Auf Freiheit warten oder sich am Wenigen freuen?

Umfrage der Pallottiner im Internet zu Messen unter Hygienebedingungen

Mundschutz, Handschuhe, kein Gesang, Anmeldung zur Messe: Ist die Eucharistie so wichtig, dass sie auf jeden Fall stattfinden soll – auch unter strengen Hygienevorschriften? Oder ist sie im Gegenteil zu heilig, um sie solchen Regeln zu unterwerfen? Die Pallottiner haben die Gläubigen dazu aufgerufen, ihre Erfahrungen zu schildern. Über 100 Kommentare gingen auf Facebook ein. Der Tenor lautete: Die Menschen wollen lieber warten, bis Gottesdienste wieder allen zugänglich sind. Aber es gibt auch Stimmen, die sich darüber freuen, dass es überhaupt wieder die Möglichkeit gibt, die Messe zu erleben.

„Froh“ und „dankbar“: Diese Worte fallen in diesem Zusammenhang am häufigsten. Endlich komme wieder Leben in die Gotteshäuser, schreibt ein Facebook-Nutzer. Eine Frau erzählt, dass sie Ordnerin und Lektorin war und sie ganz gut mit den Vorschriften klarkam, auch wenn es schade sei, dass die Maske die Freude und Freundlichkeit der Menschen verdecke.
Einige wollen auch nicht länger auf die völlige Freigabe warten, weil sie befürchten, dass diese erst in vielen Monaten oder gar Jahren komme. Eine Frau beklagt jedoch, dass jetzt die Laien im Gottesdienst zurückgedrängt werden und hofft, dass sich dies bald ändere. Für andere steht vor allem die Gesundheit im Vordergrund. Diese zu schützen leite sich aus der Frohen Botschaft ab, findet ein Kommentator.
Manche Nutzer sagen aber auch, dass sie zwiegespalten seien. „Einerseits schätze ich die wohltuenden, da vertrauten und Geborgenheit schenkenden traditionellen Rituale“ schreibt ein Mann und betont, dass ihm dies Verlässlichkeit und Beständigkeit im Alltag gebe. Andererseits böten die Verpflichtungen auch die Möglichkeit und „den Anlass aus altem Trott auszubrechen“ und Neues zu versuchen. Wie viele, die die Messfeiern unter diesen Bedingungen ganz ablehnen, erzählt auch dieser User, dass er seine persönliche Spiritualität „aus der einsamen Meditation abseits der öffentlichen Gottesdienste und in der Zweisamkeit mit dem Herrn“ ziehe. Dem stimmt auch eine Frau zu, die die Corona-Messen ablehnt. Sie finde es wohltuend, leere Kirchen zu besuchen, eine Kerze zu entzünden, Tages- und Wochenimpulse anderer Gemeinden aufzugreifen oder Gottesdienste im Internet mitzuerleben. „Das erfüllt mich mehr, da ist Gott mir näher als bei solchen verkrampften Hygiene Gottesdiensten“, schreibt sie.

In einer leeren Kirche eine Kerze entzünden

Statt Kirchengesang dem Gesang der Vögel lauschen

Eine andere Frau schreibt in einem Brief an die Pallottiner, dass sie sich gegen die Teilnahme einer Messe mit Hygienevorschriften entschieden habe. Stattdessen gehe sie jeden Sonntag in die Kirche, hole sich das Licht von der Osterkerze und übertrage es auf die kleine Osterkerze. „Wenn ich dann nachhause gehe, lösche ich das Licht und nehme die Kerze mit.“ Und was den fehlenden Gesang betreffe, setze sie sich auf die Bank vor der Kirche und höre den mehrstimmigen Gesang der Vögel an, und erfreue sich an der Natur.
Warten, bis wieder freier gefeiert werden kann. Diese Absicht hegt daher die Mehrzahl der Facebook-Nutzer und auch Einsender. „Bleibt zu Hause“, heißt es oft. Die Begründung dafür ist für die einen die „Ehrfurcht vor dem Sakrament“. Den anderen leuchtet nicht ein, warum die Hostie anzufassen gefährlicher sein soll als die Ware im Supermarkt zu berühren. Einige führen an, dass die gottesdienstlose Zeit auch als eine Art Fasten empfunden werden könne. Und es eine Gelegenheit wäre, den Hausgottesdienst und das Priestertum aller Gläubigen zu beleben.
Ein Mann betont sogar, er sei fest entschlossen, keine Kirche zu betreten, solange „diese Verkleidungen, der Abstand und Desinfektionsmittel statt Weihwasser notwendig“ seien. Für andere passe die Botschaft der Nächstenliebe und des Trostes nicht mit den Sicherheitsabständen zusammen.

