Das Coenaculum steht für das heute nicht mehr lokalisierbare Obergemach (Lk 22,12 vgl. Apg 1,13) in Jerusalem, in dem Jesus mit seinen Jüngern das Abschiedsmahl hielt. Es ist weniger ein lokaler Raum als ein spiritueller Ort, der zwischen dem letzten Abendmahl und der Erwartung des Geistes die gespannte Ruhe vor dem Aufbruch markiert, eher ein Durchgangsraum als ein Ort bleibender Geborgenheit.
Zurückkommend auf das von Pallotti georderte Bild vom Coenaculum ist der Strahlenkranz, der vom Geist in alle Richtungen ausgeht und auch über den Bildrand hinaus weist, eine markante Botschaft. Ihr Auftrag lautet, ernst damit zu machen, Gottes Geist überall zu suchen und zu finden, ihn in den Religionen und Völkern wahrzunehmen und ihm dort mit Ehrfurcht und Aufmerksamkeit zu begegnen, um ihn dann erneut für sich selbst zu erbitten.
Das Coenaculum ist ein Raum ohne Wände, ein Ort der Freiheit und Weite, an dem jede und jeder ungeachtet jeglicher Vorbedingungen, Funktionen oder Positionen Empfänger des Geistes wird.
Das Coenaculum wird zum Sympol für ein neues Miteinander aller Menschen, das zuerst einmal nicht durch Diplomatie und menschliche Anstrengung, sondern durch die Gegenwart des Geistes ermöglicht wird und schon begonnen hat, Wirklichkeit zu werden.
Auszug aus „Beteiligung-Vielfalt-Dialog“ von Brigitte M. Proksch
„Maria, Königin der Apostel“ ist ein Programmbild
Die Getauften sollen sich anregen lassen von jenem Moment, den die Apostelgeschichte in ihren ersten beiden Kapiteln erzählt: Die Apostel erwarten „zusammen mit den Frauen und mit Maria, der Mutter Jesu“ den Hl. Geist. Er kommt. Und aus der Sammlung geht die Kirche in ihre weltweite Sendung. Der Geist kommt eben nicht allein auf die Apostel, sondern auf alle im Saal.(…)
1844 war der jungen Priester- und Brüdergemeinschaft … die Kirche San Salvatore in Onda übertragen worden. Das Gebäude musste renoviert werden. Vinzenz Pallotti, der 1850 starb, hat selbst die Vollendung nicht mehr erlebt. Im Juni 1848 erhält der Maler Serafino Cesaretti den Auftrag (…). Er kopiert eine Zeichnung von Johann Friedrich Overbeck (1789 – 1869). (…) Vinzenz Pallotti war die Einheit der Kirche ein ungeheures Anliegen. Bei all seinen Ideen für die Kirche, ging es ihm immer um ein Miteinander. (…) Eine lebendige Kirche braucht den Petrusdienst als Einheitsstiftendes Element. Ihre Mission gelingt allein in der Achtung vor der Berufung des je Einzelnen, im Ernstnehmen der Verantwortung der Getauften und im ehrlichen Miteinander aller.
aus: Sein Bild von Kirche, von Pater Alexander Holzbach, in: das zeichen 06/2014
Maria, Königin der Apostel
Die Marienverehrung spielt in der Katholischen Kirche eine große Rolle
Es gibt eine interessante Beobachtung. Die Marienverehrung ist abhängig vom vorherrschenden Gottesbild: In Zeiten, in denen Gott für die Menschen der weit entrückte war, der strenge und mächtige Gott, der männliche, der Patriarch – in diesen Zeiten fanden die Menschen in Maria, der Mutter Jesu, was sie in ihrem Glauben und Leben auch brauchten und vermissten: das Nahe, das Mütterliche, das Verstehende, das Weibliche, das Fürsorgliche, das Zärtliche …
Eigenschaften Gottes, wichtige Anteile des biblischen Gottesbildes, wurden über die Marienverehrung gefunden. Maria, die den Menschen vertraute, die Weggefährtin.
