Abschied aus Rheinbach

Weiter gehen nach einer großen Zeit

Pallotti-Kirche in Rheinbach mit feierlicher Messe profaniert

Mit einer feierlichen Eucharistiefeier ist am 6. Februar die Vinzenz-Pallotti-Kirche in Rheinbach nach 50 Jahren profaniert worden. Coronabedingt konnten nur rund 60 Besucher an der Messe mit Provinzial Pater Helmut Scharler teilnehmen. Dieser rief dazu auf, den Abschied als Chance zum Neuanfang zu sehen.

Als die Altarreliquien entnommen, das ewige Licht und die Kerzen gelöscht waren, und die Leuchter auf den Boden gelegt worden waren, zogen die Pallottiner mit Provinzial Pater Helmut Scharler in einer Prozession aus der Kirche aus und setzten so einen Schlusspunkt hinter einer langen über 85-jährigen Geschichte ihrer Gemeinschaft mit der Stadt Rheinbach. Dennoch endet eine Geschichte damit nicht endgültig, denn wie die Grußredner einmütig betonten, würden die Pallottiner nicht vergessen werden, ihr Geist bleibe in Rheinbach.

Provinzial Pater Helmut Scharler würdigte dies auch in seiner Predigt und betonte, dass Rheinbach eine große Zeit für die Pallottiner gewesen sei. Die Gemeinschaft habe dort eine Bildungseinrichtung geführt, wo nicht nur der Verstand, sondern auch das Herz gebildet werden konnte. „Nun ist diese große Zeit zu Ende gegangen“, sagte Scharler. Dankbar und stolz schaue er darauf zurück: „Wir durften jungen Menschen Rüstzeug für ihr Leben geben: Gibt es etwas Schöneres?“

Aber dennoch sei es jetzt Zeit weiterzugehen. Denn Jesu Frohe Botschaft sei dynamisch, ein Aufbrechen und Weitergehen. Nicht die Erinnerung zähle, nicht das Zurückschauen, sondern die Sehnsucht, die einen treibe. Auch der Apostel Paulus sei in keiner Gemeinde geblieben, sondern habe die Frohe Botschaft ausgestreut und sei weitergezogen. Damit sei die Kunde in kürzester Zeit nach Indien und nach Europa gekommen.

„Wir durften jungen Menschen Rüstzeug für ihr Leben geben: Gibt es etwas Schöneres?“

Neue Aufgabe in Malawi und Nigeria

Der Provinzial fuhr fort: „Und wenn es noch Leben in uns Pallottiner gibt, dann gehen wir jetzt weiter, dem nächsten Abenteuer entgegen.“ Und dieses nächste Abenteuer sei bereits sichtbar geworden. Gott habe der Gemeinschaft mit Südafrika auch Malawi und Nigeria ans Herz gelegt. „Dort finden wir eine Kirche, die auch uns hier in Deutschland verändern kann: durch Austausch, Dialog, durch Brücken und wechselseitiges Lernen“, betonte der Provinzial und dankte dabei den pallottinischen Missionaren, die dazu die Grundlagen gelegt hätten.

Er rief zudem dazu auf, den Schmerz über den Abschied aus Rheinbach nicht übermächtig werden zu lassen, sondern diesen Abschied nun zu gestalten und aus ihm einen Neuanfang werden zu lassen.

Gelebter Glaube im Schulalltag

Dank, Abschied und Neuanfang: Um diese Themen kreisten nicht nur die Gebete und Rituale der Profanierungsmesse, auch die Grußredner widmeten sich diesem Thema. Der Bürgermeister der Stadt Rheinbach, Ludger Banken, betonte, dass rund 2200 junge Menschen am Vinzenz-Pallotti-Kolleg ihr Abitur gemacht hätten und darüber hinaus auf das Leben vorbereitet worden seien. Die Pallotti-Kirche mit ihrem beeindruckenden Innenraum und ihrer besonderen Akustik sei dabei „Bestandteil des gelebten Glaubens im Schulalltag“ gewesen. Dass die Weihe, die vor 50 Jahren stattgefunden habe, nun rückgängig gemacht werde, sei ein schmerzlicher Verlust. Ein Trost sei es, aber, dass das Inventar nun weltweit in verschiedenen Kirchen wieder Verwendung finde und so Teile aus Rheinbach woanders weiterlebten. Er versprach, dass die Pallottiner immer ein Teil von Rheinbach bleiben werden.

