Neue Wege, Kirche zu inspirieren

Pater Reinhold Maise SAC - Mainaugärtner und Seelsorger

Pater Reinhold Maise ist nicht nur Seelsorger in den Altstadtpfarreien in Konstanz am Bodensee, sondern auch Gärtner auf der Insel Mainau. Mit einem Mitbruder richtet er in Konstanz ein Haus der Stille ein. Im Interview spricht erzählt er, was er unter Berufung versteht.

Pater Maise, wie sieht Ihr Alltag aus? Haben Sie morgens die Gartenschaufel in der Hand und stehen abends im Gottesdienst?

Es kommt schon vor, dass ich morgens hier auf der Mainau meine Arbeit als Gärtner mache und abends oder am Nachmittag seelsorgerische Gespräche führe oder Gottesdienst feiere. Aber eigentlich ist es klar geregelt. Drei Tage in der Woche arbeite ich auf der Mainau im Team, das sich um die Orchideen und das Schmetterlingshaus kümmert, und drei in der Pfarrei.

Können Sie immer gut umschalten?

Das fällt mir meistens nicht schwer, weil ich so unterschiedlich gefordert bin. Hier auf der Mainau arbeite ich körperlich. Wenn ich dann im Gottesdienst oder im Gespräch bin, geht es darum, geistig und emotional präsent zu sein.

Das hört sich ein bisschen so an, als würden Sie sich durch diese zwei verschiedenen Tätigkeiten komplettieren.

Ja, so erlebe ich es auch für mich. Nach dem Theologiestudium und meinem Eintritt in den Pallottinerorden habe ich lange ganz klassisch als Seelsorger gearbeitet. Im Laufe dieser Jahre habe ich einfach gemerkt, mir fehlt noch etwas. Ich bin gerne Priester, aber es ist dieses kreative Schaffen mit den Händen, das mir fehlt. Deshalb habe ich mich 2011 entschieden, auf der Mainau eine Ausbildung zum Gärtner zu machen.

Gibt es Gemeinsamkeiten zwischen beiden Berufen?

Ich habe bei beidem ganz viel mit dem Leben zu tun. Es geht immer darum, das Leben zu fördern, als Gärtner wie als Seelsorger. Ich habe ganz viel vom Umgang mit Pflanzen für meine Arbeit als Seelsorger gelernt. Zum Beispiel muss ich wissen, woher eine Pflanze kommt, wo deren Heimat ist, um mit ihr gut umgehen zu können. Das ist beim Menschen das Gleiche. Je mehr ich jemanden kenne, desto mehr kann ich mit ihm schauen, was ihm hilft zu leben.

Wie verstehen Sie als Pallottiner Ihre seelsorgerische Arbeit?

Wir Pallottiner möchten Menschen dabei begleiten, dass sie ihre Berufung finden und leben. Das hängt zusammen mit einem ganz bestimmten Kirchen-, Gottes-, und Menschenbild, das unser Ordensgründer Vinzenz Pallotti uns mitgegeben hat. Er betrachtete jeden Menschen als Apostel, nicht nur die kirchlichen Würdenträger.

Jeder soll bei dem, was er tut, egal ob als Priester, Mutter oder Arzt, die Liebe Gottes weitergeben. Berufung heißt eben, dass Menschen das tun, was sie können und was ihnen und ihren Gaben entspricht. Dass sie das leben. Denn ich glaube, nur so kommt ein Mensch zum Leben in Fülle. Jeder muss das tun, wobei er aufblüht, da ist Gott mit drin.

Menschen auf dieser Suche zu unterstützen, so habe ich meine Pastoral immer verstanden.

Als Ihre persönliche Berufung sehen Sie es, das Gärtnern und das Geistliche miteinander zu verbinden. Ist eine solche Kombination gängig bei Pallottinern?

Es gibt Mitbrüder, die als Therapeuten oder Lehrer arbeiten. Es gibt auch Krankenpfleger. Das steht in Zusammenhang mit dem apostolischen Auftrag von uns Pallottinern. Wir sind gesandt in die Welt. Aber dass ich als Priester einen Handwerksberuf ausübe, ist sehr ungewöhnlich.

Ich bin mit meiner Entscheidung aber im Orden auf keinerlei Widerstand gestoßen, ich konnte meinem Provinzial glaubhaft machen, dass es für mich als Menschen persönlich nötig ist, das zu tun. Das hat etwas mit der Offenheit der Pallottiner zu tun, neue Wege zu gehen und Kirche neu zu interpretieren.

Orchideen pflegen, mit Menschen sprechen, Gottesdienste vorbereiten – Ihr Leben ist sehr geschäftig. Bleibt da noch Zeit zum Beten?

