„Keinen verlieren unterwegs“

Der FRAPORT als Andersort: auffangen, trösten, beten, feiern

Die ökumenische Flughafenseelsorge hat ihr 50-jähriges Bestehen mit einem Gottesdienst und Empfang im Besucherzentrum der Fraport gefeiert. In der Luft lag Kerosin statt Weihrauchduft – und der Blick aufs Rollfeld machte den Gästen deutlich, dass in dieser „Gemeinde ohne Kirchturm“ alles etwas größer ist.

Ein Kubaner, der auf dem Weg nach Spanien ist, strandet wegen Corona in Frankfurt. Ein US-Amerikaner, der über Frankfurt nach Japan gereist ist, wird bei der Einreise zurückgewiesen und nach Deutschland zurückgeschickt. Eine junge Frau aus Nicaragua harrt seit Tagen im Transitbereich aus – eigentlich möchte sie weiter ins spanische nach Bilbao zu ihrem Sohn, doch sie sitzt fest. „In dem Fall waren es die Angehörigen, die sich sorgten und uns angerufen haben“, berichtete Bettina Janotta vom Kirchlichen Sozialdienst für Passagiere am Frankfurter Flughafen. „Wir sind also zu ihr gegangen, haben ihr eine Decke gebracht, ihr gezeigt, wo sie etwas zu essen bekommt. Die Probleme mit Papieren, mit Aus- und Einreise können auch wir nicht lösen, aber wir können menschlich für sie da sein.“

Bei der Feier zu 50 Jahren Flughafenseelsorge wurden viele solcher Geschichten erzählt. Und es wurden alte Bilder gezeigt und Glückwunschvideos von Seelsorgerinnen und Seelsorgern abgespielt, die an anderen Flughäfen der Welt im Einsatz sind. Mit einem Gottesdienst im Besucherzentrum des Flughafens, Grußworten und anschließendem Get-Together mit Blick aufs Rollfeld hat die Ökumenische Flughafenseelsorge am Dienstagabend ihr Jubiläum gefeiert. Das Team freute sich besonders, dass auch der langjährige Flughafenpater Pallottiner Walter Maader zur Feier gekommen war; er leitete den katholischen Teil der Flughafenseelsorge von 1972 bis 2003. Und auch Pfarrerin Ulrike Johanns, die die evangelische Seite von 1998 bis 2018 leitete, wurde freudig willkommen geheißen.

Krisen gibt es viele

Bei der mehr als zweieinhalbstündigen offiziellen Feier lag der Blick klar auf der wichtigen Arbeit, die das 50-köpfige Team aus Haupt- und Ehrenamtlichen rund um den katholischen Pater Dr. Edward Fröhling und die evangelische Pfarrerin Bettina Klünemann leistet. Denn Krisen gibt es viele am Flughafen. „Gut 68.000 Menschen reisen in 24 Stunden über den Frankfurter Flughafen, gut 80.000 Menschen arbeiten hier. Das macht 148.000 Menschen – und einen ganz schön großen Gemeindebezirk, dessen Menschen täglich wechseln“, sagte Oberkirchenrätin Dr. Melanie Beiner von der Evangelischen Kirche in Hesse und Nassau in ihrer Predigt. Und fügte an: „Es gibt keinen Kirchturm, aber trotzdem sind wir hier nah dran an dem, was uns als christliche Gemeinde ausmacht: Keinen zu verlieren unterwegs.“

Am Flughafen schlagen sie auf, die großen Weltgeschehnisse. Freude und Leid, Alltag und Ausnahmezustand mischen sich hier auf besondere Weise. Menschen, die aus der Ukraine und Afghanistan geflüchtet sind, laufen ebenso durch die Gänge wie Leute, die mit Rollkoffer zum nächsten Meeting hasten oder sonnenhungrige Touristen. Zwischendrin eine Frau, die einfach still am Gate steht und weint. „In einem solchen Fall rufen uns die Mitarbeiter an und wir kommen. Dieses Mit-Aushalten, Da-Sein und Unterstützen ist das, was unsere Arbeit ausmacht“, sagte Pfarrerin Klünemann in ihrer Momentaufnahme aus der Arbeit der Flughafenseelsorge. Und ihr katholischer Kollege Pater Fröhling brachte es auf den Punkt: „Die Flughafenseelsorge ist Teil der anpackenden Airport-Community. Wir tauchen auf mit einem Rucksack voller Babynahrung und Windeln, Spielzeug, Süßigkeiten und kostbarer Zeit. Wir kommen, um Gelassenheit zu bringen – auch wenn uns das auch nicht immer leicht fällt.“

Menschen sterben am Flughafen

Natürlich werden Klünemann, Fröhling und das Team in ihren gelben Warnwesten von Passagieren auch regelmäßig nach dem Weg gefragt; nicht immer ist Seelsorge ein tiefes Gespräch. Doch oft genug sind es eben auch ausgewachsene Krisen, denen die Seelsorgerinnen und Seelsorger begegnen: „Menschen sterben an Bord, Menschen sterben am Gate“, sagt Edward Fröhling. „Hinterbliebene brauchen dann einen Schutzraum und Gebet.“ Er erzählte von einer Familie, deren Mutter auf dem Flug von Hongkong nach Frankfurt verstarb – die Kinder mussten noch stundenlang neben der toten Mutter ausharren, bis der Zielort endlich erreicht war. Bettina Klünemann ist ein amerikanisches Ehepaar in Erinnerung geblieben, dessen Sohn beim Auslandsaufenthalt in Deutschland ums Leben kam und bei dessen Empfang am Flughafen sie dabei war.

„Die Flughafenkapelle nur als Ruhepool zu sehen ist wohl eine allzu romantische Vorstellung“, sagte Dr. Susanne Gorges-Braunwarth, Leiterin der Abteilung „Pastoral in Netzwerken“ im Dezernat Pastorale Dienste im Bistum Limburg, in ihrem Grußwort. Vielmehr sei der Flughafen ein Andersort, an dem sich zeige, was das „Christliche als Lebensstil“ nach Christoph Theobald ausmache: Auffangen, trösten, beten, feiern. Robert Jahn, Stationsleiter Frankfurt der Deutschen Lufthansa AG, formulierte in seinem Videogruß prägnant, was sich sicher viele der gut 200 Gäste bei der Jubiläumsfeier dachten: „Es ist sehr beruhigend, dass es Euch gibt!“

Foto: FRAPORT AG / Andreas Meinhardt
Bericht: Anne Zegelman Katholischen Stadtkirche Frankfurt
Kontakt: Flughafenseelsorge

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