder heute alles leisten. Ich bin bewegt von dem frohen Gottesdienst, den ich gerade hier erleben durfte. Und ich bin beschämt, dass ich jetzt auch noch beschenkt wurde. Denn ich stehe mit leeren Händen da. Aber ich kann sagen: mein Herz bleibt hier!“
Text: Pater Alexander Holzbach
Fotos: Pater Reinhold Maise
Diesen Beitrag teilen…
Weitere Reiseberichte der Mission
Das könnte Sie auch interessieren
Mitreden, Mitmachen, Mithelfen!
In Kontakt bleiben. Kostenlos 12 x pro Jahr!
Liken, kommentieren, abonnieren
Herzliche Einladung: Reden Sie mit!
Öffnen Sie sich Räume
Gemeinsam die Welt verändern!