Afrikaner und Bayern: spontan, warmherzig und gesellig
Kameruns Botschafter Victor Ndocki besuchte das Apostolatshaus der Pallottiner in Hofstetten
Der Botschafter Kameruns in der Bundesrepublik Deutschland, Victor Ndocki, ist seit Donnerstag 4. Juli 2024 in Roding und Umgebung unterwegs. Das nahm er zum Anlass, dem Apostolatshaus der Pallottiner in Hofstetten am Freitagnachmittag einen Besuch abzustatten. Die Pallottiner sind auch in Kamerun vertreten und werden von Deutschland aus unterstützt.
Nach einer kurzen Begrüßung durch Rektor Pater Markus Reck hielt Missionssekretär Pater Reinhold Maise, der eigens für diesen Anlass aus Friedberg bei Augsburg angereist war, einen Vortrag über die Geschichte der Pallottiner und die Verbindungen nach Kamerun. Er war selbst vor etwa einem Jahr in Kamerun und zeigte entsprechende Fotos. Patrick Dawahl vom Multi-Kulti-Verein, der den Besuch des Botschafters mitorganisierte, übersetzte den Vortrag für den Botschafter ins Französische und die Worte des Botschafters ins Deutsche.
1890 kamen die Pallottiner nach Kamerun
Nach dem Tod des Gründers der Pallottiner, Vincent Pallotti, im Jahr 1850 sei im Norden Italiens ein Ausbildungshaus unter der Leitung von Bischof Heinrich Vieter gegründet worden, sagte Maise. Von dort aus seien deutsche und schweizer Pallottiner in die Welt hinausgegangen. „Nach Kamerun kamen sie 1890. Acht Personen, darunter auch Bischof Heinrich Vieter, gingen damals von Italien aus nach Kamerun“, erzählte Maise.
1892 seien noch Pallotinnerinnen dazugekommen, sage Maise weiter. In Limberg sei ein Missionshaus gegründet worden, um die Mission in Kamerun finanziell zu unterstützen. „Die Mission begann in Marienberg in Kamerun über die deutsche Kolonialmacht.“ Die Pallottiner seien bis 1916 geblieben. In dieser Zeit seien 200 Schulen, Handwerksbetriebe und Farmen gegründet worden und es habe jedes Jahr rund 10000 Taufen gegeben. Diese Zahl könne man jedoch von zwei Seiten betrachten, denn die Pallottiner damals seien von der Kolonialzeit geprägt geworden.
„Vielleicht geschah vieles für einen höheren Zweck, aber der Zweck heiligt nicht die Mittel“, betonte Pater Maise. Die Mitbrüder hätten während der Kolonialisierung Schuld auf sich geladen und bis heute sei man mit der Aufarbeitung beschäftigt. „Dafür wurde eine Arbeitsgruppe gegründet mit Fachleuten aus dem Museums- und Kulturbereich.“ Die Aufarbeitung sei nicht einfach. In Deutschland gebe es immer noch Exponate aus Kamerun, die zurückgegeben werden sollen. „Wir stehen zu dieser Verantwortung und möchten uns dafür einsetzen“, sagte Pater Maise.
Das Evangelium wird praktisch umgesetzt
1964 kehrten die Pallottiner dann auf Einladung des Bischofs wieder nach Kamerun zurück. Der Botschafter zeigte sich interessiert. Viele Orte erkannte er auf den gezeigten Fotos wieder. Heute sei die Missionarsarbeit ganz anders als früher, sagte Maise. Das Evangelium werde praktisch umgesetzt, nicht gepredigt. Dabei seien öffentliche Brunnen, eine Nähschule, eine Schreinerei und vieles weitere entstanden. Auch beim Neubau eines Noviziatshauses in Kamerun werden die deutschen Missionshäuser unterstützen.
„Im Norden Kameruns wurde mithilfe von Spenden eine Kathedrale gebaut. Symbolisch wurde ein Kelch übergeben aus einer deutschen Kirche, die geschlossen werden musste“, sagte Maise. Den Pallottinern in Deutschland fehle es an Nachwuchs, weswegen leider immer wieder Kirchen geschlossen werden müssten. Am Ende des Vortrags übergab Pater Maise Botschafter Victor Ndocki eine Promotion eines Mitbruders über die Geschichte der Pallottiner in Kamerun.
„Ein Stück Kamerun im Bayerischen Wald“
Trotz des Zeitdrucks ließ sich Ndocki seine Schlussworte nicht nehmen: Er selbst sei zwar evangelisch, doch die katholische Kirche sei die Mutter. „Ich träume von dem Tag, wenn die Kirche eine Kirche ist“, sagte er. Er freue sich sehr, da zu sein, und hätte nicht erwartet, ein Stück Kamerun hier im Bayerischen Wald wiederzufinden. Außerdem sei er überrascht, heute über das Thema der Exponate reden zu können. „Keiner der Anwesenden soll sich schuldig fühlen, keiner von uns war damals dabei“, sagte er. Er wolle, dass weiter überlegt werde, wie diese Objekte wieder nach Kamerun zurückgegeben werden können. Er selbst sei darüber gerade in Gesprächen. Deutschlandweit gehe es um circa 40.000 Objekte, das laufe über seinen Schreibtisch. Er freue sich über den Kontakt zu den Pallottinern und könne eine Mitarbeiterin aus Berlin senden, damit daran gearbeitet werden kann. Seit er im Bayerischen Wald sei, hätten ihn die Qualität der Gespräche und die Offenheit der Menschen beeindruckt, sagte Ndocki noch. Er erkenne in den Bayern die Afrikaner wieder: spontan, warmherzig und gesellig.
Bericht & Fotos: Anja Pfeffer
Quelle: Donau-Post vom 9. Juli 2024
Fotos Missionsmuseum & Mission: Pallottiner Archiv
Kontakt: MultiKulti Integrationsverein Roding e.V.
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