Ein mutiges Herz voller Lebenswillen

Eine Geschichte aus der Ukraine: Von Tymofii und seiner Mutter Natalia

Wenn die Sirenen ertönen, scheint die Welt stillzustehen. Für manche ist es das Signal, sich zu verstecken. Für andere eine Welle der Angst. Aber für Tymofiis Mutter ist es ein Kampf – ein täglicher, erschöpfender Kampf, um ihren Sohn zu schützen, der aufgrund einer schweren Form von Zerebralparese ans Bett gefesselt ist.

Tymofii ist neun Jahre alt. Er kann nicht gehen und hat nur eingeschränkte Bewegungen in den Armen. Aber seine Augen sind hell und neugierig, und sein Geist ist scharf – von seiner Krankheit unberührt. In diesem zerbrechlichen Körper schlägt ein mutiges Herz voller Lebenswillen.

Die Sirenen hörten nie auf

Während der umfassenden Invasion, die ab dem 24. Februar 2022 begann, lebte Tymofiis Familie in Schytomyr – einer Stadt unter ständigem Beschuss. Die Sirenen hörten nie auf. Jeder Alarm wurde zur unerträglichen Prüfung. Seine Mutter musste ihren Sohn auf den Armen in einen Schutzraum tragen, der in keiner Weise barrierefrei war. Enge Türen, steile Treppen, kalte, feuchte Wände – keine einzige Rampe. Es war nicht nur schwierig – es fühlte sich unmöglich an. Angst. Erschöpfung. Hilflosigkeit. Sie fiel in eine tiefe Depression. Jeden Tag stark zu sein, war einfach mehr, als ein Mensch aushalten konnte.
Aber alles änderte sich, als die beiden dem „Step Forward“-Programm von Caritas Spes Ukraine beitreten konnten. Zum ersten Mal seit Langem hörte einfach jemand zu. Nicht mitleidig, sondern unterstützend. Psychologen, andere Mütter, Menschen, die Schmerz und Erschöpfung verstanden – ohne Erklärung. Für Tymofiis Mutter war das nicht nur Hilfe – es wurde zur Kraftquelle.

Die Unterstützung war lebensverändernd

Ermutigt durch freundliche Worte, inspiriert von den Geschichten anderer Familien und angetrieben von neuer Hoffnung, fasste sie einen Entschluss: Sie würde nicht aufgeben. Sie begann zu handeln. Zum ersten Mal in ihrem Leben startete sie eine Spendenaktion – um Tymofii einen elektrischen Rollstuhl zu kaufen. Und sie hatte Erfolg. Die Menschen reagierten. Es kam genug Geld zusammen, um ihrem Sohn erstmals Bewegungsfreiheit zu schenken – er konnte selbst dorthin fahren, wo er wollte. Dann gelang es ihr, Rampen in der Nähe ihres Wohnhauses anbringen zu lassen. Die Veränderungen mögen klein erscheinen – aber sie waren lebensverändernd. Für andere vielleicht nur Bequemlichkeit. Für diese Familie – ein neuer Anfang.

Caritas – weil Menschen Raum für Hoffnung brauchen

Caritas_Spes Ukraine lädt diese Familie jedes Jahr in ihre Camps ein. Und jedes Jahr sieht das Team von Caritas-Spes die Verwandlung. In den Augen der Mutter liegt nun Ruhe. Und in Tymofiis Blick – wachsende Zuversicht. Der Krieg ist nicht vorbei. Aber sie haben etwas gefunden, woran sie sich festhalten können. Sie haben einen Kreis von Menschen gefunden, die verstehen – bei denen man nicht erklären muss, warum man an manchen Tagen einfach keine Kraft mehr hat.

Diese Geschichte erinnert uns daran, dass selbst in den dunkelsten Zeiten, wenn die Welt hart und unbarmherzig erscheint, Menschen Raum für Hoffnung brauchen. Besonders Familien, die Kinder mit Behinderungen großziehen – für die der Krieg doppelt schwer ist. Es geht nicht nur um die seelische Belastung durch ständige Alarme – es ist auch die physische Realität, einen Schutzraum zu erreichen, wenn jeder Schritt einem Berg gleicht. Und dennoch halten sie durch. Sie lieben. Sie leben.

Tymofii ist nicht nur ein tapferer kleiner Junge. Er ist ein Symbol – eine Erinnerung daran, dass menschliche Würde nicht durch eine Diagnose bestimmt wird. Und seine Mutter ist eine wahre Heldin, die bewiesen hat, dass man selbst aus tiefster Verzweiflung wieder aufstehen kann – wenn nur jemand an einen glaubt.

In allen Ländern unserer Provinz sind gute Geschichten Balsam für die Seele. Diesen Bericht von Olena Voichy, hat uns unser Mitbruder Pater Vyacheslav Grynevych SAC zugeschickt. Er ist Priester und Direktor der Caritas-Spes. Es ist eine von vielen Erfolgsgeschichten der dortigen Caritas. Wir unterstützen ihn und seine Projekte im Rahmen unserer Möglichkeiten. Und – ganz ehrlich – wir halten die Mitbrüder und das Team der Caritas ebenfalls für vorbildliche Alltagshelden.

Stichwort: UKRAINE-HILFE

Die Geschichte wurde uns erzählt von Olena Voichyk / Caritas-Spes Ukraine
Bilder: Caritas-Spes Ukraine

Nachgefragt

Caritas Christi Urget Nos – Hand in Hand

Das Wort Caritas kommt übrigens aus dem Lateinischen und bedeutet wörtlich „Nächstenliebe“ oder „hochgeschätzte Liebe“. Es stammt vom lateinischen caritas = „Wertschätzung, Hochachtung, Liebe“, das wiederum auf carus = „lieb, teuer, wertvoll“ zurückgeht.

Der Begriff tauchte schon in der lateinischen Bibelübersetzung, der Vulgata, auf – zum Beispiel im berühmten Satz aus dem 1. Korintherbrief:
„Caritas omnia suffert“ – „Die Liebe erträgt alles“ oder, in der Übersetzung des Hieronymus, „Caritas Christi urget nos“ – „Die Liebe Christi drängt uns“ im 2. Korintherbrief 5,14. Die „caritas Christi urgens“ ist auch das Grundprinzip von uns Pallottinern.

In der christlichen Tradition wurde Caritas zum Ausdruck für selbstlose, tätige Liebe zu Gott und den Mitmenschen. Daraus entwickelte sich später auch der Name für die katholische Hilfsorganisation „Caritas“, die sich weltweit der Wohlfahrtspflege widmet. Wie auch die Ukraine-Hilfe der Pallottiner, hilft die katholische Caritas grundsätzlich allen Menschen, unabhängig von Religion, Herkunft, Nationalität, Geschlecht oder sozialem Status.

Caritas-Spes Ukraine ist die römisch-katholische Caritas. Sie arbeitet eng mit der Caritas Ukraine zusammen, der ukrainisch-katholischen Caritas. Caritas-Spes ist seit 1999 Mitglied von Caritas Europa und Caritas Internationalis. Caritas-Spes verfügt über bis zu 80 regionale Zentren in der gesamten Ukraine, die aktiv Hilfe für Bedürftige organisieren und zwar durch Suppenküchen, Sozialzentren, Barmherzigkeitshäuser, medizinische Kabinette, Rehabilitationszentren usw. Caritas-Spes ist auf großzügige Spenden angewiesen, um seine Arbeit fortsetzen zu können, deshalb kommt auch die Ukraine-Hilfe der Pallottiner einzelnen Projekten zugute.

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