Paar mit Mundschutz in einer leeren Kirche
Gottesdienst feiern ohne Gemeinschaft

Mit der Ehrfurcht vor dem Leib des Herrn sind Gummihandschuhe Greifzange nicht zu vereinbaren, schreibt ein anderer, der dies für respektlos und unwürdig erachtet. Und viele stoßen sich auch daran, dass sie sich für eine Messe anmelden sollen. Ein Mann, der wegen seiner Operationen zur Risikogruppe zählt, fühlt sich regelrecht aus der Gemeinschaft ausgeschlossen. „Wo ich mein Leben lang jeden Sonntag zum Gottesdienst gegangen bin, macht mich das traurig“, schreibt er. Ein anderer findet die Vorstellung widersprüchlich, dass das Heilsakrament als lebensbedrohlich gefährlich angesehen werde, „wie wenn es sich um ein infiziertes totes Tier handeln würde“. Es ist für ihn ebenso nicht akzeptabel, dass er sich vorher online registrieren müsse
Eine Journalistin schreibt in einer E-Mail, dass sich bei ihr alles gegen Eintrittskarten für Gottesdienste, Kommunizieren hinter Plexiglas und begrenzte Teilnehmerzahl sträube. Solche Gottesdienste seien für sie eine Rückkehr zur Ständekirche des Mittelalters. „Die wichtigen Katholiken feiern miteinander die wichtigen Vorgänge der Kirche, perfekt abgezirkelt und ordentlich sakral vollzogen“, kritisiert sie. Es führe zur „grell-schillernden Vorführung dessen, was die Kirche über Jahrhunderte geworden ist: Machtinstitution, Zelebrations-Hüterin, Bevorzugerin der Nah-Leute und der Geldhabenden, der satten Bürgerlichkeit, die zum neuen Kirchenadel erhoben wird“. Das sei eine Karikatur des Christentums, schreibt sie.

Umfrage macht Vielfalt der Gemeinde deutlich

Kommentar zur Umfrage von Vizeprovinzial Pater Michael Pfenning

„Wie gehen Sie mit den Corona-Regeln bei der Messe um?“ Diese Frage stellten die Pallottiner in den sozialen Medien. Eine vielfältige Resonanz war die Antwort. Von Freude und Dankbarkeit über Skepsis und Traurigkeit bis zur völligen Ablehnung solcher Messen reichte die Bandbreite. Für Vizeprovinzial Pater Michael Pfenning SAC spiegelt sich hier die Vielfalt der Gemeinde, die sich dieses große Geheimnis mit unterschiedlichen Zugängen erschließt. Er sieht die Aufgabe seiner Gemeinschaft darin, diese Zugänge wahrzunehmen und ohne Etiketten zu verteilen die Eucharistie als Kraftquelle zu stärken.

Zum Interview mit Vizeprovinzial Pater Michael Pfenning

Bericht: Alexander Schweda
Beitragsbild: Dominik Wolf KNA GmbH (Hostie)
Bilder: Reikara (Opferkerzen), Adam Ján Figeľ (Mundschutz in Kirche), lettas (Gottesdienst in leerer Kirche) alle drei Fotos stammen von Adobe Stock

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