„Wir haben ein großartiges Erbe“

Vize-Provinzial P. Michael Pfenning begleitete neuneinhalb Jahre die Veränderungen in der Provinz

Pater Pfenning, Sie waren neuneinhalb Jahre an der Seite von Provinzial P. Helmut Scharler sein Vize-Provinzial. Dieser sieht in dieser Zeit zwei große Entwicklungslinien: zum einen die Konsolidierung einer älter werdenden Provinz und die Öffnung für das Thema Interkulturalität. Sehen Sie das auch so?

P. Michael Pfenning: Mit der Konsolidierung hatte ich in der Tat viel zu tun. Ich war bei vielen Schlussgottesdiensten dabei, wo wir Niederlassungen aufgegeben haben. In Kälberau, Mülheim, in der Vallendarer Pfarrei. Viele Mitbrüder auf Einzelposten mussten sich zurückziehen. Ich habe viele Seelsorger begleitet, teils bis zur Pensionierung und beim Umzug auf den Altersruhesitz. Da war schon viel Rückzug.

Gab es auch Aufbruch und Stärkung?

P. Michael Pfenning: Ja, es war sehr wichtig, auch Stationen stärken zu können, wie zum Beispiel Hamburg oder Bad Zwischenahn. Und dann gab es auch Neuanfänge wie Kohlhagen, Konstanz, Meran. Unsere Seniorenstation Vinzenz Pallotti am Hersberg war auch ein intensiver Prozess. Grundsätzlich war es mir ein Anliegen, die Mitbrüder in den Veränderungsprozessen zu begleiten.

Und die Hochschule war auch eine große Herausforderung.

P. Michael Pfenning: Ja, die ganzen Verhandlungen zu führen, auch mit Marienhaus und deren Ausstieg. Gottseidank wurden wir da auch vom ehemaligen hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch beraten, und ich bin froh, dass alles gut gegangen ist, das Werk der Universität zu retten und neu aufzustellen. Da war die Visionskraft von Helmut Scharler ganz wichtig. Insofern sind wir in den neun Jahren kleiner und älter geworden, aber es gab auch Aufbrüche. Und was sich in Afrika für uns entwickelt hat, das war am Anfang nicht absehbar. Das ist uns zugewachsen.

„Aus alten Wurzeln
erwächst neue Lebendigkeit“

Wenn eine Provinz im Durchschnitt immer älter wird, deprimiert Sie das?

P. Michael Pfenning: Nein, das ist eine Realität. Ich habe dabei auch gemerkt, was Großartiges geleistet wurde. Ohne die Leistung unserer älteren Mitbrüder wären heutige Aufbrüche gar nicht möglich. Die Provinz war schon immer missionarisch und hatte die Hochschule für den Diskurs. Ich sehe, dass wir ein großartiges Erbe haben. Das ist wie beim Veredeln von Obstbäumen, wenn auf einen alten Stamm neue Triebe gepfropft werden. So ist der große Strom der Provinz, auch der missionarische Geist spürbar. Das finde ich sehr hoffnungsvoll.

Was für ein Motto würden Sie dem Prozess geben?

P. Michael Pfenning: Aus alten Wurzeln erwächst neue Lebendigkeit.

Was ist die Aufgabe der neuen Leitung?

P. Michael Pfenning: Die bisherige Leitung war diejenige, die dazu berufen war, zu spüren, was möglich ist. Die nächste Leitung wird das nach und nach sortieren und konsolidieren, um es in gewisse Bahnen zu lenken.

„Ich glaube, dass wir
Oasen gebildet haben“

Die Pallottiner sind Teil einer Kirche, die in der Krise ist. Welche Rolle könnten sie dabei spielen?

P. Michael Pfenning: Ich glaube, dass die Pallottiner Oasen gebildet haben, wo Leute hingehen können und sich angenommen fühlen. Wir haben uns einen Freiraum erarbeitet als Gemeinschaft, die plural ist und diese Pluralität aushält. Denn so unterschiedlich wir sind, wir halten es miteinander aus – in unserer Frömmigkeit und Spiritualität. Und da sind wir Pallottiner vielleicht auch im Ansatz modellhaft für diese Gesellschaft.

Und wie sieht Ihr Modell nach Ihrer Zeit als Vize-Provinzial aus?

P. Michael Pfenning: Ich verfolge die Idee, mit einem afrikanischen und einem indischen Mitbruder an einen spirituellen Ort wie eine Wallfahrtskirche zu gehen und diesen Ort mit Leben zu erfüllen. Dabei wollen wir auch interkulturelles Lernen miteinander einüben und fruchtbar machen. Das wird unheimlich spannend.

Interview: Alexander Schweda

Erfahren Sie mehr:
Am 2. August 2022 verabschiedet sich die bisherige Provinzleitung. Wir haben den scheidenden Provinzial Pater Helmut Scharler und den scheidenden Vize-Provinzial Pater Michael Pfenning zu ihren Erfahrungen und Einschätzungen befragt. Hier erfahren Sie mehr!

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