Zurecht dürfen wir sagen, das alles finden wir doch auch in einer lebendigen Gottesbeziehung. Gottseidank haben viele diesen Zugang zu Gott neu gefunden und brauchen deshalb die Brücke über Maria weniger als früher. Dagegen ist wirklich nichts einzuwenden. Es ist aber in meinen Augen auch kein Problem, wenn Menschen einen besonderen Zugang zu Maria haben und in IHR die Eigenschaften und Wirkweisen Gottes finden. Durch Maria strahlt die Liebe und Größe Gottes durch und kommt durch Maria bei den Menschen an.
Marienverehrung ist für den Glauben nicht unbedingt notwendig, aber Maria ist für viele eine Brücke zu Jesus, zu Gott.
Für mich persönlich ist Maria nicht die Vermittlerin und Brücke zu Gott. Vielmehr entdecke ich in Ihr einen Menschen, der die großartige Fähigkeit besaß einfach zu vertrauen. Sie glaubte, dass Gott sie trägt und hält, sie konnte sich einlassen, sie ging ihren Weg treu und liebend, sie hatte ihre Fragen und musste Leid ertragen – doch sie vertraute weiterhin.
Für dieses Vertrauen bewundere ich sie. Um dieses Vertrauen bitte ich Gott. Wer Gott so vertrauen kann, dessen Welt hält. Wer so vertrauen kann, der hält Welten zusammen.
Maria hielt Welten zusammen: die Welt der Apostel und Jüngerinnen. Nach dem Trauma des Karfreitags droht alles auseinander zu brechen. Maria versammelte die Apostel und Jüngerinnen um sich. Maria hielt zusammen und steckte mit Ihrem Vertrauen an. Dieser Gemeinschaft, zusammengehalten durch Maria, wurde der Geist Gottes gesandt. In diesem Geist konnten die Apostel dann hinausgehen und ihren Auftrag erfüllen.
Maria ist die ermunternde und ermutigende Frau, die uns bestärkt im Vertrauen auf Gott. Wer aber Gott vertraut, der ist geradezu entfesselt und spürt, wozu er oder sie in der Lage ist. Wer auf Gott vertraut, hilft mit, dass die Welt hält. Gottvertrauen versetzt Berge. Berge des Zweifels und der Ohnmacht.
Für Vinzenz Pallotti war Maria deshalb die Königin der Apostel. Im Blick auf Maria rüttelte er am damaligen Kirchenbild. Hier wird eine Frau zur Königin der Apostel und damit Trägerin des Evangeliums, Botin der Liebe Gottes, Verkünderin der Hoffnung. Damit war für Pallotti klar: Jede und Jeder kann Apostel sein – hat diese Würde und kann so mitverantwortlich für die Kirche werden.
Diese Bild relativiert jeden Klerikalismus und begründet ein neues Miteinander der verschiedenen Dienste und Ämter in der Kirche. Nicht Hierarchie, sondern ein wirkliches und ehrliches Miteinander aus der Kraft des Geistes Gottes.
Dieses Kirchenbild funktioniert aber nur mit viel Gottvertrauen und Vertrauen in die Menschen. Diese Kirchenbild, dieses wirklich marianisch-apostolische Verständnis gibt dem Heiligen Geist Raum und ist dynamisch, sich stets reformierend.
Es gibt die Versuchung, die Kirche „machen“ und gestalten zu wollen aus rein menschlichem Kalkül. Wir organisieren den Bestand, stärken die Organisation und wehren uns gegen die heilsamen „Verwirbelungen“ des Heiligen Geistes.
„Maria, stecke uns alle an mit Deinem Gottvertrauen, deiner Menschlichkeit und deiner Liebe und Treue zu Christus“.
„Jesus Christus, mache auch uns, wie Maria, zu Aposteln der Liebe und zu Boten deines Evangeliums. Schenke uns neue Begeisterung. Schenke uns den Heiligen Geist. Stoße die Türen in den Kirchen und Gemeinschaften und in unserem persönlichen Leben auf. Gib uns die Gnade eines neuen Frühlings.“
Text: Predigt von Vizeprovinzial Pater Michael Pfenning SAC zum pallottinischen Hochfest „Maria, Königin der Apostel“; Bilder: Josef Eberhard
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