Pallottikirche wird am 6. Februar profaniert

Kommunität der Pallottiner verlässt Rheinbach

Es ist ein Einschnitt in der Geschichte Rheinbachs: Nach über 85 Jahren werden die Pallottiner sich im Jahr 2021 aus Rheinbach verabschieden. Aus Altersgründen und personellen Gründen ist es der Gemeinschaft nicht mehr möglich, den Standort aufrechtzuerhalten. Die Pallotti-Kirche wird daher profaniert.

Internat und Schulen sind schon länger abgegeben worden. Nun erfolgt die Schließung des ganzen Standorts. Da die Pallotti-Kirche von keinem kirchlichen Träger übernommen werden kann, muss sie nach Kirchenrecht profaniert werden. Dies geschieht in einem feierlichen Akt am 6. Februar 2021. Die Zukunft des Gebäudes ist noch offen. Die Pallottiner sind auch bereit das Gebäude zu verschenken. Damit endet eine Ära.

Die Pallottiner in Rheinbach (1935 – 2021) – zur Geschichte

Die Pallottiner kamen 1892 als „Missionsorden“ von Rom nach Deutschland und waren immer auf der Suche nach Schülern, „von denen sie hofften, dass viele selbst Pallottinerpatres und Missionare werden würden“, wie Provinzrat Pater Alexander Holzbach erläutert (mehr zur Geschichte hier). In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts boomte dementsprechend der Nachwuchs. Auf diesem Hintergrund ist auch die Übernahme des „Collegium Hermannianum“ 1935 zu sehen. Seit damals sind Pallottiner in Rheinbach. Sie betrieben bis 1967 parallel zwei Ausbildungsstätten: Das übernommene Konvikt, das ab 1945 „St. Albert“ hieß, und dann in der ehemaligen Tomburgstraße angesiedelt war. Und das Hermann-Josef-Kolleg, das spätestens ab 1945 dezidiert Nachwuchsschule der Pallottiner war. Diese hatte vor dem Krieg in Vallendar bestanden und war danach nach Rheinbach umgesiedelt worden. Kosten und Personal-Fragen ließen bei den Pallottinern immer mehr die Sinnfrage bzw. die Frage nach der Lebensfähigkeit des Standortes Rheinbach aufkommen. So kam es dann ab 2012 zu dem Prozess des Abbaus des VPK und des Ausbaus von St. Joseph von Seiten der Erzdiözese, so dass für Eltern, die das wollen, die Möglichkeit besteht, ihre Kinder in eine kirchliche Schule zu geben.
„Ich habe als Schüler und als Pater wunderbare Jahre in Rheinbach erlebt; habe in der Pallotti-Kirche als Messdiener, Schüler und Priester gerne Gottesdienste gefeiert“, erinnert sich Pater Alexander Holzbach. Er ist der Rektor der Kommunität in Limburg, zu der Rheinbach im Moment noch gehört. „Ich trage den Rückzug der Pallottiner aus Rheinbach voll mit. Das ist sehr schade, aber alternativlos.“

Zur wirtschaftlichen Situation und den Folgen

Nach der Schließung der Internate gab es immer wieder Vandalismus in den leerstehenden Gebäuden. „Deshalb haben die Pallottiner im November 2017 die Internate zur Beruhigung der Situation abreißen lassen“, erklärt Provinzökonom Pater Rainer Schneiders. Das komplette Gelände der Internate und der Schule wurde an die Entwicklungsgesellschaft BPD verkauft. Die zukünftige Bebauung wurde eng mit der Stadt Rheinbach besprochen, die einen Architektenwettbewerb für diese Entwicklung haben wollte. Die Kapelle auf dem Trümmerhügel ist geschützt und bleibt bestehen. Sie wird in das neue Konzept eingebunden.
Nachdem die Provinzversammlung 2017 die Schließung der Kommunität beschlossen hat, geht es nun um die Vermarktung des Kommunitätsgebäudes und der Kirche. Bezüglich der Kirche gab es verschiedene Ideen, wie z.B. auch ein Kolumbarium. Sie hätte auch als Begräbnisstätte für Urnen genutzt werden können. „Aber auch dazu sind Betriebskosten aufzuwenden. Das Erzbistum Köln hat deutlich signalisiert, dass für die Gemeindepastoral die Möglichkeiten der Pfarrkirche St. Martin ausreichend sind und dass das Erzbistum nicht die Kosten für die Kirche übernehmen wird“, so Schneiders. Die Stadt Rheinbach habe immer sehr dafür geworben, die Kirche zu erhalten, habe aber auch keine Möglichkeit gesehen, die Kosten zu tragen.

