Pläne für die Zukunft entwerfen

Polnischer Pallottiner-Provinzial bewundert Mut der Ukrainer

Wie kann es nach dem Krieg in der Ukraine weitergehen? Das ist eine Frage, die sich bei den Ukrainerinnen und Ukrainern immer drängender stellt. Auch die Pallottiner in Polen und in der Ukraine, die viele Flüchtlinge betreuen, denken daher über Konzepte nach, die über den Tag hinaus reichen, wie Pater Zenon Hanas, der Provinzial der Warschauer Provinz bei seinem Besuch im Friedberger Provinzialat erzählt.

Zwei Millionen Flüchtlinge sind inzwischen in Polen angekommen. Die Menschen öffnen ihre Häuser und nehmen die Fliehenden auf. Oftmals bestanden vorher schon persönliche Beziehungen oder sie wachsen jetzt. Aber die private Unterbringung stoße auch irgendwann an Grenzen, befürchtet Pater Zenon Hanas. Er selbst kennt viele Ukrainerinnen und Ukrainer von seinen Reisen zur ukrainischen Delegatur, die zur polnischen Provinz gehört. „Für mich sind es daher keine Fremden, die zu uns aus Kiew, Odessa oder Lemberg (Lwiw) kommen“, sagt er. „Und das geht mir persönlich nahe.“

Die Erfahrung zeige, dass aufnehmende Familien irgendwann persönlich belastet sind und Konflikte entstehen, die sie sich aber nicht trauen anzusprechen. „Das spüre ich selbst und bei anderen“, sagt er. Es sei daher notwendig, für Flüchtlinge, die ihre Häuser verloren haben, Integrationszentren mit Wohnmöglichkeiten zu schaffen, so dass sich die Situation entspannen könne. Denn der Neuanfang in der Ukraine werde nicht so schnell gehen. Ebenso sei es wichtig, Gruppen von Spezialisten aufzubauen, die sich um die traumatisierten Menschen kümmern können.

Wer baut Kartoffeln an, wer Mais?

Wie sehr die vom Krieg gebeutelten Ukrainer an das Morgen denken, zeige auch der Umgang mit den fruchtbaren Feldern in der Westukraine. Die Menschen wollen zurück und ihre Felder bestellen, erzählt Zenon Hanas. Sie fragen sich: „Wie soll es weiter gehen?“ Es gibt daher bereits Anweisungen, wer welche Frucht anbaut: die einen Kartoffeln, die anderen Mais oder Getreide, so dass nach dem Krieg von allem etwas in der Kornkammer Europas wächst. „Das ist die Leistung der Ukrainer: Die denken jetzt an solche Sachen“, meint Pater Hanas bewundernd.

Bewundernswert sei auch die Leistung der Lehrer. Die Kinder des ukrainischen Waisenhauses der Pallottiner, die inzwischen in Polen untergebracht sind, haben so vor kurzem Unterricht von ihrer ukrainischen Schule bekommen – online. Die Lehrerin sei nach Berlin geflohen und habe von dort aus Musikunterricht mit den Kindern gemacht. „Für diese war es gut, ihre Freunde zu sehen“, sagt Pater Hanas, der bei sich im Provinzialat ebenfalls drei Familien aufgenommen hat.

Europäische Werte haben Kraft

Mit Erstaunen stellt der Provinzial fest, dass durch den Krieg eine neue Solidarität in Europa gewachsen ist. Die Europäer erkennen, dass die Ukrainer nicht um Territorium und Macht kämpfen, sondern um die europäischen Werte. „Das ist für mich ein Hoffnungszeichen“, sagt Hanas. Die Ukraine habe sich in den letzten zehn Jahren diese Werte erarbeitet und angenommen. „Und jetzt entfalten sie ihre Kraft.“

Pater Zenon Hanas ist erfreut über die große Spendenbereitschaft, auch durch die Pallottiner. Er sagt aber auch, dass das Geld über die Nothilfe hinaus „klug investiert“ werden müsse. „Wir müssen mit den Ukrainern entwickeln, was sie brauchen“, fordert Hanas und denkt dabei über andere Dimensionen nach.

Wenn der Vater aus dem Krieg kommt

Frauen und Kinder könnten in den pallottinischen Häusern nach dem gleichen Konzept betreut werden: zum Beispiel in der Situation, wenn die Männer aus dem Krieg zurückkommen. Da werden die Kinder einen Vater treffen, der verändert ist. Das Zuhause ist vielleicht zerstört. Wie kann diese Familie neu anfangen? Da könnte eine neutrale Umgebung bei den Pallottinern in Polen oder in der Ukraine geeignet sein, um damit umgehen zu lernen, denkt Pater Hanas.

Und noch eines hat der Pater erlebt – in spiritueller Hinsicht. Bereits bei der Annexion der Krim seien ukrainische Soldaten mit Kriegserlebnissen zurückgekommen, über die sie aber nicht sprechen durften. Nur einen Platz habe es gegeben, an dem sich die Männer Luft verschaffen konnten: in der Beichte. Auch das ist ein Aspekt, über den der Provinzial verstärkt nachdenkt.

Pater Zenon Hanas SAC und Pater Rainer Schneiders SAC
Pater Zenon Hanas (links) zu Besuch im Provinzialat der Pallottiner in Friedberg. Rechts im Bild: Provinzökonom Pater Rainer Schneiders.

Bericht & Foto: Alexander Schweda

Das könnte Sie auch interessieren

Mitreden, Mitmachen, Mithelfen!

In Kontakt bleiben. Kostenlos 12 x pro Jahr!

Liken, kommentieren, abonnieren

Herzliche Einladung: Reden Sie mit!

Öffnen Sie sich Räume

Gemeinsam die Welt verändern!

Print Friendly, PDF & Email