Hinhören, was jetzt wichtig ist

Wie Provinzial Pater Markus Hau auf Afrika und Europa blickt

Die einen wachsen, die anderen schrumpfen. Die einen sind alt und erfahren, die anderen jung und unvoreingenommen. Afrikaner und Europäer treffen in der Herz-Jesu-Provinz aufeinander. Beide stehen an einem Entwicklungsschritt, bei dem sie voneinander lernen können und den Provinzial Pater Markus Hau so umschreibt: Es geht darum zu erkennen, was jetzt wichtig ist.

Eigentlich stehen alle vor dem gleichen Problem: Während sich Afrikaner und Europäer interkulturell anfreunden müssen, sind auch die afrikanischen Nationalitäten nicht gleich. Südafrika habe andere Herausforderungen als Malawi. Gerade Südafrika habe im Vergleich zu den anderen Staaten des Kontinents mehr europäische Züge und weise ein Wohlstandsgefälle auf, weiß Pater Markus Hau. Und so gebe es auch dort die Aufgabe des Austausches untereinander, was beispielsweise durch gemeinsame Ausbildungszeiten praktiziert werde.

In Südafrika sei auch eine Neuausrichtung im Gange, beschreibt der Provinzial die Lage. „Warum sind wir da? Wo setzen wir uns sozial-karitativ ein?“, laute dort die Fragestellung. Pater Heinz Josef Schöder sei der letzte Deutsche dort. Inzwischen kommen viele junge Südafrikaner nach und lernen das Land ganz anders verstehen. Eine Chance.

Provinzial Pater Markus Hau und Frater Memela Khanyisani aus Südafrika
Gruppenbild vom Treffen der höheren Oberen in Afrika 2023 in Ruanda

Unvoreingenommen in die Zukunft

In Malawi dagegen würden Strukturen erst aufgebaut, die Ausbildung eingerichtet und ökonomische Kompetenz erworben. Die Mitbrüder lernten auch, Macht und Kompetenzen zu verteilen sowie die Rollenverteilung einzuüben. Dabei können sie von Deutschland lernen: „Wir sind reif und weit geworden. Das können wir einer jungen Einheit mitgeben“, sagt Pater Hau. Die junge Gemeinschaft dagegen könne unvoreingenommen in die Zukunft gehen und vieles ausprobieren, wo die Erfahrenen abwinken würden.

Gezielt hat der Provinzial daher in Nigeria auch eine Zukunftswerkstatt initiiert. „Die Mitbrüder sollen befähigt werden, die eigenen Ideen und Visionen zu entwickeln“, sagt Pater Hau. Allerdings sollen sie dazu auch Finanzierungskonzepte entwickeln, sich mit Fundraising beschäftigen und so zu einer selbstbewussten Gemeinschaft werden.

Das Entscheidende sei, dass „die Phase beendet werde, in der Friedberg überlegt, was gut ist“, so Pater Hau. Er wolle der Gefahr entgegenwirken, dass etwas „übergestülpt“ werde. Auf die Frage, was Pallottiner in Nigeria im Jahr 2033 ausmachen könne, wurden fünf Projekte genannt: einmal eine Schule, zum zweiten ein Klinikprojekt, drittens eine Farm zur Selbstversorgung, ein Studentenwohnheim als viertes Projekt und fünftens ein Exerzitienhaus.

Tag der Jubilare im bayerischen Friedberg 2023
Ein Brief Christi sein: Fünf junge Mitbrüder erneuern ihre Profess
Osterkerze 2021 der Pallottiner
Ernennungsurkunde für Pater Helmut Scharler

Auf welchen Weg ruft uns Jesus?

Aufbruchstimmung also. Und wie sieht es mit der Kernprovinz in Deutschland und Österreich aus? „Wir müssen lernen, das Wichtige zu erkennen“, sagt Pater Markus Hau und zitiert das Jahresthema: „Entschieden Jünger werden, Prioritäten setzen, Entscheidungen treffen“. „Die Provinz wird älter sowie schwächer und muss sich verkleinern.“ Damit aber nicht nur die Realität die Fakten setze, was man aufgebe und was nicht, gelte es sich zu fragen, was in unserer Zeit gefordert sei. „Wo finden wir eine Aufgabe? Wo begleiten wir Menschen in Transformationsprozessen? Wo ist das Apostolatsfeld, in dem wir in die Gesellschaft hineinwirken können? Und: Sind wir auf dem Weg, zu dem Jesus uns ruft?“

Der Provinzial ist fest überzeugt, dass die Pallottiner in der Welt wahrgenommen werden müssen, wie zum Beispiel an der Vinzenz Pallotti University. Und er ist überzeugt, dass zwar Gottesdienste immer weniger besucht werden, aber der Hunger nach Sinn und Halt in der Gesellschaft immer größer werde. „Wir müssen uns fragen: Wo ist das Fundament, auf dem wir stehen?“, so Hau.

Was ist wichtig? Diese Frage verbinde Europa und Afrika, betont der Provinzial. Strukturen könne man dabei überall schnell schaffen, die aber christlich nicht relevant seien. Auf dem Weg in die Unabhängigkeit und in die neue Freiheit sei es wichtig, was die Kraft bringe. Er hole daher auch bewusst Mitbrüder in die interkulturelle Gemeinschaft und nach Deutschland, damit sie Impulse geben mit ihrer Lebendigkeit. Dabei sei in beiden Erdteilen eines wichtig: das Hinhören. Nur dann könne Zusammenarbeit auf so große Distanz gelingen.

Denn natürlich gehe es auch darum, Missverständnisse zu vermeiden, koloniale Hintergründe zu identifizieren, finanzielle Asymmetrien zu erkennen und Hindernisse für den Austausch zu beseitigen. Damit die afrikanische Perspektive auch in Deutschland Raum greift, ist in den meisten Hausräten ein Mitbruder aus dem Ausland vertreten. „Da bildet sich Interkulturalität ab“, findet Provinzial Pater Hau. Auch das ist wichtig.

Steckbrief

Die Herz-Jesu-Provinz umfasst die Länder: Deutschland, Österreich, Südtirol/Italien, Spanien, Kroatien, Malawi, Nigeria, Südafrika. In Deutschland und Österreich gibt es rund 170 Mitbrüder, in Afrika rund 45. Die gesamte Provinz hat rund 250 Mitglieder, weltweit sind es ca 2300.

Text: Alexander Schweda
Fotos: Pallottiner, Vinzenz Pallotti University, Josef Eberhard, Br Bert Meyer, Daniela Hahn.

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