Höre Herr, dein Diener redet

Vom reden mit und vom hören auf Gott

Samuel wird aus dem Schlaf geweckt, weil ihn jemand ruft. Er geht zu seinem Lehrer Elias, doch der hat ihn nicht gerufen. So legt sich Samuel wieder hin. Dann hört er seinen Namen nochmal rufen, aber auch diesmal Fehlanzeige. Beim dritten Mal antwortet Samuel: „Rede, Herr, dein Diener hört!“ Und Gott spricht zu ihm. Diese Geschichte steht im 1. Buch Samuel und lehrt uns, dass Beten ein Hören auf Gott ist. Und damit beginnen auch schon die Probleme, die wir mit dem Beten haben. Denn wir reden zu viel …

Beten ist zuerst einmal ein Hören auf Gott

Da Gott nicht laut ist, können wir ihn nur in der Stille vernehmen. Er spricht nicht zu uns wie wir miteinander reden; er spricht durch Zeichen, scheinbare Zufälligkeiten, durch die Bibel, durch Ereignisse, durch andere Personen. Um ihn zu verstehen, müssen wir lernen, diese Zeichen zu entschlüsseln. Und wir müssen lernen, die Stille auszuhalten. In einer norddeutschen Wallfahrtsstätte begann ein Einkehrtag mit einer eucharistischen Anbetung in der Kirche. Während dieser einen Stunde wurde pausenlos der Rosenkranz gebetet. Am Ende sollte ich mit der Monstranz den Segen geben. Ich trat zum Altar und sagte: „Liebe Gemeinde, wir waren jetzt fromm, wir haben viel gebetet; Gott wollte uns etwas sagen, aber er kam nicht zu Wort. Bevor ich jetzt den Segen erteile, wollen wir still sein und hören, ob Gott zu dem einen oder anderen etwas sagen will.“ Das saß.
Draußen kam ein junger Mann zu mir: „Herr Pater, ich danke Ihnen, dass Sie das einmal gesagt haben …“ und eine ältere Dame: „Gott hat mir etwas gesagt, glaube ich. Er gab mir zu verstehen, dass ich mich mit meiner Schwester aussöhnen soll …“ Mein Hinweis auf die Stille hat etliche umgetrieben und manche doch nachdenklich gemacht.

Gott bedient sich auch der Medien

Ich war schlecht gelaunt, jammerte und klagte über einen grandiosen Misserfolg, haderte mit Gott. Doch der schwieg. Das machte meinen Unmut noch größer. Schließlich schaltete ich den Fernseher ein, um mich abzulenken. Da taucht Karlheinz Böhm auf mit einem hungernden Kind aus Äthiopien auf dem Arm und sagte: „Liebe Zuschauer an den Fernsehgeräten, wenn Sie hier vor Ort das ganze Elend sehen, werden Ihre Probleme unbedeutend klein und relativ. Wir jammern ohnehin auf einem hohen Niveau.“ Das saß. Ich fühlte mich direkt angesprochen und von Gott wegen meines Selbstmitleids ein bisschen getadelt. Im Nu war mein Klagen bedeutungslos.

Als eine Frau mich bat, für sie um eine Wohnung zu beten, die sie dringend brauchte, tat ich dies natürlich, und zwar laut mit freien Worten. Währenddessen verspürte ich den Impuls, die Bibel auf dem Tisch aufzuschlagen. Betend blätterte ich in ihr, nicht wissend, was ich da suchen soll. Plötzlich bleibt mein Blick an einer rot unterstrichenen Stelle hängen im zweiten Buch der Könige: „Ich, dein Herr, verschaffe dir eine Wohnung.“ Wir waren beide baff. Und tatsächlich bekam sie genau jene Wohnung, die sie sich wünschte.

Normale Schwierigkeiten beim Beten

Mitunter beichten fromme Christen, dass sie beim Beten unandächtig waren. Das ist keine Sünde, das ist vielleicht aber das Symptom einer gestressten, sorgenbeladenen Seele. Wer nicht in der Gelassenheit steht, wird ständig abgelenkt. Er sollte dann mal Pause machen, auf keinen Fall das Gebet von vorne anfangen. Ein stilles Verbleiben vor dem Kreuz oder das Summen eines Liedes kann Abhilfe schaffen. Nichts wäre so unproduktiv wie zwanghaftes Leistungsbeten. Weniger kann mehr sein, denn die Übertreibung des Guten macht das Gute nicht besser, meinte schon Teresa von Avila.

Auch sollte man böse Gedanken nicht energisch wegbeten, vielmehr zulassen, anschauen und Gott übergeben. Verdrängen nutzt nichts. Was glauben Sie, wie grün das Kamel wird, wenn sie auf keinen Fall daran denken wollen, oder wie rot einer werden kann, wenn er denkt: Hoffentlich werde ich jetzt nicht rot. Je verkrampfter man etwas nicht will, desto heftiger kommt es. Und dann ist da noch die geistliche Trockenheit. Das ist das Gefühl, Gott sei nicht da, oder das Fehlen frommer Gefühle. Gefühle aber sind kein Beweis für ein Wirken Gottes. Manchmal mutet Gott einem diese geistliche Wüste zu, um unsere Treue zu ihm auch in bitteren Zeiten zu testen.

Groll und Rachsucht können Gottes Wirken blockieren

Es kommt im Himmel nicht gut an, wenn wir unversöhnt um etwas bitten wollen. „Im Groll wagst du es, mich um Heilung zu bitten? Versöhn dich erst, dann komm.“ (Sir 28). Ich darf meinen Zorn und mein Gekränktsein vor Gott bringen; und wenn ich dann noch für den Täter bete, öffnet sich das Herz. Denn auch der Kränker ist gekränkt. Heißt es doch: Vergib unsere Schuld, wie auch wir unseren Schuldigern vergeben. Tun wir’s denn? Vielleicht ist die Unversöhnlichkeit einer der Gründe für ausbleibende Gebetserhörungen. Oder sind wir nicht beharrlich genug? Geben zu schnell auf, weil sich nichts tut? Gott erhört bisweilen ganz anders als wir es erwarten. Also hinhören, nicht so viel Worte machen. Gott ist nicht taub. Er ist ganz Ohr.

 

Autor: Pater Dr. Jörg Müller SAC
Bild: Ananass Adobe Stock
Quelle: das zeichen, Heft 06/2020

Vom Beten das zeichen Juni 2020

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