
Der lange Weg bis zur Seligsprechung
Pater Norbert Hannappel arbeitet seit fast 20 Jahren das Leben und Wirken des Pallottinerbischofs Heinrich Vieter auf
„Gott hab ihn selig“ ist eine Redewendung, die Menschen verwenden, wenn sie an einen Verstorbenen erinnern und ihm den Frieden im Jenseits wünschen. Im Gegensatz zu dieser Floskel, die oft nur so dahingesagt wird, ist die Seligsprechung in der katholischen Kirche ein Prozess, der sich meist über Jahrzehnte hinzieht. In einem solchen Verfahren muss festgestellt werden, dass ein Mensch beispielhaft aus seinem christlichen Glauben gelebt hat, sodass er anderen als Vorbild und Fürsprecher bei Gott empfohlen werden kann.
Ein solches Vorbild erkannte Papst Franziskus am 21. Dezember 2018 in dem aus Ruppach im Westerwald stammenden Pallottinerpater Richard Henkes. Dieser hatte sich vehement dem Rassenwahn der Nationalsozialisten widersetzt und sein Leben am 22. Februar 1945 im KZ Dachau hingegeben, nachdem er freiwillig Typhuskranke unter seinen Mitgefangenen begleitet hatte. Er wird als Zeuge des christlichen Glaubens und Märtyrer der Nächstenliebe verehrt. Vom Beschluss der Limburger Provinzversammlung, den Seligsprechungsprozess für Pater Henkes einzuleiten, bis zu seiner Anerkennung vergingen knapp 19 Jahre.
Seligsprechungsverfahren für Heinrich Vieter (1853–1914)
Ein weiteres Verfahren ist derzeit in vollem Gange – für den ersten deutschen Pallottinerbischof in Kamerun, Heinrich Vieter (1853–1914), der in dem zentralafrikanischen Land bis heute als „Vater des Glaubens“ verehrt wird. Für ihn, der am 22. Januar 1905 im Limburger Dom zum Bischof geweiht wurde, leitete nach dem Beschluss der Limburger Provinzversammlung im Jahr 2005 der damalige Erzbischof von Jaunde das offizielle Verfahren zur Seligsprechung ein.
„Bischof Vieter starb am 7. November 1914 in Jaunde. Nach den Statuten muss von dort aus der Seligsprechungsprozess betrieben und bei der Glaubenskongregation in Rom angemeldet sowie genehmigt werden“, erklärt Pater Norbert Hannappel. Der aus Steinefrenz im Westerwald stammende Hannappel ist seit 2006 mit der Aufarbeitung der Biografie Heinrich Vieters befasst. Dafür wurde er eigens zum Vize-Postulator ernannt. Er muss begründen, warum der historische Prozess erst so spät in Gang gesetzt wurde. Zeitzeugen können nicht mehr befragt werden, weshalb sämtliche Tätigkeiten, Worte und Schriften des Kandidaten aufgespürt werden müssen.

Blick in eine 1922 vergrabene Chronik
Hannappel sammelt Dokumente und untersucht das Leben von Bischof Vieter umfassend. Er prüft auch, ob dieser tugendhaft gelebt hat. Alles muss detailliert aufgearbeitet und zur Begründung des Antrags zusammengestellt werden. Das tat Hannappel viele Jahre lang in Limburg sowie als Leiter des Generalarchivs der Pallottiner in Rom. Doch allein damit war seine Aufgabe nicht erfüllt. Er begab sich auf Spurensuche in verschiedene Ordensarchive, unter anderem ins Zentralarchiv des Spiritanerordens in Paris, der 1922 die Mission in Kamerun übernommen hatte. Hannappel besuchte auch Kirchen- und Staatsarchive in Kamerun sowie Einrichtungen der Pallottinerinnen.
„Viele Dokumente sind auf Deutsch, andere auf Französisch. Das bedeutet zeitaufwendige Übersetzungsarbeit. Etliche Unterlagen sind im Ersten Weltkrieg verloren gegangen, als die deutschen Soldaten von Briten und Franzosen besiegt und die Pallottiner von den Missionsstationen vertrieben wurden“, berichtet Pater Hannappel. Eine damals in Kamerun vergrabene Chronik sei im Pariser Archiv der Spiritaner wiedergefunden worden.
„Alles muss veröffentlicht und zugänglich sein. Mit Vieter wird eine 25-jährige Geschichte Kameruns dokumentiert“, sagt der Pater und zeigt auf seine Zwischenbilanz – ein Bücherregal mit 23 prall gefüllten Bänden. Und so hofft der 82-Jährige, dass ihm der liebe Gott weiterhin die Kraft und Ausdauer schenkt, sein Lebenswerk zu vollenden. Am Ende entscheidet Rom, „ob Heinrich Vieter für unsere Zeit eine besondere Bedeutung hat, um verehrt zu werden“.
Heute gibt es 24 Diözesen in Kamerun
Mit dem ersten deutschen Bischof hielt in Kamerun der christliche Glaube Einzug. Aus dem kleinen Anfang ist ein Volk Gottes geworden, das heute in 24 Diözesen und Erzdiözesen 4,65 Millionen Katholiken zählt. Im Gegensatz zu Heiligen, die in der ganzen Kirche verehrt werden dürfen, werden Selige in der Regel regional, also innerhalb der Diözese, geehrt, in der sie gelebt haben.
Bischof Heinrich Vieter (1905–1914)
Heinrich Vieter war das zweite von sechs Kindern einer Bauernfamilie in Selm-Cappenberg im südlichen Münsterland. Er absolvierte eine Schreinerlehre und lernte auf seinen Wanderjahren die neu gegründete Missionsgesellschaft der Pallottiner kennen, der er 1883 in Masio (Oberitalien) beitrat. Nach dem Theologiestudium an der Päpstlichen Universität Gregoriana in Rom und der Priesterweihe wurde er 1890 zum ersten Apostolischen Präfekten in der deutschen Kolonie Kamerun ernannt. Ende 1904 bestellte ihn Papst Pius X. dort zum ersten Apostolischen Vikar. Nach der Bischofsweihe am 22. Januar 1905 im Limburger Dom berief Vieter 1906 die erste Synode der katholischen Kirche in Kamerun ein.
Im Februar 1914 wurde er in Berlin von Kaiser Wilhelm II. in Audienz empfangen. Erschöpft und von tropischen Krankheiten geschwächt, verstarb er am 7. November 1914 nach 24 Jahren in Kamerun im Alter von 61 Jahren bei Jaunde, wo er seine letzte Ruhestätte fand.
In Limburg bestand von 1946 bis 1972 das Bischof-Vieter-Kolleg, das Spätberufenen den Weg zum Abitur und zum Priestertum ermöglichte. Später wurde ein Saal im Limburger Missionshaus nach Vieter benannt. 2007 brachte man ihm zu Ehren eine Bronzetafel in der Marienkirche an.

Bericht & Foto P. Hannappel: Dieter Fluck
Bilder: Zentrales Provinzarchiv der Pallottiner, Friedberg; Pallotti-Verlag, Friedberg
Veröffentlichungen im Pallotti-Verlag von Pater Norbert Hannappel und unserer Provinz
über Pater Heinrich Vieter
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