Der Pfarrer der katholischen Gemeinde St. Martin, Bernhard Dobelke, versicherte, dass es einen Ort zur Erinnerung an die Pallottiner geben solle. Auch die Marienkapelle, die die Pfarrei von der Gemeinschaft zur Betreuung übernehme, sei ein Trost zum Abschied. Der Verwaltungsleiter des Pallottiner-Kollegs, Jürgen Wünsch zeigte sich erleichtert, dass die verbliebenen Mitbrüder aus Rheinbach nun alle eine neue Heimat gefunden hätten und bedankte sich bei der Provinzleitung und allen Mitarbeitern. Provinzial Helmut Scharler meinte denn auch: „Was wären wir ohne Sie gewesen? Sie sind ein Mitbruder und eine Art Ehren-Vizeprovinzial.“

Musikalisch umrahmt wurde die Feier von einem Ensemble des Kammerchors, der Stücke von Bach, Albert Becker, Jan Sandström und David Evans zu Gehör brachte. Und als Kreisdechant Hans-Josef Lahr das Profanierungsdekret verlesen hatte, war es auch amtlich, dass die Pallotti-Kirche in Rheinbach keine Kirche mehr im sakralen Sinne darstellt. Sichtbares Symbol dafür war es, dass am Ende der Altar abgeräumt, die Hostien aus dem Tabernakel entfernt, die Reliquien aus dem Altar geholt und die Kerzen gelöscht wurden.

Abschied aus Rheinbach

Hintergrund

Die Pallottiner waren in Rheinbach von 1935 bis 2021, also über 85 Jahre. Das bedeutete vor allem 85 Jahre pallottinische Bildungsarbeit. Von einer Nachwuchsschule der Pallottiner hatte sich das Vinzenz-Pallotti-Kolleg, das VPK, zu einer Schule gewandelt, die den mündigen Staatsbürger, der Verantwortung in Kirche und Gesellschaft übernimmt, als Kollegsziel definierte.

1969 gab es am VPK das erste staatlich anerkannte Abitur. Das VPK hatte sich zu einem regional hoch bedeutsamen und geschätzten Gymnasium gewandelt. Nach und nach arbeiteten immer weniger Pallottiner im Lehrerkollegium; 2002 übernahm erstmals ein Nicht-Pallottiner die Schulleitung. Kosten und Personal-Fragen ließen bei den Pallottinern immer mehr die Frage nach der Lebensfähigkeit des Standortes Rheinbach aufkommen. So kam es dann ab 2012 zu dem Prozess des Abbaus des VPK.

Die Schule ist schon längst geschlossen. Die Gebäude wurden 2017 abgerissen. Ebenfalls 2017 hat die Provinzversammlung die Schließung der Kommunität beschlossen. Mit der Profanierung der Pallotti-Kirche ist die Geschichte der Pallottiner in Rheinbach zu Ende gegangen. Die Kirche wird geschlossen. Die Geräte und liturgischen Gegenstände werden durch die Vermittlung von Renovabis an das Bistum Pristina in Kosovo abgegeben. Die Orgel wird in die Kathedrale des Bistums Pristina übersiedeln und die Bänke, Altar, Ambo und Tabernakel finden dort einen Platz in einer Kirche, die gerade gebaut wird. Das Altarkreuz wird nach Nigeria verschifft, wo die Pallottiner ein Jugendhaus bauen.

Text: Alexander Schweda
Foto: Axel Vogel/Pallottiner

Auszug aus der Pallottikirche in Rheinbach 2021

Die Predigt von Provinzial Pater Helmut Scharler SAC können Sie gerne nachlesen. Sie ist als PDF verfügbar.

Der Abschiedsgottesdienst der Pallottiner in Rheinbach und die Profanierung der Pallottikirche sind als Youtube-Video verfügbar.
Gesamt-Dauer: 1:58

Evangelium: 18:15
Predigt Pater Scharler: 20:30
Ubi Caritas (Audrey Snyder): 57:20
Ansprachen: 1:04:00
Profanierung: 1:33:40

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