Pallotti-Kirche Rheinbach
Der heilige Vinzenz Pallotti
Maria Mutter Gottes Königin der Apostel in Rheinbach
Kreuz der Pallottikirche in Rheinbach

Die Zukunft der Pallotti-Kirche

Eine Kirche braucht eine Gemeinde und Priester, die dort die Eucharistie feiern. Da die Pallottiner Rheinbach verlassen, ist das nicht mehr gewährleistet. In Absprache mit dem Erzbischof wird nun die Kirche am 6. Februar 2021 profaniert werden. D.h. das Gebäude wird durch eine liturgische Handlung wieder zu einem nichtkirchlichen Gebrauch freigegeben. Die Geräte und liturgischen Gegenstände werden durch die Vermittlung von Renovabis an das Bistum Pristina in Kosovo abgegeben. Die Orgel wird in die Kathedrale des Bistums übersiedeln und die Bänke, Altar, Ambo und Tabernakel finden einen Platz in einer Kirche, die gerade gebaut wird. Das Altarkreuz wird nach Nigeria verschifft.

Die Kirche zu verschenken – das Angebot der Pallottiner

Die Pallottiner würden die Kirche – oder besser das Gebäude der dann ehemaligen Pallottikirche – auch herschenken. Dafür braucht es aber einen Interessenten, der bereit ist und auch die Mittel hat, die notwendigen hohen Investitionen zu schultern. Ein ernsthafter Interessent müsste über Millionen verfügen. Dieses Angebot gilt bis Ende des Jahres: „Wenn jemand mit einem finanziellen, wie inhaltlich überzeugendem Konzept für eine gemeinnützige, kulturelle oder religiöse Nutzung des Gebäudes auf unsere Provinz zukommt, werden die Pallottiner die ehemalige Kirche verschenken“, so Missionssekretär Pater Markus Hau.

Die Fakten

Was werden die Pallottiner mit dem Geld machen, das sie nun erhalten?

In Nigeria bauen die Pallottiner ein Jugendzentrum. Als Zeichen dessen, dass dort die pallottinische Jugendarbeit weitergeht, wird auch das Kreuz dort in der Kapelle aufgehangen.
Die Pallottiner haben in Limburg ein Haus, in dem die alten und kranken Mitbrüder ein Zuhause finden. Nach jahrzehntelanger Arbeit im In- und Ausland gestalten sie – meist 75 bis 95 Jahre alt – ihren Lebensabend und sie erhalten die Pflege, die sie brauchen. Damit sind Kosten der Altersversorgung verbunden.

Die Provinzversammlung hat zudem im Juli beschlossen die Universität der Pallottiner in Vallendar zu betreiben. Die Kosten für die Sanierung und Restrukturierung werden zu einem Teil auch über den Verkauf erwirtschaftet.

Da auch bei den Pallottinern nur wenig junge Mitbrüder sind, braucht es zudem auch eine Altersvorsorge für jene, die jetzt um die 50 Jahre alt und jünger sind. Dafür soll ein Mietshaus in Rheinbach auf einem kleinen verbleibenden Gelände gebaut werden. Mieterträge aus diesem Projekt sollen auch in Zukunft die Altersversorgung ermöglichen.