Ja, denn es ist auch eine Lebenshaltung. Es gibt Stunden bei der Arbeit, wo ich alleine bin und die Orchideen gieße, das ist eine gute Zeit zu reflektieren und zu beten. Da denke ich zum Beispiel über die Predigt nach und arbeite sozusagen konkret. Ich bin da sehr viel in der Stille und da habe ich Zeit für Gott, Gott ist mir nahe. Aber natürlich ist mir Gott auch nahe, wenn ich mit meinen Kollegen die Orchideenschau bespreche. Es geht um die Präsenz, um das Leben in der Gegenwart. Das ist Sammlung. Ich merke aber, dass bei mir die Sehnsucht zunimmt, in der Stille zu leben, in der Gegenwart Gottes.

Die Pallottiner richten ein „Haus der Stille“ ein. Was haben Sie dort vor?

In unserem Haus Sankt Josef in Konstanz widmen wir uns mit zwei Pallottinern der Stille. Dafür gibt es einen Gebetsraum, in dem wir leben, was für uns als Pallottiner wichtig ist und auch andere dazu einladen, in der Stille Gott nahe zu sein. Ich werde meine Aufgabe als Gärtner auf der Mainau behalten und mir die seelsorgerische Arbeit in der Altstadt mit meinem Mitbruder Fritz Kretz aufteilen. Zusammen haben wir dann auch Zeit für die Stille.

Das klingt nach Abgeschiedenheit. Wie passt das zum Prinzip der Pallottiner, nahe an den Menschen dran zu sein?

Es ist eine Ergänzung, kein Widerspruch. Die Kirche ist heute in einer Krisensituation, wir wissen nicht, wo es hingeht. Da könnte man ja ganz schnell in einen Aktionismus verfallen, um die Kirchen wieder voll zu kriegen. Es ist für uns Pallottiner aber in dieser Umbruchszeit wichtig, dass wir uns noch einmal auf die Stille, auf das Gebet konzentrieren und den Glauben leben. Ich könnte ja 24 Stunden schaffen und befürchte, dass ich dabei nicht viel ändern würde, dass ich die Entwicklungen nicht aufhalten könnte. Deswegen ist die Einrichtung eines solchen Hauses der Stille ein Versuch von uns deutschen und österreichischen Pallottinern. In Konstanz machen wir nun den Anfang.

Warum gerade in Konstanz?

Das hat sich so ergeben. Der Generalrektor der Pallottiner, der in Rom sitzt, hat uns deutschen und österreichischen Pallottinern ein solches Haus der Stille empfohlen. Pater Kretz und ich kennen uns schon lange und wussten voneinander, dass uns dieses Thema interessiert. Deshalb haben wir bei der letzten Provinzversammlung einen Antrag gestellt, der bewilligt wurde. Bei uns Pallottinern hat es schon immer Gebetsräume und Kapellen gegeben, in denen an den Eckzeiten am Morgen, am Mittag oder Abend Kontemplation möglich war. Das wir in unserem Haus der Stille aber wertvolle Zeit des Tages für die Kontemplation nutzen werden, ist für uns Pallottiner etwas ganz Neues.

Interview: Julia Russ, mit freundlichen Genehmigung des Südkurier

(04.01.18 / GC)

Pater Reinhold Maise in den Medien

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Audio-Beitrag vom 04.10.2020
Gartenschaufel und Ordensgewand – Reinhold Maise
Spielzeit: 00:01:38

Bei seinen Joboutfits muss Reinhold Maise in unterschiedliche Schrankregale greifen. Denn einerseits sind es Shirt und Hose – eher mal in grün oder kaki – und andererseits ein weißes langes Ordensgewand. Wie seine beiden Jobs als Pallottiner-Pater und Mainau-Gärtner zusammen passen, dazu mehr von Caroline Haro-Gnändinger.(Text: K!P)

K!P-Radio
Katholische Kirche im Privatradio

Audio-Beitrag vom 04.10.2020
Mainau-Gärtner und Pallottiner-Pater Reinhold Maise
Spielzeit: 00:01:34

Gärtnern ist klasse! Das ist vielen in der Corona-Zeit klar geworden, als sie Zeit für Balkon und Schrebergarten hatten. Mit Erde, Dünger und Blumen kann der Pallottinerpater Reinhold Maise viel anfangen. Er ist Seelsorger in Konstanz und Gärtner auf der beliebten Blumeninsel Mainau. Über diese ungewöhnliche Kombi berichtet Caroline Haro-Gnändinger. (Text: K!P)

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