Gemeinsame Wurzeln und gemeinsames Handeln machen uns stark
Pater Fritz Kretz SAC
Nach dem Abitur im Paulusheim in Bruchsal verpflichtete sich Fritz Kretz bei der Bundeswehr. So konnte er sich seinen Standort aussuchen und bekam für die zwei Jahre auch noch guten Sold. Damit war die Frage „Was will ich mit meinem Leben machen?“ allerdings nur aufgeschoben.
Es gab viele Vorbilder
Nach seinem Dienst als Zeitsoldat ging er 1974 ins Postulat und Noviziat nach Untermerzbach, obwohl seine Berufung zum Priester und Pallottiner für ihn nicht so ganz eindeutig war; er dachte sich „versuchen kann ich es ja mal“.
Während seiner Schulzeit hatte er einiges von den Pallottinern mitbekommen, „sowohl Gutes wie auch Fragwürdiges“, wie er rückblickend schelmisch feststellt. Gleichzeitig gab es bei den Pallottinern eine ganze Reihe von Vorbildern, deren Art, Lebenseinstellung und Mission den jungen Erwachsenen faszinierten. Außerdem war es für ihn schon damals eine „Horrorvorstellung“ als Diözesanpriester jahrelang alleine in einem Pfarrhaus leben zu müssen.
Eine steile Karriere
Nach der Priesterweihe 1981 wirkte er als Kaplan und Seelsorger, als Erzieher im Internat in Bruchsal und – nach einem praxisorientieren spirituellen Kurs in England – als Novizenmeister für die deutschsprachigen Provinzen und Regionen. Danach wurde er zuerst zum Provinzial der Herz-Jesu-Provinz (1996-2005) und – für ihn völlig überraschend – im Oktober 2004 zum General der Pallottiner gewählt. Er war damit der achte, aus Deutschland stammende General der internationalen Gesellschaft.
Weltweit unterwegs
Pater Kretz hat diese Zeit auf internationalem Parkett in guter Erinnerung behalten. Wobei er sich anfangs sicher war, dass sich die Generalversammlung nur irrtümlich für ihn entschieden hatte: „Ich konnte nur schwäbisches Englisch und für offizielle Repräsentationsaufgaben konnte ich mich nicht wirklich begeistern.“ Was ihn erwartete war „ein Leben aus dem Koffer, mit einem Bett in Rom“. Aus heutiger Sicht ist er sicher, dass seine Zeit als Novizenmeister eine gute Vorbereitung für sein späteres Wirken in aller Welt war. Das Noviziat war eine internationale Gemeinschaft, die in sechs Jahren betreuten 50 Novizen stammten aus 6 Ländern.
Für die Pallottiner weltweit Verantwortung zu übernehmen bedeutete für Pater Kretz vor Ort aufmerksam zuhören und genau hinzuschauen, welche Charismen bei den ChristInnen und Mitbrüdern in den lokalen Gemeinschaften sichtbar und welche Projekte gemeinsam entwickelt wurden.
Die Zeichen der Zeit erkennen
Während seiner Zeit als Provinzial galt es anzuerkennen, dass die Gemeinschaft der Pallottiner in Deutschland und Österreich in den kommenden Jahren, neuaufnahmen- und altersbedingt, kleiner werden würde. Deshalb galt es für die alten Mitbrüder, die aus gesundheitlichen Gründen aus den Missionsgebieten nach Deutschland zurückkommen würden, eine angemessene Pflege und Betreuung sicherzustellen. Werke, für die die Pallottiner aus den eigenen Reihen keinen Nachwuchs stellen konnten, mussten in gute Hände überführt oder geschlossen werden.
Um diesen Herausforderungen gerecht zu werden, schlossen sich die damalige Nordprovinz, die Südprovinz und die Regio Österreich zu einer einzigen neuen Provinz zusammen. „Ich war immer ein Verfechter des Zusammenschlusses und hatte als Provinzial die leidvolle aber zukunftsfähige Aufgabe, den Zusammenschluss mit zu initiieren (neben den Oberen der damaligen norddeutschen Provinz und der österreichischen Regio). Das Ziel der neuen Struktur war, für die jüngeren Mitbrüder Rahmenbedingungen zu schaffen, in der sie wieder selbstbestimmt Kirche und Gesellschaft mitgestalten und ihre Charismen ausleben können.“
Vielfalt wird leicht zu Chaos
Dabei ist Pater Kretz nicht begeistert, wenn jeder Mitbruder nur sein eigenes Süppchen kochen bzw. nur sein individuelles Charisma entfalten will. Die Pallottiner erfüllen vor allem gemeinsam das Charisma ihres Gründers.
