Mit Bibel und Grundgesetz aus der Krise

SZ-Autor Heribert Prantl fordert in der Pallottiner-Zeitschrift
„das zeichen“ von Theologen und Journalisten Haltung

Die Corona-Krise macht die Frage nach der Wahrheit virulent. Davon ist der Autor und Kolumnist der Süddeutschen Zeitung, Heribert Prantl, überzeugt. In einem Beitrag für die Pallottiner-Zeitschrift „das zeichen“ hebt er die Bedeutung von Grundgesetz und Bibel hervor und skizziert dabei die ergänzenden Rollen von Journalisten und Theologen. Von beiden Berufsständen erwartet er eine Haltung, die „im Zweifel auf der Seite der Schwachen steht“.

Der Graben zwischen Befürwortern, Kritikern und Verweigerern der Anti-Corona-Maßnahmen ziehe sich tief durch die Familien, schreibt Heribert Prantl und fügt hinzu: „Und jeder redet von Wahrheit.“ Deshalb sei es wichtig zwei Aspekte von Wahrheit auseinanderzuhalten, die schon in den biblischen Urtexten aufscheinen: Im griechischen Verständnis von Wahrheit gehe es nämlich um das Aufdecken von Verborgenem. Das hebräische Verständnis von Wahrheit beschreibt dagegen ein Verständnis, das dem Wortfeld Vertrauen und Zuverlässigkeit zugeordnet sei und daher einen Beziehungsbegriff darstelle.

Prantl leitet davon zwei Aufgaben, ab, die zum einen von Journalisten, zum anderen von Theologen erfüllt werden könnten. „Zeuge der Wahrheit“ sein, Skandale aufzudecken und Lügen zu entlarven, das erwarte die Gesellschaft von den Medien, von den Journalisten, so der ehemalige SZ-Ressortleiter Innenpolitik. Dennoch müsse die Aufdeckung in Treue zu Demokratie und Rechtsstaat eingebettet sein.

Werden Medien zum Dauerwarnsystem?

Wenn die Medien in der Corona-Krise sich aber „im anhaltenden Rausch hoher Nutzungszahlen auf dem Weg vom Früh- zum Dauerwarnsystem“ begeben, wie Prantl den Eichstätter Journalistik-Professor Klaus Meier zitiert, könne sich dies für die demokratische Gesellschaft noch als problematisch erweisen. Die Aufdeckung von Skandalen sei erst die halbe Arbeit. Guter Journalismus gehe über das Aufdecken hinaus. Er müsse Moderator und Motor für Veränderungen sein, die die aufgedeckten Missstände abstellen, fordert der promovierte Jurist.

Im Gegensatz zur Aufdeckarbeit der Medien hüte die Theologie das „Geheimnis des Glaubens“, das Mysterium. Dennoch dürfe auch sie nicht dabei stehen bleiben, sondern müsse aus dem Mysterium auch das Prophetische entwickeln. In der Theologie und im Journalismus geht es laut Prantl, der seine journalistische Ausbildung in der katholischen Nachwuchsförderung erhalten hat, um Konsequenzen.

Was macht den Menschen aus?

Und um diese Konsequenzen zu ziehen, brauche man eine Haltung und ein Verständnis davon, was den Menschen ausmacht, was die Gesellschaft zusammenhält. „Die Propheten des Alten Testaments – sie wären heute wunderbare Journalisten“, schreibt Prantl.

Das Fundament für diese Haltung ist für Heribert Prantl jeweils der Gegenstand, dem sich Theologie und Journalismus verdanken: Für die Theologie ist das die Bibel beziehungsweise das Wort Gottes als Wort der Befreiung; für die Journalisten sind das die Grundrechte der Verfassung. „Bibel und Verfassung sind nicht an sich schon die Wahrheit“, betont Prantl. Wahr sei, was Recht schaffe und die Menschen befreie. Der Autor betont: „Die Bibel steht im Zweifel auf Seiten der Schwachen, das Grundgesetz auch. Das haben Bibel und Verfassung gemeinsam.“

Der Beitrag im Wortlaut ist abrufbar unter https://www.pallottiner.org/die-wahrheit-finden/. Er gehört zu einer Reihe von Impulsen zur Corona-Krise. Sie beleuchten die Entwicklung aus spiritueller und philosophischer Sicht.

 

Prof. Dr. jur. Dr. theol. h.c. Heribert Prantl war 25 Jahre lang Leiter der Ressorts Innenpolitik und Meinung der Süddeutschen Zeitung sowie Mitglied der Chefredaktion. Heute ist er Autor und Kolumnist dieser Zeitung.

 

Text: Alexander Schweda
Foto von Dr. Heribert Prantl: Jürgen Bauer

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