Das Pallotti-Areal: der aktuelle Sachstand

Das Gelände von Internat und Schule ist bereits verkauft. Die Turnhalle hat das Erzbistum Köln übernommen. Aktuell stehen die Pallottiner in den Schlussverhandlungen zum Verkauf von Kommunitätsgebäude und Kirche mit dem umliegenden Gelände.

Die Profanierung

Die Geschichte der Pallotti-Kirche als Kirche endet am 6. Februar 2021. Die Profanierung ist der kirchliche Akt, für den es einen eigenen Ritus gibt, mit dem eine geweihte Kirche wieder zu einem weltlichen Gebäude wird. Danach also keine sakrale Bestimmung mehr hat und für andere Zwecke verwendet werden darf.
Der Ritus ist einfach – ein Dekret des Ortsbischofs wird verlesen und in einer Prozession werden die Reliquien des Altares, das Allerheiligste und die Heiligenbilder aus der Kirche hinausgetragen.
Diese Profanierung werden die Pallottiner am 6. Februar im Rahmen der letzten heiligen Messe durchführen – es wird der Abschied aus Rheinbach sein.

Was wird von der Pallottikirche bleiben?

Teile der Pallotti-Kirche werden außerhalb Deutschlands weiterleben: Der Bischof von Pristina möchte für seine Kathedrale die Orgel, den schweren Altar aus Eifeler Basalt und sogar die Kirchenbänke übernehmen. Ein Geschenk ins Kosovo.
Die schöne Madonna werden die Pallottiner nach Kamerun verschenken: Da haben die Limburger 1890 ihre Geschichte begonnen und im Norden des Landes arbeitet der Pallottinerbischof Bruno Ateba in seiner sehr armen Diözese Mokolo-Maroua. Ein Gebiet, das heimgesucht ist vom Terror von Boko Haram, eine Gegend mit fast so vielen Flüchtlingen aus Nigeria, wie die Stadt Einwohner hat. Und das schöne Metallkreuz und der gleich gestaltete Tabernakel wird in das neue Jugendzentrum nach Mbaukwu im Süden Nigerias gehen.
Pallottiner in Rheinbach das bedeutete über 80 Jahre Jugendarbeit, Schul- und Pfarrpastoral! Hier in Rheinbach konnte dies als älterwerdende Gemeinschaft nicht mehr aufrechterhalten werden. In Nigeria gibt es 40 junge Pallottiner und jedes Jahr viel Nachwuchs, seit 2017 gehören sie zur Provinz. Nigeria ist mit geschätzten 190 Millionen Einwohnern ein Land mit großen Herausforderungen: der Terror im Norden, die religiöse und ethnische Zerrissenheit des Gesamtlandes. Aber auch der wirtschaftliche Druck und die Armut der überwiegend jungen Bevölkerung. Da möchten wir den Rheinbacher Geist als Erbe hinübertragen:
„Mich würde es freuen, wenn die Rheinbacher begleiten würden, was wir in Nigeria mit dem Jugendzentrum aufbauen“, sagt Missionssekretär Pater Markus Hau. „Ich würde gerne versuchen, da eine Brücke zu bauen, immer wieder Informationen hierher zu bringen, was aus dem Rheinbacher Erbe im fernen Afrika geworden ist.“

Ein Beispiel aus Stuttgart:

Was aus einem Areal gemacht werden kann, zeigt das Beispiel Stuttgart. Dort wurde 2017 von der Diözese die dortige Pallotti-Kirche profaniert und Wohnbebauung geplant.

Einen aktuellen Bericht der Diözese finden Sie hier.

www.drs.de/ansicht/Artikel/leuchtturmprojekt-fuer-das-zusammenleben-7748.html

Prfessekonferenz der Pallottiner zur Zukunft in Rheinbach
Bei der Pressekonferenz der Pallottiner am 4. November 2020 erläuterten Pater Alexander Holzbach, Pater Rainer Schneiders und Pater Markus Hau, wie es bei den Pallottinern in Rheinbach weitergehen wird (vl.).

Bericht & Fotos: Alexander Schweda

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