„Gelebte Vision einer Wirtschaft, die dem Menschen dient“
3. Akademietag befasste sich mit Gemeinwohl-Ökonomie
Der dritte Akademietag der Pallottiner in Vallendar stand unter dem Motto: „Was wollen wir mit der Wirtschaft?“. Anstelle der erkrankten Referentin und langjährigen Gewerkschafterin Prof. Dr. Ursula Engelen-Kefer stellte Dr. Hanno Heil, Pastoraltheologe an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Vallendar (PTHV), das Modell der Gemeinwohl-Ökonomie vor.
2007 vom Österreicher Christian Felber begonnen, wird das Modell heute von Betrieben und Kommunen in vielen europäischen Ländern umgesetzt. Das Ziel ist, die Wirtschaft einzubinden in zwischenmenschliche Beziehungen, sie dem Zusammenhalt, dem „guten Leben“ in ökologischer Nachhaltigkeit dienen zu lassen. Statt auf Konkurrenz setzt Gemeinwohl-Ökonomie auf Kooperation. Statt nur monetäre Größen wie das Bruttoinlandsprodukt gelten als Beurteilungskriterien für Unternehmen zusätzlich: Menschenwürde, Solidarität, Gerechtigkeit, Transparenz, Mitentscheidung und daher auch eine erweiterte Eigentumsstruktur. Unternehmen, welche in diesem Sinne agieren, sollen „belohnt“ werden, rechtliche und finanzielle Vorteile erhalten.
„Niemand kann Spezialist für alles sein“
Dass eine solche Unternehmenskultur möglich ist und gleichzeitig vor große Herausforderungen stellt, beschrieb Frau Dr. Gabriele Wolff. Sie stammt aus einem mittelständischen, mittlerweile international agierenden Betrieb in der Eifel und berät sowohl im Profit-, als auch im Nonprofit-Bereich, zu Themen wie Kommunikation und interkulturelle Kompetenz.
Damit Unternehmen für Mitarbeiter und Kunden attraktiv sind, „müssen sie als Sozialsysteme auf menschliche Grundbedürfnisse achten“, sagte Frau Dr. Wolff. „Dazu zählen Würde, Transparenz, Autonomie, Zugehörigkeit und Fairness.“ Besonders ein – etwa im christlichen Menschenbild fundiertes – freundliches Verhalten bei aller Vielfalt und einer Fülle von strittigen Themen ist wichtig, um sich nicht gegenseitig zu verletzen, was letztlich auch der Leistungsfähigkeit des Mitarbeiters enorm schaden würde. Das Unternehmen als lernende Institution kennt flache Hierarchien, da niemand für sich die Wahrheit gepachtet hat und Spezialist für alles sein kann.
Auf eine Konsequenz der Wirtschaft, die heute oft noch Menschen an den Rand der Gesellschaft drängt und dort ignoriert, machte Peter Wunsch aufmerksam. Seit über 20 Jahren arbeitet er als Krankenpfleger bei der St. Elisabeth-Straßenambulanz für Obdachlose in Frankfurt am Main. Immer wieder erlebt er, wie Osteuropäer, auf der Suche nach Arbeit und ohne festen Wohnsitz, in Deutschland illegal angestellt werden, ohne die eigentlich gesetzlich vorgeschriebene Krankenversicherung. Ärzte und Kliniken stehen im Falle von Unfall und Krankheit vor der Frage, wer die Kosten übernimmt. Notwendige Operationen werden hinausgeschoben, noch pflege- und hilfsbedürftige Kranke vorzeitig entlassen.
„Krankenwohnungen bauen zugunsten von Obdachlosen für die Zeit nach dem Krankenhausaufenthalt“
Und so antwortete Peter Wunsch auf die abschließende Frage von Daniel Steiger, Leiter der Katholischen Erwachsenenbildung Koblenz und Moderator des Podiums, was er als Finanzminister mit einer Milliarde Euro Überschuss machen würde: „Krankenwohnungen bauen zugunsten von Obdachlosen für die Zeit nach dem Krankenhaus-Aufenthalt.“ Auch Dr. Hanno Heil würde bauen: „Gebäude, in denen Arbeit, Wohnen und das Sorgen um junge und alte Mitmenschen zusammen möglich sind.“ Und Gabriele Wolff? Sie wünschte sich „Palaverbuden“, Gesprächsplattformen, Lernorte nach heutigen Erkenntnissen der Kommunikations-Wissenschaft. „Wir müssen darüber reden, wie wir Wirtschaft und Soziales verbinden wollen.“
Veranstaltungs-Tipp:
Wer Christian Felber persönlich erleben möchte: Auf Einladung des Bistums Trier wird er am 27. Februar 2020, um 19.30, im Cochemer Kulturzentrum Kapuzinerkloster sprechen. Näheres unter keb-mittelmosel.de.
Foto: Stefanie Fein PTHV
Text: Verena Breitbach PTHV
Kontakt PTHV: www.pthv.de
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