Die Grundvoraussetzung für Vielfalt ist für ihn eine gemeinsame Grundspiritualität, das gemeinsame Apostolat, eine innere Verbundenheit aller Mitglieder. Dann erst ist eine individuelle Entfaltung des eigenen Charismas sinnvoll. Sonst gibt es – nach der Meinung und Erfahrung von Pater Kretz – „Chaos nicht Vielfalt“, dann treten die jeweiligen „Hobbies“ der Mitbrüder in den Vordergrund und das gemeinsame Charisma der Gemeinschaft tritt in den Hintergrund. Deshalb sah er es sowohl als Provinzial, als auch als Generalrektor der Pallottiner, als seine Aufgabe an, die Mitglieder daran zu erinnern und dazu zu ermuntern, Kirche und Welt in diesem Sinne gemeinsam zu gestalten.
Deshalb stellte er die Spiritualität des Patronats der Königin der Apostel, das die Pallottiner auch Cönakel nennen, in den Fokus seines eigenen und des gemeinschaftlichen Lebens und Wirkens.
Vielfalt ist unsere Stärke
Dass Vielfalt ein markantes Kennzeichen der Pallottiner ist, davon ist Pater Kretz jedenfalls überzeugt. Während das Charisma vieler Orden ihr Handlungsfeld klar vorzeichnet, seien die Pallottiner, von ihrer Gründung her, offen für die Sorgen und Nöte und die Chancen und Stärken der jeweiligen Epoche und Kultur, in der sie tätig sind. „Wir Pallottiner sollen Apostel sein, an allen nur möglichen Orten, mit allen nur möglichen Mitteln, auf alle nur mögliche Weise.“
Unterschiede können gegenseitig bereichern, aber auch ausbremsen. Das hat er damals beim Zusammenschluss der norddeutschen und der süddeutschen Provinz erstaunt festgestellt. „Ich hätte nicht gedacht, wie identitätsstiftend die gewachsenen, traditionellen Strukturen und die lokale Kultur sind und wie gewichtig Mentalitätsunterschiede sein können“ erinnert er sich. Weltweit sei dieses Phänomen natürlich noch stärker ausgeprägt. Man denke nur an die unterschiedlichen Regionen und Kulturen Afrikas oder die verschiedenen Mentalitäten innerhalb Europas. Aber eben auch zwischen den Kontinenten gebe es deutliche Unterschiede, die sich sowohl als Stärken wie auch als Hemmschuh erweisen können.
Während die Mitgliederzahlen in Europa zurückgehen, sind die Provinzen in Lateinamerika stabil, die Formationshäuser in Indien, Afrika und Asien so voll, wie in den 30ger – 40ger Jahren in Deutschland. Er freue sich, dass die Pallottiner dort so regen Zulauf finden. In diesen Regionen der Welt wird, laut Pater Kretz, Neues aufgebaut und neu Pallottiner-Geschichte geschrieben.
Vom General zum Hausmann und Pfleger
Ihn selbst zog es nach seiner Amtszeit als General von Rom wieder zurück in die Heimat. Seine Eltern waren versorgungsbedürftig geworden und er pflegte drei Jahre lang seine Mutter. Zuerst sollten es nur ein paar Wochen werden, dann wurden es drei volle Jahre. „Unser Herr Jesus war 30 Jahre in Nazareth und 3 Jahre in der Öffentlichkeit, ich war 30 Jahre in der Öffentlichkeit und 3 Jahre in Nazareth“ sagt er verschmitzt.
Ein Leben in Balance
Weshalb er jetzt in Konstanz ein Coenaculum gegründet hat? „In unserem Patronatsbild wird das Coenaculum, der Abendmahlsaal, dargestellt und im Zentrum Maria als Königin der Apostel. In diesem Bild sind alle Aspekte der pallottinischen Grundspiritualität und des Charismas unseres Gründers enthalten: Alle Jüngerinnen und Jünger bilden eine Gemeinschaft, um beseelt vom Geist Gottes, als Apostelinnen und Apostel hinaus in die Welt zu gehen und Jesus nachzufolgen.“ Das ist ein Programm. Sowohl für die Pallottiner, wie auch für das Ende November 2017 neu gegründete „Coenaculum Konstanz – Haus der Stille und des Gebets“. Pallottiner sind eben nicht nur Apostel, sondern sie sind Apostel, weil sie Mystiker sind.
Mitten in der Stadt, wo das Leben pulsiert, hat er gemeinsam mit seinem Mitbruder Pater Reinhold Maise einen Ort geschaffen, an dem Zeiten der Stille und Kontemplation möglich sind, um – wie einst die Apostel – im Gebet immer wieder Kraft zu tanken und das Leben wieder proaktiv mitzugestalten. Dazu sind alle eingeladen, die Türen stehen weit offen.
Bild & Interview: Josef Eberhard
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