Pallottiner haben eine Mission
Unsere Mission ist im Wandel
Im Prinzip sind sich seit Jahrhunderten alle Getauften einig: Unsere Kirche ist ihrem Wesen nach missionarisch! „Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich Euch“ (Joh 20,21). Wir wollen die Frohe Botschaft des Evangeliums und unsere Begeisterung für das Reich Gottes in die Welt tragen.
Das Missionsverständnis ist im Wandel
Dass es hier epochale Interpretationsspielräume gab und gibt, wurde unlängst bei der historischen Sonderausstellung „Alles Pallotti – Gut gebrüllt Löwe“ im Diözesanmuseum in Limburg deutlich. Im Zuge der Kolonialisierung Kameruns durch das preußisch-deutsche Kaiserreich, konnten sich die Pallottiner ab 1887 von Deutschland aus in Kamerun engagieren. Die Phase der Kolonialisierung muss heute kritisch reflektiert werden.
In unseren Tagen wird die Auffassung von der eigenen Überlegenheit über andere als Wurzel für den Fundamentalismus gesehen. Zudem werden in Literatur und Politik seit Jahren die Folgen von Rassismus, Gewalt und Unterdrückung diskutiert. Beispielsweise thematisierte die Künstlerin und Aktivistin Noah Sow in ihrem 2008 erstmals erschienenen Buch „Deutschland Schwarz Weiß“ aus der Kolonialzeit stammende Einstellungen und den daraus resultierenden Alltagsrassismus in Deutschland. Die Engländerin Reni Eddo-Lodge klagt in ihrem Buch „Warum ich nicht länger mit Weißen über meine Hautfarbe spreche“ das „White Privilege“ und den „Strukturellen Rassismus“ in Europa an. In der vergangenen Woche mahnte die brasilianische Philosophin Djamila Ribeiro in der deutschen Presse die Geschichtsvergessenheit und fehlende Auseinandersetzung Europas mit seiner kolonialen Geschichte an.
Für ein besseres Leben aller streiten
Doch nicht nur der Blick auf die Missionsgeschichte hat sich verändert. Während sich bis 1950 die meisten Christinnen und Christen in der nördlichen Hemisphäre (Europa und Nordamerika) befanden, leben heute bald Dreiviertel der Christen in Asien, Afrika und Lateinamerika. Die Mehrheitsverhältnisse haben sich verschoben. Die heutigen Boten des Evangeliums haben eine veränderte Rolle. Sie müssen nicht nur in der jeweiligen Kultur und Gesellschaft präsent sein, um ein Lebenszeugnis geben zu können, das in der Erfahrung Gottes und einer grenzüberschreitenden Spiritualität wurzelt. Sie müssen sich gleichzeitig auf einen interkulturellen und interreligiösen Dialog einlassen.
Wir sind eine Mission
Der Oktober ist der von Papst Franziskus ausgerufene „außerordentliche Monat der Weltmission“. Damit soll in besonderer Weise das Thema der Evangelisierung in den Blick gerückt werden. Der Slogan „getauft und gesandt“ will dabei die Sendung aller Christen deutlich hervorheben. Viele deutsche Ordensgemeinschaften nehmen dieses Anliegen zum Anlass, den Begriff der „Mission“ in zeitgemäßer Weise zu erklären und die Besonderheiten der zugrundeliegenden Ordensspiritualität herauszustellen.
Der Gedanke, nicht nur eine Mission zu haben, sondern eine Mission zu sein, ist so ungewöhnlich wie faszinierend. Papst Franziskus beschreibt Christsein als einen Zustand permanenter Mission: Wir sind auf dieser Welt, um Licht zu bringen, zu segnen, zu beleben, aufzurichten, zu heilen, zu befreien. Mission als eine Art Gegengift gegen die individualistische Traurigkeit und die Kälte verschlossener Türen. Diese Botschaft macht Mut. Unser Generalat in Rom hat diesen Gedanken aufgegriffen und sich den Slogan „We are a mission – Be holy. Be Saints.“ zueigen gemacht. Auf der gleichnamigen Internetpräsenz berichtet das Generalat der Pallottiner regelmäßig über Selbstverständnis und weltweite Missionsaktivitäten.
Das Missionsverständnis der Pallottiner umfasst den Alltag und das ganze Leben. Diese Mission ist nicht nur eine Aufgabe der Kirche, sondern aller Getauften. Für Vinzenz Pallotti war sein Apostolat nichts anderes als die „wetteifernde christliche Liebe, welche die sich verströmende Liebe Gottes weitergibt, die Jesus in vollkommender Weise vermittelt hat“.
Entwicklungsland Deutschland
Die grenzüberschreitende, auf Dialog gerichtete Spiritualität der Pallottiner passt gut zum modernen Entwicklungsverständnis der Vereinten Nationen. Mit der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung drückt die internationale Staatengemeinschaft ihre Überzeugung aus, dass sich die globalen Herausforderungen nur gemeinsam lösen lassen. Die Agenda schafft die Grundlage dafür, weltweiten wirtschaftlichen Fortschritt im Einklang mit sozialer Gerechtigkeit und im Rahmen der ökologischen Grenzen der Erde zu gestalten.
Der Meilenstein, den die Vereinten Nationen gesetzt haben, besteht in der Auffassung, dass alle Länder der Erde „Entwicklungsländer“ sind und ihren individuellen Beitrag zur globalen Entwicklung der Welt leisten müssen. Das Kernstück der Agenda bildet ein ehrgeiziger Katalog mit 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDGs). Die 17 SDGs berücksichtigen erstmals alle drei Dimensionen der Nachhaltigkeit – Soziales, Umwelt, Wirtschaft – gleichermaßen. Die 17 Ziele sind unteilbar und bedingen einander. Ihnen sind fünf Kernbotschaften als handlungsleitende Prinzipien vorangestellt: Mensch, Planet, Wohlstand, Frieden und Partnerschaft. Im Englischen spricht man von den „5 Ps“: People, Planet, Prosperity, Peace, Partnership.
Gott sichtbar machen
Wir haben eine Mission: Gott sichtbar machen durch lebendige Taten der Liebe! Gottes Liebe kennt weder nationale noch kulturelle oder religiöse Grenzen. Deshalb leben wir unsere Mission nicht nur in Deutschland und Österreich sowie in den Delegaturen, die zu uns gehören, wie Spanien, Kroatien, Südafrika, Nigeria und Malawi. Mithilfe unserer Mitbrüder vor Ort und der Unterstützung durch unsere Wohltäter engagieren wir uns auch in vielen Partnerprojekten in Lateinamerika, Indien und Kamerun. Dabei entscheiden stets die Menschen vor Ort, welche Entwicklungsziele für sie vorrangig sind und wofür sie unsere Hilfe am dringendsten brauchen.
Text: Josef Eberhard
Bilder: Pallottiner Archiv (Tom Wittkemper, Br. Bert Meyer) & 2019 ENGAGEMENT GLOBAL (SDGs),
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