Der Martinusweg in Württemberg

Durchs malerische Lauter-Tal

Das Lautertal auf der Schwäbischen Alb ist eine bezaubernde Gegend. Ein kleiner naturbelassener Nebenfluss der Donau mäandert unweit von Reutlingen durch ein Hochtal. Links und rechts stehen Burgruinen, an den Uferbäumen gehen Biber ihren Baumfällarbeiten nach.

Die aberwitzigen Pläne, hier eine Schnellstraße durchzubauen, hat man zum Glück schon in den Achtzigerjahren aufgegeben. So ist alles recht gemütlich, dörflich und naturnah geblieben, mit einer Vielzahl von Wander- und Radwegen, die die Menschen anlocken. An den Wochenenden kann es zugegebenermaßen recht trubelig werden.

Also geht man am besten unter der Woche dorthin. Der 2011 eröffnete 1200 Kilometer lange württembergische Martinusweg führt auf seiner Etappe von Zwiefalten nach Großengstingen mitten durch dieses Lautertal hindurch. Lädt zur Einkehr in seine Dorfkirchen ein, die mal evangelisch und dann wieder katholisch sind: Auch wenn der Pilgerweg ganz und gar katholischen Ursprungs ist (der Heilige Martin ist der Schutzpatron der Diözese Rottenburg-Stuttgart), so hat die Ökumene hier doch ihren Platz.

Eine alte Glaubensgrenze ging durchs Große Lautertal

Schließlich ging einst eine alte Glaubensgrenze durchs Große Lautertal: Hier traf Altwürttemberg auf das Reich der Vorderösterreicher, heute augenzwinkernd markiert mit einem Grenzhäuschen, das als Buswarteunterstand dient.

So geht man immer entlang der Lauter von der katholischen Galluskirche in Bichishausen mit ihrer schönen Zwiebelhaube in Richtung Dapfen weiter, wo auf einem Hügel eine zauberhafte evangelische Martinskirche steht. Unterwegs kann man bei einem kleinen Schlenker nach Buttenhausen noch eine ganz erstaunliche Entdeckung machen: Hier gibt es einen der bemerkenswerten jüdischen Friedhöfe in der Region.
Er ist frei zugänglich, vorbildlich gepflegt und malerisch am Hang des Lautertals gelegen. Die Geschichte, die er erzählt, ist ebenso schön wie traurig. Hier oben auf der Schwäbischen Alb gab es einst eine der größten jüdischen Gemeinden des Landes. Jahrhundertelag lebten Christen und Juden einträchtig nebeneinander, feierten Feste und brachen zu gemeinsamen Wanderungen auf. Dann kam der Nationalsozialismus und hetzte die Menschen gegeneinander auf.

Heute lebt kein Jude mehr in Buttenhausen, aber die Gemeinde hat sich ihrer Geschichte gestellt und ein sehenswertes jüdisches Museum eröffnet. Schritt für Schritt kommt man hier der Vergangenheit auf die Spur. Es lohnt sich also, ein wenig Zeit mitzubringen und innezuhalten auf diesem ganz besonderen Abschnitt des Martinusweges.

Text: Andreas Steidel
Fotos: Andreas Steidel (Jüdischer Friedhof in Buttenhausen) ; Erika (Unterwegs auf Pilgerwegen, KI) by Adobe Stock.

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